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Medizin

Wie Vapen und Rauchen unser Erbgut verändern

Sind E-Zigaretten doch nicht gesünder als Rauchen?

Mann mit E-Zigarette
Auf der Suche nach gesünderen Alternativen zum Tabak steigen Raucher seit einigen Jahren vermehrt auf E-Zigaretten um. Diese sind aber auch nicht harmlos. © patrisyu / iStock

Umbau am Erbgut: Der Konsum von E-Zigaretten und Schnupftabak führt zu ähnlichen Veränderungen an der DNA wie das klassische Zigarettenrauchen, wie nun eine Studie belegt. Diese epigenetischen Veränderungen in Zellen der Mundschleimhaut und anderswo ähneln in Teilen denen von Krebszellen und gelten daher als „prokarzinogen“. Sowohl Rauchen als auch „Vapen“ und Schnupfen könnten somit potenziell Krebs auslösen. Sind sie dennoch als Mittel zur Rauchentwöhnung zu empfehlen?

Rauchen birgt eine ganze Palette an negativen gesundheitlichen Folgen. Der Zigaretten-Konsum lässt uns beispielsweise schneller altern, fördert COPD und Krebs und kann mitunter tödlich sein. Obwohl das schon lange bekannt ist, steigt die Zahl der durch Rauchen verursachten Todesfälle weiter an. Auf der Suche nach gesünderen Alternativen zum Tabak steigen Raucher seit einigen Jahren vermehrt auf E-Zigaretten um, die eine nikotinhaltige Flüssigkeit verdampfen.

Ob das Vapen aber tatsächlich weniger Schaden in unserem Körper anrichtet als normale Zigaretten, ist umstritten. So scheint die E-Zigarette zwar die Rauchentwöhnung zu erleichtern, dafür haben einige Studien gezeigt, dass das Dampfen die Mundflora verändert und das Zahnfleisch schädigen kann. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass auch das Vapen zu krebserregenden Mutationen in der DNA führt und die DNA-Reparatur-Systeme hemmt.

Illustration DNA-Methylierung
Eine häufige epigenetische Veränderung ist die sogenannte DNA-Methylierung. Dabei werden an ausgewählte Basen der Erbsubstanz Methylgruppen angehängt. © EUTOPS Institut

Epigenetik im Blick

Ein Team um Chiara Herzog von der Universität Innsbruck hat nun erstmals erforscht, welche epigenetischen Auswirkungen klassischer Tabak und E-Zigaretten auf das Erbgut verschiedener Zellen haben. Beim Epigenom bestimmen molekulare Anhänge an der DNA wie beispielsweise Methylgruppen, wo und wann welche Gene abgelesen werden. Beim Altern und durch den Kontakt mit Umweltgiften können sich diese epigenetischen Anhänge allerdings verändern. Infolgedessen ändert sich auch die Regulation unserer Gene, was unter Umständen zu Mutationen und Krebs führen kann.

Für ihre Studie analysierten Herzog und ihre Kollegen, wie sich das Rauchen von klassischen und elektronischen Zigaretten auf die DNA-Methylierung auswirkt. Dabei untersuchten die Forschenden Zellen, die dem Rauch oder Dampf direkt ausgesetzt sind – zum Beispiel in der Mundhöhle –, sowie nur indirekt betroffene Zellen, etwa im Gebärmutterhals oder im Immunsystem. Insgesamt werteten sie mehr als 3.500 Speichel- und Blut-Proben sowie Abstriche des Gebärmutterhalses aus und verglichen diese mit Proben von Krebsgewebe.

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Methylierungsmuster der DNA verrät Tabak-Konsum

Wie die Analysen ergaben, veränderte das Rauchen die DNA-Methylierung in allen getesteten Zellen und an insgesamt 535 Stellen des Erbguts. Das genaue Muster unterschied sich je nach Zelltyp, betraf aber auch solche Zellen, die nur indirekt dem Dampf oder Rauch ausgesetzt waren. Epithelzellen verschiedener Organe waren dabei tendenziell anfälliger für epigenetische Veränderungen als Immunzellen.

Einige dieser epigenetischen Veränderungen blieben zudem jahrelang stabil. Anhand der Methylierungsrate in Proben der Mundschleimhaut konnten Herzog und ihre Kollegen dadurch mit über 90-prozentiger Genauigkeit sagen, ob eine Person aktuell raucht oder dampft, dies früher getan oder aber niemals getan hat.

Ähnliche Epigenetik bei Rauchern und Vapern

Die Forschenden stellten zudem fest, dass die Zellen der Mundschleimhaut bei den Testpersonen teilweise ähnliche DNA-Methylierungen aufweisen wie Krebszellen. „Veränderungen, die in Lungenkrebsgewebe beobachtet werden, können auch in Mundzellen von Rauchern festgestellt werden, die (noch) nicht selbst krebsartig sind“, sagt Seniorautor Martin Widschwendter von der Universität Innsbruck.

Solche “prokarzinogenen” epigenetischen Veränderungen beobachteten die Wissenschaftler auch in den Mundzellen von Menschen, die E-Zigaretten oder Schnupftabak (Snus) konsumierten. Die Proben stammten dabei auch von Personen, die keine klassischen Zigaretten geraucht hatten, bevor sie mit dem Dampfen anfingen.

„Auf Grundlage unserer Studie können wir nicht eindeutig sagen, dass E-Zigaretten Krebs verursachen. Aber wir beobachten, dass E-Zigaretten-Benutzer einige ähnliche epigenetische Veränderungen in Wangenzellen aufweisen wie Raucher und diese Veränderungen werden mit der zukünftigen Entwicklung von Lungenkrebs bei Rauchern in Verbindung gebracht“, erklärt Herzog.

E-Zigaretten sind nicht harmlos

Das legt nahe, dass auch der Konsum von E-Zigaretten und Snus längerfristige Gesundheitsfolgen haben kann. Vapen und Schnupfen sind nach Ansicht der Forschenden demnach keine gesunden Alternativen zu klassischen Zigaretten. „Diese neuen Produkte sind möglicherweise nicht so harmlos, wie ursprünglich angenommen“, betont Widschwendter.

E-Zigaretten und insbesondere deren Langzeitfolgen müssten daher noch genauer geprüft werden, bevor sie allgemein zur Raucherentwöhnung empfohlen werden, schreiben die Forschenden. Zwar könne Vapen nachweislich dabei helfen, sich Zigaretten abzugewöhnen, Dampfen sei aber auch nicht komplett ungefährlich. „Wir hoffen, dass diese Studie zu einer breiteren Diskussion beiträgt, warum es wichtig ist, sowohl Tabak- als auch den E-Zigarettenkonsum einzuschränken – insbesondere bei Menschen, die noch nie geraucht haben“, sagt Herzog.

…aber besser als Rauchen?

Nicht an der Studie beteiligte Experten sehen in den Ergebnissen allerdings keinen klaren Hinweis darauf, dass elektronische Zigaretten genauso schädlich sind wie normale Zigaretten. Sie empfehlen Rauchern weiterhin, auf Verdampfer umzusteigen. „Im Vergleich zu Zigaretten bleiben E-Zigaretten ein wesentliches Mittel zur Schadensminderung“, sagt beispielsweise George Laking von der University of Auckland. Nicht-Raucher sollten allerdings gar nicht erst mit jeglichem Tabak-Konsum anfangen.

In Folgestudien wollen Herzog und ihre Kollegen nun untersuchen, wie ihre Ergebnisse genutzt werden könnten, um Personen mit dem höchsten Krebsrisiko zu identifizieren. Denn die epigenetischen Veränderungen der Mundzellen können Hinweise auf bereits bestehende Krebszellen in der Lunge liefern. Die Analyse der DNA-Methylierung in Mundabstrichen könnte daher möglicherweise die Krebsdiagnose erleichtern. (Cancer Research, 2024; doi: 10.1158/0008-5472.CAN-23-2957)

Quelle: Universität Innsbruck, University College London

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