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Medizin

Malaria fordert doppelt so viele Todesopfer wie geschätzt

WHO hat Sterblichkeit bei Erwachsenen stark unterschätzt

Weltweit sterben jährlich doppelt so viele Menschen an Malaria wie bisher angenommen. 1,2 Millionen Menschen waren es im Jahr 2010 und damit weit mehr als im Welt-Malariabericht der Weltgesundheitsorganisation WHO für den gleichen Zeitraum geschätzt. Das haben Forscher nach umfangreichen Recherchen in 105 Ländern festgestellt. Die größten Diskrepanzen fanden sie bei den Todesfällen unter den Erwachsenen. Weil man bisher annahm, dass vor allem Kinder unter fünf Jahren an der Tropenkrankheit sterben, sei die Zahl der erwachsenen Todesopfer gravierend unterschätzt worden, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „The Lancet“.

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„Wir lernen im Medizinstudium, dass Menschen, die als Kinder der Malaria ausgesetzt waren, eine Immunität dagegen entwickeln und deshalb als Erwachsene selten daran sterben“, sagt Erstautor Christopher Murray von der University of Washington in Seattle. Aber an Krankenhausakten, Todesscheinen und anderen Quellen habe sich nun deutlich gezeigt, dass das nicht stimme. Insgesamt sind im Jahr 2010 524.000 Menschen älter als fünf Jahre an der Tropenkrankheit gestorben. Demnach machten ältere Kinder und Erwachsene fast die Hälfte aller Malariaopfer aus. Die WHO war in ihrem Bericht nur von 91.000 Todesopfern in dieser Altersklasse ausgegangen.

Risiko in Afrika am höchsten

Das höchste Risiko, an der von Stechmücken übertragenen Krankheit zu erkranken und zu sterben, besteht nach wie vor in Afrika südlich der Sahara und in Teilen West- und Ostafrikas. Das bestätigen die aktuellen Auswertungen. Für diese hatten die Forscher Daten aus 105 Ländern und aus der Zeitperiode von 1980 bis 2010 zusammengetragen.

Die Zahl der Malariaopfer außerhalb Afrikas seien von der WHO ebenfalls unterschätzt worden, sagen die Forscher. Trotz verstärkter Bekämpfungsmaßnahmen in Ländern wie Malaysia, Thailand oder Brasilien habe man außerhalb Afrikas noch immer 104.000 Todesfälle durch die Krankheit ermittelt. Das seien immerhin 1,8 Mal mehr als von der WHO angegeben. Und auch in diesen Regionen seien rund 40 Prozent der Opfer älter als fünf Jahre gewesen.

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Bekämpfungsstrategien müssen umgestellt werden

Nach Ansicht der Forscher müssen diese neuen Erkenntnisse nun auch in den Programmen zur Malariabekämpfung berücksichtigt werden. „Es ist nötig, diese Strategien so zu verändern, dass sie alle Erwachsenen stärker mit einbeziehen, statt sich, wie bisher üblich, vor allem auf Mütter und ihre Kinder zu konzentrieren“, betonen die Wissenschaftler. Es sei möglicherweise sinnvoll, Moskitonetze verstärkt auch an Männer und kinderlose Frauen auszuteilen.

Nach Ansicht der Forscher zeigen die neuen Zahlen aber auch, wie wichtig und effektiv die Maßnahmen sind. Waren es im Jahr 2004 noch 1,8 Millionen Todesfälle weltweit, ist diese Zahl bis 2010 auf 1,2 Millionen gesunken. Das zeige, dass die in den letzten zehn Jahren verstärkten Bekämpfungsmaßnahmen wirksam seien, meinen Murray und seine Kollegen.

Angesichts der noch immer hohen Zahl von Betroffenen werde es allerdings deutlich länger dauern als gedacht, um die Tropenkrankheit einzudämmen. „Wir schätzen, dass die Sterblichkeit durch Malaria erst nach dem Jahr 2020 bis auf weniger als 100.000 Tote sinken wird“, sagen die Forscher. Und auch das sei nur dann zu erwarten, wenn Anti-Malariaprogramme weiterhin ausreichend finanziell unterstützt würden.

(The Lancet, 03.02.2012 – NPO)

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