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Medizin

Zähne: Warum zu viel Fluorid schädlich ist

Zu hohe Fluoridwerte stören den Calcium-Haushalt der Zahnschmelz-produzierenden Zellen

Zähne
Fluorid soll die Zähne so schön und gesund erhalten wie hier zu sehen. Doch bekommen Kinder zuviel Fluorid, verursacht dies bleibende Zahnschmelzschäden. © YanLev/ iStock.com

Helfer mit Schattenseite: Fluorid schützt unsere Zähne vor Karies, kann sie aber auch schädigen – und unschöne Flecken verursachen. Warum eine zu hohe Fluorid-Dosis gerade bei Kindern schädlich ist, haben nun Forscher herausgefunden. Demnach stört das Fluorid die Funktion der Zahnschmelz-produzierenden Zellen und damit den Calcium-Einbau in den Schmelz. Dadurch kommt es bei Kindern während der Zahnbildung zu bleibenden Flecken und Zahnschmelzschäden.

Unser Zahnschmelz ist das mit Abstand stabilste Material unseres Körpers und eines der härtesten Materialien der Natur. Er besteht zu 95 Prozent aus anorganischen Mineralen, denen eine spezielle Schichtung ihre besondere Festigkeit verleiht. Doch so hart der Schmelz auch ist, Kariesbakterien, Säuren und möglicherweise auch bestimmte Umweltchemikalien können ihm zusetzen.

Zahnfluorose
Eine leichte Zahnfluorose zeigt sich in weißlichen, undurchsichtigen Flecken im Zahnschmelz. © Matthew Ferguson 57 /CC-by-sa 4.0

Viel hilft nicht viel, sondern schadet

Um die Zähne davor zu schützen, werden den meisten Zahnpasten heute Fluoride zugesetzt. Diese chemischen Verbindungen fördern die Mineralisierung des Zahnschmelzes und verringern seine Anfälligkeit gegenüber Säuren. Wichtig ist dies vor allem bei Kindern, bei denen sich die endgültigen Zähne noch im Kiefer entwickeln.

Doch das Fluorid hat auch eine Schattenseite: Nimmt ein Kind in der kritischen Phase des Zahnwachstums zu viel davon auf, kann es eine Fluorose entwickeln. Dabei kommt es zu fleckig-weißen Verfärbungen im Zahnschmelz, rauen Stellen oder sogar zu schwach mineralisierten Stellen. Das Problem dabei: Weil Zahnschmelz im Gegensatz zu Knochen nicht nachwächst oder sich reparieren kann, bleiben diese Schäden für immer.

Fluorid stört Calcium-Haushalt der Zahnschmelz-Zellen

„Angesichts der Häufigkeit dentaler Fluorose und des geringen Wissens über die dahinterstehenden zellulären Mechanismen, ist es wichtig, dieses Problem genauer zu erforschen“, erklären Francisco Aulestia von der New York University. Immerhin betrifft die Fluorose in den USA fast ein Viertel aller Kinder und auch hierzulande ist sie häufig. Wie sie zustande kommt, haben die Forscher nun näher untersucht. Dafür setzten sie Kulturen von Zahnschmelz-produzierenden Zellen – Ameloblasten – erhöhten Dosen von Natriumfluorid aus.

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Es zeigte sich: Zu viel Fluorid stört den Calcium-Haushalt der Ameloblasten und verringert die Calcium-Vorräte in diesen Zellen. Dadurch fehlt es bei der Produktion der Zahnschmelzminerale an Calcium-Nachschub. Hinzu kommt, dass auch die Mitochondrien – die Energielieferanten der Zellen – unter einer zu hohen Fluorid-Dosis litten, wie die Forscher berichten. Sie beobachteten zudem eine veränderte Genaktivität, die auf erhöhten Zellstress hindeutete.

Vom Zellstress zu Zahnschäden

„Das gibt uns einen Einblick darin, wie die Fluorose entsteht“, sagt Aulestias Kollege Rodrigo Lacruz. „Wenn diese Zellen zu viel Fluorid abbekommen, leiden sie unter anhaltendem Stress und können das Calcium nicht mehr richtig verarbeiten. Das beeinträchtigt die Bildung der Schmelzkristalle und damit die Mineralisierung des calciumhaltigen Zahnschmelzes.“ Die Folge sind die typischen Verfärbungen und Schäden im Zahnschmelz.

Interessanterweise führt nur eine zu hohe Dosis von Natriumfluorid zu diesen Reaktionen. Die verwandten Verbindungen Natriumchlorid oder Natriumbromid dagegen zogen keine Störungen im Calciumhaushalt nach sich. „Das bestätigt, dass tatsächlich das Fluorid diese Veränderungen bewirkt“, so Aulestia und seine Kollegen. Andere potenziell mineralbildenden Zellen, beispielsweise aus der Niere, zeigten die Überempfindlichkeit gegenüber Fluoriden nicht. (Science Signaling, 2020; doi: 10.1126/scisignal.aay0086)

Quelle: New York University

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