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Medizin

Protein hält Entzündungen im Zaum

Forscher entdecken Überlebensfaktor nach Herzinfarkt, der auch in anderen Organen eine Therapieoption sein könnte

Bei einer Entzündungsreaktion wandern weiße Blutkörperchen (Leukozyten; rot) aus dem Blutgefäß (grün) in den Entzündungsherd ein. GDF-15 sorgt dafür, dass der Entzündungsprozess reguliert abläuft und nicht überschießt und Schaden anrichtet. © Stefan Butz / MPI f. molekulare Biomedizin

Wissenschaftler haben einen entscheidenden Faktor identifiziert, der für die Reparaturarbeiten am Herzen nach einem Infarkt unentbehrlich ist: das körpereigene Protein GDF-15. Mit einem ausgeklügelten Mechanismus verhindert der Körper dabei eine überschießende Entzündungsreaktion, die nun erstmals verstanden ist, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“.

Nach einem Herzinfarkt muss der Körper abgestorbenes Herzmuskelgewebe durch eine stabile Narbe ersetzen. Währenddessen pumpt das Herz weiter Blut durch den Körper. Die mit der Heilung verbundene Entzündungsreaktion haben die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin in Münster und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) nun genauer untersucht.

GDF-15 mit schützender Funktion

Die Herzmuskelzellen bildeten dabei vermehrt GDF-15: Schon nach zwölf Stunden stieg die Konzentration dieses Faktors um das 20-fache an – hauptsächlich im Infarktgebiet. Das GDF-15 hat dabei nach den Erkenntnissen der Forscher eine schützende Funktion. Denn Mäuse, die GDF-15 nicht produzieren konnten, starben kurz nach dem Infarkt. „Bei ihnen kam es zu einer überschießenden Entzündungsreaktion: Ihr Körper baute das abgestorbene Gewebe zu schnell ab, sodass der Herzmuskel einriss“, erklärt Kai Wollert.

Bei einer Entzündungsreaktion wandern weiße Blutkörperchen aus dem Blut in den Entzündungsherd ein. Auf der Oberfläche der weißen Blutkörperchen müssen hierfür Integrin-Moleküle aktiviert werden. „Dadurch verändern diese Moleküle ihre Form, sie richten sich auf und können zum Andocken an die Wand der Blutgefäße genutzt werden“, sagt Dietmar Vestweber.

Integrine bleiben inaktiv

Die Forscher haben nun erstmals einen Mechanismus entdeckt, der das Aufrichten des Integrins und damit seine Aktivierung hemmt: „Wenn GDF-15 an die weißen Blutkörperchen bindet, bleiben die Integrine inaktiv, und die weißen Blutkörperchen können im Entzündungsgebiet an der Blutgefäßwand nicht andocken. GDF-15 sorgt also dafür, dass der Entzündungsprozess reguliert abläuft und nicht überschießt und Schaden anrichtet“, so der Wissenschaftler.

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Generelles Prinzip der Entzündungshemmung

Dies scheint ein generelles Prinzip der Entzündungshemmung zu sein: „Wir konnten diesen Mechanismus auch in Geweben außerhalb des Herzens ausmachen“, sagt Vestweber. GDF-15 spielt also auch in anderen Organen eine entzündungshemmende Rolle, und ist möglicherweise therapeutisch interessant für viele Krankheiten, die mit überschießenden Entzündungsreaktionen einhergehen. (Nature Medicine, 2011; doi:10.1038/nm.2354)

(MPG, 03.05.2011 – DLO)

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