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Astronomie

Formte ein Einschlag die Mondseiten?

Kollision mit einem Zwergplaneten könnte Asymmetrien zwischen Vorder- und Rückseite erklären

Vollmond
Warum unterscheidet sich die Vorderseite des Mondes so sehr von seiner Rückseite? © Malik Evren/ iStock.com

Folgenreiche Kollision: Der Einschlag eines Zwergplaneten könnte tatsächlich der Grund dafür sein, warum die Vorder- und Rückseite des Erdmondes so unterschiedlich sind. Diese altbekannte Theorie bestätigen nun Computersimulationen. Demnach lässt sich die heutige, asymmetrische Struktur der Mondkruste gut durch den Impakt eines solchen Himmelskörpers auf der erdzugewandten Seite des Erdtrabanten erklären, wie Forscher berichten.

Der Mond kehrt uns immer die gleiche Seite zu – seine Rückseite ist von der Erde aus niemals sichtbar. Erst durch unbemannte Orbitersonden und die Astronauten der Apollo-8-Mission gelangten erste Aufnahmen dieser verborgenen Seite zu uns. Dabei zeichnete sich ab: Offenbar unterscheidet sich die erdabgewandte Seite des Mondes deutlich von der gut erforschten Vorderseite.

Anstatt der großen Mare aus Basaltlava ist die Mondrückseite von Hochebenen mit Krustengestein und besonders großen Kratern gekennzeichnet. Zudem ist die Mondkruste dort deutlich dicker als auf der Vorderseite. Warum das so ist, dazu gibt es bisher unterschiedliche Theorien. Zwei gängige besagen: Entweder, begleiteten die Erde einst zwei Monde, die schließlich miteinander verschmolzen. Oder eine Kollision mit einem anderen Himmelskörper in der frühen Entstehungsgeschichte des Mondes verursachte die heutigen Asymmetrien.

Impakttheorie im Blick

Wissenschaftler um Meng-Hua Zhu von der Macau University of Science and Technology in Taipa haben letztere Vermutung nun mithilfe von Computermodellen überprüft. Anlass waren Erkenntnisse aus Mondmissionen der NASA und der japanischen Raumfahrtagentur JAXA, die in den vergangenen Jahren gezeigt hatten: Die Mondkruste auf der erdabgewandten Seite scheint aus zwei unterschiedlich zusammengesetzten Schichten zu bestehen – und auf der Vorderseite gibt es ein großes Gebiet mit kalziumarmen Pyroxenmineralen, die von einem Einschlag herrühren könnten.

Die Forscher testeten für ihre Studie unterschiedliche Szenarien, um herauszufinden, ob ein Einschlagsereignis vor Millionen von Jahren tatsächlich die bekannten Besonderheiten der Vorder- und Rückseite des Erdtrabanten erklären könnte. Dabei führten sie insgesamt 360 Simulationen durch.

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Etwas kleiner als Ceres

Das Ergebnis: „Unsere Modelle bestätigen, dass ein gewaltiger Einschlag auf der erdzugewandten Seite des Mondes zu den Asymmetrien zwischen Vorder- und Rückseite geführt haben kann“, berichten die Wissenschaftler. Am besten lässt sich die heutige Struktur der Mondkruste demnach mit einem Objekt von 780 Kilometern Durchmesser erklären, das mit vergleichsweise geringer Geschwindigkeit – etwa 22.500 Kilometer pro Stunde – in den Mond krachte.

Dieses Objekt wäre dem Team zufolge somit ein wenig kleiner als der Zwergplanet Ceres aus dem Asteroidengürtel gewesen. Doch auch ein anderes Szenario ist denkbar: Ein kleinerer Himmelskörper mit einem Durchmesser von 720 Kilometern eignet sich laut den Simulationen ebenfalls als Erklärung. Dieser müsste dann jedoch mit einem etwas höheren Tempo auf dem Erdtrabanten eingeschlagen sein.

Eine zweite Krustenschicht

Wie die Wissenschaftler erklären, zeigen die Modelle in beiden Fällen: Der Einschlag hätte große Mengen von Material hochgeschleudert, die schließlich zurück auf die Mondoberfläche gefallen wären. Dabei wäre die ursprüngliche Kruste auf der Rückseite des Mondes mit einer fünf bis zehn Kilometer dicken Schicht Trümmermaterial bedeckt worden. „Das ist die zweite Krustenschicht, die auf der erdabgewandten Seite detektiert wurde“, vermutet Zhu.

Die Simulationen legen zudem nahe, dass die Kollision nicht durch einen frühen zweiten Erdmond verursacht wurde. Ob Zwergplanet oder Asteroid: Der Impaktor war wahrscheinlich auf seinem eigenen Orbit um die Sonne unterwegs, wie das Forscherteam berichtet.

Vom Mond zum Mars

Der Einschlag eines solchen Himmelskörpers könnte nach Ansicht der Forscher zudem eine Erklärung für einige bisher rätselhafte Unterschiede der Isotope von Kalium, Phosphor und Wolfram-182 auf den Oberflächen von Erde und Mond liefern. „Unser Modell kann die Isotopenanomalien dadurch erklären, dass durch den Einschlag in der frühen Entstehungsgeschichte des Mondes Material zu dem Erdtrabanten hinzugefügt wurde“, schreiben sie.

„Insgesamt untermauert unsere Arbeit die Hypothese, dass ein großer Impakt zu den Asymmetrien der Vorder- und Rückseite des Mondes beigetragen hat“, schließen die Wissenschaftler. In Zukunft könnte ein besseres Verständnis der Entstehungsgeschichte des Erdtrabanten ihnen zufolge auch neue Erkenntnisse über die frühe Phase anderer Himmelskörper mit ähnlichen Asymmetrien liefern – zum Beispiel der des Mars. (Journal of Geophysical Research: Planets, 2019, doi: 10.1029/2018JE005826)

Quelle: American Geophysical Union

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