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Erdbebenrisiko in Deutschland größer als gedacht?

Forschungsprojekt Paläoseismik soll Erdbebenrisiko neu bewerten

Ist das Erdbebenrisiko in Deutschland vielleicht größer, als man bisher angenommen hat? Die Spannungsverhältnisse im Untergrund der Niederrheinischen Bucht, einem aktiven Erdbebengebiet, weisen darauf hin. Ein Forschungsprojekt des Geologischen Dienstes Nordrhein-Westfalen untersucht jetzt erdbebenbedingte Verwerfungen im Untergrund, um daraus die Wiederkehrwahrscheinlichkeit von Beben genauer zu ermitteln.

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Berichte über Erdbeben in der Niederrheinischen Bucht gibt es schon aus dem Mittelalter. Das stärkste bisher bekannte Erdbeben ereignete sich am 18. Februar 1756 bei Düren; noch in London und Straßburg war das Beben zu spüren. Beträchtliche Gebäudeschäden sind aus Aachen, Düren und Köln bekannt; in Aachen gab es damals sogar zwei Todesopfer. Das bisher letzte schadenverursachende Beben war das Erdbeben von Roermond (Niederlande) am 13. April 1992. Die Schäden im deutsch-niederländischen Grenzraum werden allein für dieses Beben auf 140 Millionen Euro geschätzt.

Bohrungen als Blick in die Vergangenheit

Um das Erdbebenrisiko besser abschätzen zu können, suchen die Geophysiker und Geologen des Geologischen Dienstes NRW an den Grenzen aktiver, sich bewegender Erdschollen nach Spuren früherer Erdbeben. Dazu wurde jetzt auch in Merzenich bei Düren ein Schurf von 60 Metern Länge und 5 Metern Tiefe angelegt. So lassen sich erdbebenbedingte Verwerfungen junger Erdschichten erkennen. Aus Ausmaß und Alter solcher Verwerfungen ergeben sich Hinweise auf statistische Wiederkehrzeiten bestimmter Bebenstärken.

Wenn stärkere Schadenbeben mit einer Magnitude von mehr als 6,5 auf der Richter-Skala in prähistorischer Zeit nachgewiesen werden, würde dies zwingend zu einer Neubewertung des Erdbebenrisikos und notwendiger Schutzmaßnahmen im Großraum Köln – Aachen – Düsseldorf führen. Diese Methode der Erforschung prähistorischer Erdbeben, die sogenannte Paläoseismik, hat sich bereits in anderen Erdbebengebieten wie zum Beispiel in Kalifornien bewährt.

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Ruckartige Bewegungen

Intensive Vorbereitungen waren erforderlich, um geeignete Untersuchungsstellen an aktiven Schollengrenzen in der Niederrheinischen Bucht zu finden. Durch Bohrungen wurden die Schollengrenzen an der Erdoberfläche genau lokalisiert. Die Schollen verschieben sich durchschnittlich um etwa 0,1 – 0,3 Millimeter im Jahr gegeneinander. Diese Bewegungen laufen in der Tiefe jedoch nicht kontinuierlich ab, sondern ruckartig mit langen Ruhephasen zwischen den Bewegungsschüben. Die ruckartige Freisetzung aufgestauter Bewegungsenergie an den Schollengrenzen wird an der Erdoberfläche als Erdbeben wahrgenommen.

Für den Schutz der Bevölkerung und die erdbebensichere Auslegung von industriellen Großanlagen müssen die maximal zu erwartende Stärke eines Erdbebens und seine statistische Wiederkehrzeit berücksichtigt werden. Entdecken die Geologen eindeutige Spuren starker Schadensbeben mit einer Stärke von mehr als 6,5 auf der Richter-Skala, müssen bestehende Regeln für erdbebensicheres Bauen überprüft und gegebenenfalls ergänzt werden.

(Geologischer Dienst NRW, 12.07.2004 – NPO)

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