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Geologie/physische Geographie

Das vollständigste Klimaarchiv der Sahara

Die Bohrkampagnen 2003/2004

Der Autor mit einheimischen Honoratioren © Stefan Kröpelin

Die Entdeckung dieses vollständig erhaltenen Klimaarchivs führte zu einem neuen Tschad-Projekt im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 389 „Kultur- und Landschaftswandel im ariden Afrika“ (ACACIA). Nach umfangreichen Vorbereitungen mit der Partnerbehörde in der tschadischen Hauptstadt N’Djaména und einer drei Monate beanspruchenden Überführung der Fahrzeuge und des Bohrgeräts von Deutschland in die Sahara begannen Kröpelin und seine Kollegen im Dezember 2003 die ersten Studien vor Ort. Mit einer speziellen Metallzylinder- Bohrvorrichtung konnten sie dabei bis zu 4,5 Meter lange Bohrkerne aus dem Seeboden bergen, die die letzten 2.600 Jahre detailliert dokumentieren.

6.000 Jahre in die Vergangenheit

Die sich anschließende Geländekampagne im Herbst 2004 ermöglichte mit einer 35 Meter langen Bohrvorrichtung ein noch tieferes Eindringen in die zunehmend verfestigten Sedimente. Bei einer Wassertiefe von 26 Metern war die Grenze der Leichtbohrtechnik erreicht. Die Forscher zogen bis zu neun Meter lange Bohrkerne, bis eine stärker verfestigte Schicht ein weiteres Vordringen verhinderte. Auch dieser lange Sedimentkern wies eine durchgehende Feinschichtung auf, die nach Radiokarbondatierungen und Auszählungen die letzten 6.000 Jahre in jahreszeitlicher Auflösung erfasst.

Lagerplatz in der Sahara: Mit Expeditionsfahrzeugen und schwerem Gerät sind die Forscher in den Tschad gekommen. © Stefan Kröpelin

Diese Datenbasis stellt das bisher vollständigste und genaueste Klimaarchiv der Sahara für das mittlere und späte Holozän dar. Die noch laufende Auswertung der Daten, an spezialisierten Laboratorien im In- und Ausland durchgeführt, umfassen sedimentologische und geochemische Untersuchungen. Dazu gehören auch hochauflösende Bildanalysen, Alters- und Isotopenbestimmungen sowie detaillierte Auswertungen des Gehalts an pflanzlichen und tierischen Mikrofossilien.

Staubstürme, Vulkanausbrüche und Siedlungsspuren

Die rund 12.000 hauchdünnen „Lagen“ erlauben nicht nur lückenlose Aussagen über den Klimaverlauf und die Entwicklung der Ökosysteme des Wassers und der Erde in der Sahara. Sie liefern auch jahresgenaue Informationen über Naturereignisse wie schwere Staubstürme, Savannenbrände und Vulkanausbrüche oder über das erste Auftreten bestimmter Nutzpflanzen, zum Beispiel der Dattelpalme. Die Angaben umfassen damit das Mittel- und Spätholozän bis zu den modernen Nukleartests und kriegerischen Konflikten der Zeitgeschichte in bisher unerreichter Genauigkeit.

Die Ergebnisse beleuchten auch die klimatischen und ökologischen Grundlagen für die prähistorische Siedlungsgeschichte in der Region. Vor allem aber bieten sie eine Antwort auf die Frage, ob und wie aus Bohrkernen des Meeres und des Eises abgeleitete Klimaereignisse und Klimaschwankungen Gültigkeit für den kontinentalen afrikanischen Wüstengürtel besitzen. Darüber hinaus können sie helfen, computergestützte Klimamodelle zu überprüfen und damit globale Klimaprognosen zu verbessern.

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Dr. Stefan Kröpelin, Universität Köln / DFG Forschung
Stand: 18.09.2009

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Expedition zu den letzten Seen der Sahara
Spurensuche im Klimaarchiv der Wüste

Auf schwankendem Floß mitten in der Wüste
Eine Reise in den Nordosten des Tschad

Die erste Expedition
Bohrungen im Yoa-See von Ounianga Kebir

Das vollständigste Klimaarchiv der Sahara
Die Bohrkampagnen 2003/2004

Fragiles Paradies
Zu Besuch in der Ounianga Serir-Senke

Algenkalk und virtuelle Flutungen
Das Klimaarchiv des Ounianga Serir

Allmähliches Austrocknen statt abruptem Wechsel
Erste Ergebnisse der Klimaauswertungen revidieren Saharabild

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