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Geowissen

Untersee-Vulkan in der Labradorsee

Hinweise auf Vulkanausbrüche vor Grönland in der jüngeren geologischen Geschichte

Karte des Arbeitsgebiets mit der Lage der seismischen Profile (schwarze Linien) und der Kernlokationen (rote Punkte). Das Profil AWI-20090002 ist in grau dargestellt, der Seamount Mt. Maria S Merian liegt im südwestlichen Teil des Arbeitsgebiets © Gabriele Uenzelmann-Neben, Alfred-Wegener-Institut

In der Labradorsee vor der Südspitze Grönlands sind noch den letzten Millionen Jahren Vulkane ausgebrochen. Das entdeckten deutsche Geowissenschaftler auf einer Expedition zur so genannten Eirik Drift, einer mehrere hundert Kilometer langen, rückenartigen Struktur am Grund der Labradorsee. Dabei entdeckten sie am südwestlichen Rand ihres Untersuchungsgebietes überraschend auch einen unterseeischen Vulkan.

Sedimentrücken als Strömungsarchiv

Vor der Südspitze Grönlands erhebt sich die Eirik Drift etwa 2.500 Meter über den umgebenden Meersboden. Seit ungefähr zehn Millionen Jahren lagern sich hier Sedimente ab und bilden eine rückenartige Struktur. Diese Sedimente werden von den Meeresströmungen in der Grönlandsee abgetragen und in der Labradorsee wieder abgelagert, wie man es auch von den strömungsbedingten Sandverlagerungen zum Beispiel bei Sylt kennt. Mit dem sich ändernden Klima, dem Übergang von wärmeren Zeiten zu unserem heutigen Klima, hat sich diese Strömung verlagert und in ihrer Stärke verändert.

Zusätzlich transportieren Eisberge Gesteinsmaterial, das von Grönland stammt, auf den Meeresgrund. Gletscher haben es von der Insel abgehobelt und, nachdem sie zu Eisbergen zerbrochen sind, über den Ozean verteilt. Mit dem sich ausdehnenden und abschmelzenden Eispanzer in den erdgeschichtlichen Zyklen von Eis- und Warmzeiten findet dieses Material seinen Weg auch zur Eirik Drift. Die Eirik Drift ist somit ein Archiv für die Aktivität des westlichen Randstroms Grönlands und die Dynamik der grönländischen Eisbedeckung. Dort kann man Klimaveränderungen und Strömungsverlagerungen in den letzten zehn Millionen Jahren untersuchen.

Mit dem Großkastengreifer werden Sedimentproben von der Oberfläche des Meeresbodens entnommen. © Daniela Schmidt, Alfred-Wegener-Institut

Mit dem Forschungsschiff Maria S. Merian haben Wissenschaftler des Alfred-WegenerInstituts (AWI) die Geologie des Meeresbodens in der Labradorsee und vor allem an der Eirik Drift nun untersucht. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass sich die Drift stark nach Norden und Westen verlagert hat. Dieses Ereignis fand ungefähr vor 5,6 Millionen Jahren statt. Es hat zwar auch schon davor eine Sedimentdrift gegeben, allerdings haben sich Geschwindigkeit und Lage der Strömung stark geändert. Mit Hilfe von Computermodellen werden die Wissenschaftler die Daten weiter analysieren, um diese Veränderungen genauer beschreiben zu können.

Überraschende Entdeckung eines Untersee-Vulkans

Während der seismischen Vermessungsarbeiten mit einem 3.000 Meter langen Kabel entdeckten die Forscher Unerwartetes: „Völlig überraschend erschien auf diesen Bildern des Untergrundes im westlichen Bereich der Eirik Drift eine unbekannte Erhöhung, die an zwei Stellen fast durch die Sedimente bis zur Oberfläche des Meeresbodens stößt“, berichtet Fahrtleiterin Gabriele Uenzelmann- Neben vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-

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Gemeinschaft. „Die normalen Abfolgen in der Struktur der Sedimente sind hier gestört“, so die Geophysikerin weiter.

Diese Erhebung am Meeresgrund, die die Wissenschaftler Mount Maria S. Merian getauft haben, ist mit etwa 1.500 Metern so hoch wie der Feldberg im Schwarzwald. Der unterseeische Berg, ein so genannter Seamount ist durch Vulkanismus entstanden, wodurch die Sedimente nach oben gedrückt wurden. Selbst die jungen Sedimentpakete sind von dieser Umlagerung betroffen. Daher kann man schließen, dass es sich um ein Ereignis der letzten Millionen Jahre handelt.

Meeresboden länger tektonisch aktiv als gedacht

Dieses Ergebnis verändert das Bild der geologischen Entwicklung des äußeren Teils der Labradorsee. Bisher ging man davon aus, dass die die Bildung des Meeresbodens in der Labradorsee durch tektonische Aktivität vor etwa 45 Millionen Jahren aufgehört hat. Die Entdeckung des Seamounts gibt jetzt einen Hinweis darauf, dass der Meersboden am Ausgang der Labradorsee auch in jüngerer Zeit noch verändert wurde. Ein sich deutlich verändernder Meeresboden hat enorme Auswirkungen auf die Zirkulationswege des Tiefenwassers, das Meeresströmungen wie den Golfstrom antreibt.

(Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 21.07.2009 – NPO)

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