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Astronomie

Zweiter „Tatooine“-Planet entdeckt

Doppelsternsystem TOI-1338 hat zwei zirkumbinäre Exoplaneten

TOI-1338
Das 1.300 Lichtjahre entfernte Sternenpaar TOI-1338 wird von gleich zwei zirkumbinären Exoplaneten umkreist, wie Astronomen jetzt entdeckt haben. © NASA/Goddard Space Flight Center, Chris Smith

Zuwachs im „Tatooine“-System: Im rund 1.300 Lichtjahre entfernten Doppelsternsystem TOI-1338 gibt es gleich zwei Exoplaneten, die um zwei Sonnen gleichzeitig kreisen – eine echte Rarität. Denn bisher sind erst zwölf solcher zirkumbinären Systeme bekannt und dieses ist erst das zweite mit mehr als einem Exoplaneten. Entdeckt haben Astronomen den zweiten „Tatooine“-Planet durch seinen Schwerkrafteffekt auf die zentralen Sterne. Die Messdaten enthüllten auch, dass der erste Planet, TOI-1338b, überraschend leicht ist.

Lange galten sie als bloße Science-Fiction: Beim fiktiven Star-Wars-Planeten Tatooine stehen nicht nur zwei Sonnen am Himmel, sein Orbit führt auch um gleich beide Zentralsterne herum. Doch ob es solche zirkumbinären Exoplaneten auch in Wirklichkeit gibt, war lange strittig. Denn Astronomen vermuteten, dass die Schwerkraftturbulenzen der beiden Sternenpartner jede Bildung stabiler Planeten in ihrem Umfeld verhindern müssten. Erst 2011 wurde mit Kepler-16b ein erster zirkumbinärer Exoplanet entdeckt.

zirkumbinärer Planet
Ein zirkumbinärer Exoplanet kreist um beide Zentralsterne, wie hier der 2020 entdeckte Planet TOI-1338b. © NASA/Goddard Space Flight Center

Trotzdem sind solche zirkumbinären Systeme bis heute eine absolute Ausnahmeerscheinung. Von den mehr als 5.200 bekannten Exoplaneten kreisen nur 14 um gleich zwei Muttersterne. Nur ein einziges dieser Systeme besitzt mehr als einen zirkumbinären Planeten.

Neuer Blick auf zirkumbinäres System

Einer von diesen seltenen Exemplaren ist der 2020 vom NASA-Weltraumteleskop TESS entdeckte, knapp saturngroße Exoplanet TOI-1338b. Er kreist um ein 1.300 Lichtjahre entferntes Sternenpaar aus einem sonnenähnlichen Stern mit 1,13 Sonnenmassen und einem Zwergstern von nur einem Drittel Sonnenmassen. Für einen Umlauf benötigt TOI-1338b rund 93 bis 95 Tage. Unklar blieb jedoch bisher, welche Masse dieser zirkumbinäre Planet besitzt, weil dies allein anhand der Transitbeobachtungen nicht ermittelt werden konnte.

Deshalb haben nun Astronomen um Matthew Standing von der University of Birmingham das zirkumbinäre System TOI-1338 noch einmal mit der Radialgeschwindigkeitsmethode ins Visier genommen. Mithilfe der hochauflösenden Spektroskope am Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO in Chile suchten sie im Lichtspektrum des Doppelsternsystems nach periodischen Verschiebungen. Diese verraten den Schwerkrafteinfluss von Planeten auf ihre Sterne und damit auch ihre Masse.

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„Tatooine“-planet ist leichter als Biskuit

Die Analysen lieferten gleich zwei Überraschungen. Die erste: Der knapp saturngroße TOI-1338b ist ungewöhnlich leicht für seine Größe. Zwar konnten die Astronomen nur eine Obergrenze für seine Masse bestimmen, diese liegt jedoch bei maximal 22 Erdmassen. „Damit scheint dieser innere Planet eine ungewöhnlich geringe Dichte zu haben: Weniger als 0,39 Gramm pro Kubikzentimeter – das ist luftiger als ein Biskuitkuchen!“, erklärt Standing.

Damit muss es sich bei TOI-1338b um einen Gasplaneten oder zumindest einen Planeten mit einem sehr großen Atmosphärenanteil handeln. „Das könnte es dem James-Webb-Teleskop ermöglichen, die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre von TOI-1338b zu ermitteln“, sagt Standing. „Solche Beobachtungen könnten uns wertvolle Hinweise auf die chemische Umgebung liefern, in der zirkumbinäre Planeten entstehen.“

Es gibt noch einen zweiten Planeten im System

Die zweite Überraschung: Die Astronomen entdeckten im Lichtspektrum eine periodische Schwankung von rund 215,5 Tagen, die weder zum schon bekannten Planeten TOI-1338b noch zu den Bewegungen der beiden Sternenpartner passte. Daraus schließen die Forschenden, dass es in diesem System noch einen zweiten zirkumbinären Planeten geben muss. Dieser zweite Planet, TOI-1338c oder auch BEPOB-1c getauft, umkreist seine Sterne weiter außen als TOI-1338b und ist massereicher als dieser.

„Dies ist damit erst das zweite zirkumbinäre System, das mehr als einen Planeten umfasst“, sagt Koautor David Martin von der Ohio State University. Gleichzeitig ist BEPOB-1c der erste zirkumbinäre Exoplanet, der mithilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode aufgespürt wurde. Den Daten zufolge ist der neu entdeckte Planet rund 65 Erdmassen schwer, dies entspricht etwa 20 Prozent der Jupitermasse. Zwar ist seine Größe noch unbekannt, die Astronomen vermuten aber, dass es sich um einen Gasriesen handelt.

Für weitere Beobachtungen prädestiniert

Damit ist dieses zirkumbinäre Planetensystem gleich in mehrerer Hinsicht außergewöhnlich und spannend, wie die Astronomen erklären. Denn in ihm kreisen nicht nur gleich zwei Planeten auf den riskanten Bahnen um zwei Sterne, die Orbits dieser Exoplaneten weisen auch eine für Beobachtungen günstige Ausrichtung auf: Beide Planeten ziehen von uns aus betrachtet vor ihren Sternen vorüber. „Wenn wir die Rätsel von zirkumbinären, Tatooine-ähnlichen Exo-Atmosphären entschlüsseln wollen, dann könnte das BEPOB-1-System uns dafür neue Hoffnung geben“, konstatieren Standing und sein Team.

Für TOI-1338b wurden solche Transits schon beobachtet, für den neuentdeckten TOI-1338c (BEPOB-1c) steht dies noch bevor. „Bei BEPOB-1c ist es nahezu garantiert, dass es einen Transit geben wird, weil sein Orbit direkt auf unserer Sichtlinie liegt und der primäre Stern relativ groß ist“, erklären Standing und sein Team. „Allerdings können wir bisher nicht vorhersagen, wann und wie oft dies sichtbar sein wird.“

Aber auch beim inneren Planeten TOI-1338b bleibt es spannend: „Von den jetzt 15 bekannten zirkumbinären Exoplaneten ist TOI-1338b der einzige, bei dem das James-Webb-Teleskop spektroskopische Messungen durchführen kann“, erklären die Astronomen. (Nature Astronomy, 2023; doi: 10.1038/s41550-023-01948-4)

Quelle: University of Birmingham

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