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Medizin

Bio-Schrittmacher bringt Herz auf Trab

Gen-Injektion könnte künftig elektrischen Herzschrittmacher ersetzen

Diese Animation erklärt das Prinzip des biologischen Herzschrittmachers © AAAS

Gen-Therapie statt Herzschrittmacher: Erstmals haben Forscher einen biologischen Schrittmacher bei Schweinen erprobt. Eine Gen-injektion wandelte einige ihrer Herzzellen zu Taktgeberzellen um und regulierte so den Herzrhythmus. Der große Vorteil: Der Bio-Schrittmacher passt sich flexibel an die Aktivität an und es muss kein Fremdkörper implantiert werden. Schon in drei Jahren könnten erste klinische Tests am Menschen laufen, schätzen die Forscher im Fachmagazin „Science Translational Medicine“.

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Normalerweise dient ein kleiner Zellknoten im rechten Vorhof, der Sinusknoten, als Taktgeber für unseren Herzschlag. Er besteht aus spezialisierten Zellen, die in regelmäßigen Abständen elektrische Impulse erzeugen. Bei einigen Menschen funktioniert dieser Taktgeber nicht richtig, ihr Herz schlägt zu langsam oder zu unregelmäßig. Ein implantierter elektrischer Herzschrittmacher gleicht dies dann meist aus. Allerdings schaffen es diese Geräte trotz raffinierter Software nicht immer, sich an unsere körperliche Aktivität anzupassen. Zudem kann sich das Implantat entzünden und muss dann solange entfernt werden, bis die Infektion ausgeheilt ist.

Ein Gen als Wundermittel

Yu-Feng Hu vom Cedars Sinai Heart Institute in Los Angeles und seine Kollegen haben daher nach einer Methode gesucht, den Herzschlag auf biologische Weise nachzuregulieren. In Versuchen mit Mäusen hatten sie bereits festgestellt, dass ein bestimmtes Gen, TBX18 genannt, normale Herzmuskelzellen in Taktgeberzellen umwandeln kann. In der aktuellen Studie gelang es ihnen nun erstmals, mit Hilfe dieses Gens Schweinen einen biologischen Schrittmacher zu verleihen.

Die Forscher zerstörten dafür bei den Schweinen zunächst den Sinusknoten und pflanzten ihnen einen elektrischen Schrittmacher ein. Auf diese Weise konnte sie bei ihnen den Herzschlag beeinflussen und eine krankhaft langsame Taktrate simulieren. Dann injizierten sie einem Teil der Tiere eine Lösung von Adenoviren, die als Fähren für das TBX18-Gen dienten. Die Viren schleusten das Gen in Herzzellen des rechten Vorhofs der Schweine ein. 14 Tage lang zeichneten die Forscher nun die Herzrate der Schweine auf und beobachteten das Verhalten der Tiere.

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Diese Animation erklärt das Prinzip des biologischen Herzschrittmachers© AAAS

Neue Taktgeberzellen

Das Ergebnis: Schon am zweiten Tag nach der Injektion des Gens begann sich der Herzschlag der Schweine zu erhöhen. Ähnlich wie beim natürlichen Taktgeber zeigte sich dabei ein deutlicher Tag- Nacht-Rhythmus. Die mit dem Gen behandelten Schweine waren zudem aktiver als ihre unbehandelten Artgenossen. „Der biologische TBX18-Schrittmacher unterstützt demnach die Herzrate und passt sich dabei automatisch an die physische Aktivität an“, konstatieren die Forscher.

Nähere Untersuchungen des Herzgewebes zeigten, dass sich durch die Gentherapie tatsächlich einige Herzmuskelzellen verändert hatten: Statt ihrer typisch ziegelartigen Form ähnelten sie nun den dünnen, spindelförmigen Taktgeberzellen des Sinusknotens. „Zum ersten Mal haben wir es damit geschafft, einen biologischen Schrittmacher zu schaffen, der den Anforderungen des täglichen Lebens genügt“, sagt Eduardo Marbán vom Cedars-Sinai Heart Institute, einer der beiden Studienleiter.

Hoffnung auf Anwendung beim Menschen

Der große Erfolg bei den Schweinen lege nun die Basis für eine Anwendung auch beim Menschen. Wie die Wissenschaftler berichten, traten während des 14-tägigen Experiments weder Herzrhythmusstörungen auf, noch gab es Anzeichen von anderen schädlichen Nebenwirkungen beispielsweise durch die Trägerviren des Gens.

Da das Herz der Schweine dem des Menschen zudem sehr ähnlich ist und das eingeschleuste Gen ohnehin bereits menschlichen Ursprungs war, stehen die Erfolgschancen nach Ansicht der Forscher gut. Ihren Schätzungen nach könnten bereits in drei Jahren die ersten klinischen Studien mit Menschen beginnen. (Science Translational Medicine, 2014; doi: 10.1126/scitranslmed.3008681)

(AAAS, 17.07.2014 – NPO)

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