Die Antarktis nimmt durch ihre riesigen Gletscher und das Meereis einen maßgeblichen Einfluss auf die Klimaprozesse unserer Erde. Doch die Zusammenhänge zwischen Eisdicke, Atmosphäre, Erdmagnetfeld und Gravitation sind bislang nur unzureichend erforscht. In dem von den GEOTECHNOLOGIEN geförderten DFG-Projekt VISA (Validierung, Verdichtung und Interpretation von Satellitendaten in der Antarktis) werden derzeit umfangreiche Fernerkundungsdaten durch terrestrische und flugzeuggestützte Messreihen überprüft.
Die Untersuchungen im ersten der drei Testgebiete im Dronning Maud Land im Norden des antarktischen Festlandkörpers wurden unlängst abgeschlossen. Hierbei bestimmten die Forscher die Höhe der Eisoberfläche über dem Untergrundgestein mithilfe von umfangreichen GPS-Messungen, gleichzeitig hielten sie die Änderungen der Schwerkraft durch wiederholte Gewichtsmessungen fest. Mit Hilfe terrestrischer Radarsysteme und einigen Eiskernbohrungen konnten die Forscher von der TU Dresden und der Stiftung Alfred-Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung die Struktur der oberflächennahen Eisschichten erfassen. Zugleich ermittelten sie, wie sich das Eis im Laufe der Zeit, aber auch an verschiedenen Orten verändert hat. Als Vergleichswerte dienten den Wissenschaftlern Daten aus wiederholten GPS und Schwerkraftmessungen am eisfreien Grundgestein des Kontinents.
Magnetfeld aus der Luft
Ein großer Schwerpunkt der laufenden Untersuchungen liegt auf der Auswertung der bereits seit einigen Jahren durch die Forschungssatelliten CHAMP und GRACE erhobenen Magnetfeld-Daten über der Antarktis. Wie genau diese Daten wirklich sind und wie gut sie die tatsächlichen Gegebenheiten widerspiegeln, war bislang nicht bekannt. Deshalb werden sie jetzt mithilfe von Boden- und Flugzeugmessungen in ausgewählten Testgebieten auf ihre Genauigkeit hin überprüft.
Ausgestattet mit einem eisdurchdringenden Radar können die Flugzeuge die innere Struktur des Eisschildes erfassen und gleichzeitig Anomalien des Erdschwere- und des Erdmagnetfeldes registrieren. Die so erhobenen Messreihen werden mit den Satellitendaten verglichen und ergeben dann ein genaues Bild der Erdkruste und der Massenbilanz des Eises an dieser Stelle. Auf diese Weise soll ein verlässlicher Rückschluss auf die gesamte Festlands- und Eismasse der Antarktis gezogen werden.
Schwerefeldmessungen
Ergänzend zur Magnetfeldbestimmung werden auch Schweremessungen vorgenommen. Die Schwierigkeit liegt hierbei jedoch in der eindeutigen Interpretation der Daten. Denn die Satelliten können lediglich ein so genanntes „integriertes Schweresignal“ registrieren, in das neben der Massenbilanz der Antarktis auch andere Faktoren eingehen. Dies können beispielsweise tektonische Prozesse, Änderungen in der Lithosphäre aufgrund von postglazialen Ausgleichsbewegungen oder Variationen des atmosphärischen Druckes sein.
Um herauszufinden, welche Veränderungen nun tatsächlich vom Eis der Antarktis stammen, ist es notwendig, die einzelnen Anteile der Schweresignale zu identifizieren und sie getrennt auszuwerten. Doch genau hier lag bisher das Problem, denn dafür müssen die Wissenschaftler wissen, wie die Eisdecke unter der Oberfläche aufgebaut ist. Mit Hilfe der Kombination aus Boden-, Luft- und Satellitenmessungen, so hoffen die Forscher, könnte dieses Problem aber bald gelöst werden.
Zusammen mit den Satellitendaten sollen die Messungen dieses Programms zu einem verbesserten Modell der Schwere- und Magnetfeldern, den so genannten Potenzialfeldern der Erde führen. Zusätzlich wird die Krustenstruktur, die Dynamik der Lithosphäre sowie der Massenbilanz und die Dynamik des Eisschildes im Untersuchungsgebiet detailliert festgehalten. Auf Grundlage dieser Daten sollen zukünftig Modellberechnungen des antarktischen Massehaushaltes wesentlich einfacher durchzuführen sein.
(GEOTECHNOLOGIEN, DFG-Forschungsvorhaben VISA, 13.08.2004 – AHE)