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Physik

Doppelspalt-Experiment mit nur einem Teilchen

Spin-Drehung des Neutrons ermöglicht direkten Nachweis der Quanten-Überlagerung

Doppelspalt-Experiment
Im klassischen Doppelspalt-Experiment wie hier mit Elektronen benötigt man viele Teilchen, um ihr Wellenverhalten nachzuweisen. © Alexandre Gondran/ CC-by-sa 4.0

Das berühmte Doppelspalt-Experiment benötigt normalerweise mehrere Teilchen, um den Welle-Teilchen-Dualismus und die Quanten-Überlagerung zu belegen. Doch jetzt haben Physiker eine Methode entwickelt, bei der schon ein einziges Neutron reicht. Mithilfe eines Quantenteilers und einer Manipulation des Spins konnten sie nachweisen, dass das Neutron dank der Quantenüberlagerung tatsächlich beiden Pfaden gleichzeitig folgte – und zu welchen Anteilen.

Das Doppelspaltexperiment ist eines der berühmtesten Experimente der Quantenphysik. Richtet man einen Strahl aus Photonen, Elektronen, Atomen oder Molekülen auf eine Blende mit zwei Schlitzen, entsteht im Detektor dahinter ein Interferenzmuster. Dieses verrät, dass sich die Quantenwellen der Teilchen gegenseitig verstärkt oder ausgelöscht haben – und bestätigt so den Welle-Teilchen-Dualismus. Gleichzeitig weist das Experiment auch die quantenphysikalische Überlagerung nach: Jedes Teilchen folgt nicht nur einem bestimmten Weg durch das Gitter, sondern mehreren Pfaden gleichzeitig.

EXperiment
Mit diesem Versuchsaufbau gelang es den Physikern, das Doppelspalt-Experiment mit nur einem Neutron nachzuvollziehen. © Laurent Thion/ Institut Laue-Langevin (ILL)

Zwei Wege für ein Neutron

Der Haken jedoch: Das resultierende Muster lässt sich nicht an nur einem Teilchen erkennen, der Nachweis funktionierte bisher erst, wenn man das Experiment mehrfach wiederholt. „Man erklärt das Verhalten einzelner Teilchen auf Basis von Ergebnissen, die erst durch die statistische Untersuchung vieler Teilchen sichtbar werden“, erklärt Koautor Holger Hofmann von der Universität Hiroshima. „Wir haben daher überlegt, wie sich das Phänomen der Zweiweg-Interferenz bereits anhand einer einzigen Teilchen-Detektion beweisen lässt.“

Dafür haben Hofmann und ein Team der TU Wien um Erstautor Hartmut Lemmel eine neue Variante des Doppelspalt-Experiments entwickelt. Dafür lenkten sie einzelne Neutronen zunächst auf einen Kristall, der die Quantenwelle des Neutrons in zwei Teilwellen aufspaltet. Diese folgen dann zwei verschiedenen Pfaden – analog den beiden Öffnungen der Doppelspaltblende. Am Zielort werden sie wieder zusammengeführt, überlagern sich und werden gemessen.

Spindrehung verrät Überlagerung

Der Clou dabei: Eine der beiden Teilwellen des Neutrons wird einem Magnetfeld ausgesetzt, das seinen Spin ein wenig dreht. Nach dem Zusammenführen der beiden Teilwellen wird dann ihr Spin magnetisch wieder in die Ursprungsrichtung gebracht und so das Ausmaß der Auslenkung gemessen. Hätte das Neutron nur den Pfad des Spindrehers genommen, wäre für die Rückdrehung der volle Drehwinkel notwendig. Hätte es nur den anderen Pfad genommen, wäre gar keine Rückdrehung notwendig.

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An der Auslenkung konnten die Forscher daher ablesen, ob das Neutron nur einem der beiden Pfade gefolgt ist oder ob es dank der Quanten-Überlagerung beide gleichzeitig genutzt hat. „Die Ergebnisse zeigen, dass die einzelnen Teilchen jeweils nur zum Teil dem Magnetfeld auf einem der Pfade ausgesetzt waren“, berichten sie. Die Messungen ermöglichten es sogar, für jede der Teilwellen den Rotationswinkel zu messen und so deren Anteile zu bestimmen. Das Neutron hat sich demnach auf beiden Pfaden gleichzeitig bewegt und war dabei etwa zu einem Drittel im einen und zu zwei Dritteln im anderen Pfad präsent, wie die Messungen ergaben.

Quantenphysik bestätigt

Dies belegt, dass das Neutron sich wie eine Welle verhält und dank der Quanten-Überlagerung an zwei Orten gleichzeitig sein kann. „Unsere Messergebnisse decken sich wunderbar mit der klassischen Quantentheorie“, sagt Seniorautor Stephan Sponar von der TU Wien. Mit dem Experiment lassen sich auch alternative Interpretationen der Quantenmechanik ausschließen, die von nicht überlagerten, nur lokalisierten Teilchen ausgehen.

„Das Neue daran ist, dass man nicht auf unbefriedigende statistische Argumente zurückgreifen muss: Unser Experiment zeigt bei der Messung eines einzelnen Teilchens, dass es zwei Wege gleichzeitig genommen haben muss und quantifiziert die jeweiligen Anteile eindeutig.“ (Physical Review Research, 2022; doi: 10.1103/PhysRevResearch.4.023075)

Quelle: Technische Universität Wien

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