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Medizintechnik

Navigationssystem verbessert Knochenimplantation

Optisch-mechanisches System liefert passgenaue Schablone

Damit Knochentransplantate in Zukunft besser passen, haben Forscher vom Berliner Zentrum für Mechatronische Medizintechnik ein neuartiges Navigationssystem entwickelt, das zunächst die Geometrie des Knochendefekts erfasst, dann daraus ein optimales Passstück berechnet und später sogar den Chirurgen beim Herausfräsen des Ersatzknochens unterstützt.

Das hohe handwerkliche Geschick und Augenmaß des Chirurgen sollen durch das geplante Navigationssystem nicht ersetzt, sondern intelligent unterstützt werden. Bei Knochenverletzungen, beispielsweise im Unterkiefer, wird heute während der Operation zuerst per Hand eine grobe Schablone des Defekts angefertigt. Diese dient am Beckenkamm des Patienten als Vorlage, um ein Ersatzknochenstück zu entnehmen. Das Ersatzstück bekommt danach in der Hand des Chirurgen durch Fräsen und Sägen seine endgültige Form. Anschließend wird das Knochenstück mit Plattensystemen an der Fehlstelle befestigt.

Dreistufensystem für optimalen Sitz

»All das geschieht während der Operation und kostet enorm viel Zeit«, kritisiert Prof. Tim Lüth. »Der Patient muss hierbei einerseits relativ lange in Narkose gehalten werden und andererseits ist die Passgenauigkeit bei diesem Vorgehen nicht besonders gut. So verlängert sich später die Einheilzeit des Knochenstücks und seine mechanische Stabilität könnte ebenfalls besser sein.« Deshalb schlagen die Berliner Wissenschaftler ein dreistufiges Navigationssystem vor.

Erstens wird mit Hilfe eines optisch-mechanischen Systems – bestehend aus einem Taster und einer Stereo-Kamera – der Knochendefekt exakt vermessen und per Computergrafik dargestellt. Der zweite Schritt in der Operation ist, das Ersatzknochenstück zum Beispiel aus dem Beckenkamm zu entnehmen. Dabei soll so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich Knochengewebe abgetrennt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, zeigt das Navigationsgerät am Bildschirm die Konturenpunkte mit dem größten Abstand zueinander an. Der Chirurg berührt am Spenderknochen mit einem vom System unterstützten sterilen Instrument die Knochenoberfläche und legt so die günstigste Lage der Kontur fest. Im letzten Schritt setzt der Chirurg die elektrisch getriebene Fräse oder Säge an. Er führt das Instrument weiterhin manuell – aber wenn er die vorher festgelegte Kontur über- oder unterschreitet, schaltet das Fräsinstrument ab.

Innovation ausgezeichnet

Die Forscher nennen dieses Verfahren »leistungsgesteuerte Positionsregelung«. Chirurgen mit entsprechendem Training haben so die Möglichkeit das gewünschte Knochenstück passgenau auszufräsen. Für den Patienten entsteht ein schnell einheilendes und belastbares Knochenimplantat. Besonders in der Gesichts- und Kieferchirurgie können mit Hilfe des Navigationssystems auch ästhetisch anspruchsvollere Ergebnisse erzielt werden als dies mit bisherigen Methoden möglich ist.

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Seit dem Jahr 2000 arbeiten im Berliner Zentrum für Mechatronische Medizintechnik unter der Leitung von Prof. Tim Lüth Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) und der Charité Berlin zusammen an der Entwicklung navigations- und robotergestützter Assistenzsysteme für die Chirurgie. Jetzt wurden sie gemeinsam mit elf weiteren zukunftsweisenden Forschungsprojekten im

diesjährigen Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik des BMBF ausgezeichnet.

(Fraunhofer IPK, 26.11.2004 – NPO)

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