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Astronomie

Erstes Bild der Magnetfelder ums Schwarze Loch

Event Horizon Telescope zeigt erstmals die spiralige Magnetfeld-Struktur um Sagittarius A*

Sagittarius A* im polarisierten Licht
Diese Aufnahme des Event Horizon Telescope zeigt das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße im polarisierten Licht. Die feinen Linien geben Aufschluss über die Struktur des Magnetfelds um Sagittarius A*. © EHT Collaboration

Unsichtbares sichtbar gemacht: Eine neue Aufnahme des Event Horizon Telescope (EHT) macht erstmals die Magnetfelder um das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße sichtbar. Der helle Lichtring rund um Sagittarius A* ist demnach von starken, in sich verdrehten Magnetfeldern durchzogen, wie die Polarisation der Radiostrahlung verrät. Das Überraschende jedoch: Es gibt auffallende Ähnlichkeiten zum Schwarzen Loch M87* – obwohl dieses einen ausgeprägten Jet hat. Hat unser Schwarzes Loch vielleicht auch einen bisher unerkannten Jet?

Im Zentrum unserer Milchstraße sitzt – wie in fast allen Galaxien – ein supermassereiches Schwarzes Loch. Doch das gut vier Millionen Sonnenmassen umfassende Sagittarius A* ist weitgehend inaktiv und daher für normale Teleskope unsichtbar. Seine Präsenz verrät es primär über die Bewegungen von Sternen und Gasen im galaktischen Zentrum. Erst im Jahr 2022 gelang es den gekoppelten Radioobservatorien des Event Horizon Telescope (EHT), „unser“ Schwarzes Loch erstmals abzubilden. Wenig später lieferten die Radiodaten erste Hinweise auf die Bewegung des heißen Plasmas um den Ereignishorizont und seine Rotation.

polarisierte Strahlung
Die polarisierte Strahlung des Schwarzen Lochs ist nicht die einzige im Zentrum der Milchstraße: Astronomen müssen die auch die polarisierten Emissionen des Staubs in der Milchstraße und im galaktischen Zentrum berücksichtigen und herausrechnen. © S. Issaoun/ EHT Collaboration

Polarisierte Strahlung verrät Magnetfeld

Jetzt folgt die Fortsetzung: Den Astronomen der EHT-Kollaboration ist es erstmals gelungen, auch die Magnetfelder um das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße sichtbar zu machen. Möglich wurde dies, weil sich solche Magnetfelder auf die Radiostrahlung auswirken, die vom leuchtenden Plasmaring ausgehen – sie verändern die Schwingungsrichtung der elektromagnetischen Strahlung. „Mit der Messung des polarisierten Lichts von heißem, glühendem Gas in der Nähe von Schwarzen Löchern können wir auf die Struktur und Stärke der Magnetfelder schließen“, erklärt Angelo Ricarte von der Harvard Black Hole Initiative.

Allerdings ist die Kartierung der Polarisation bei Sagittarius A* nicht einfach: Anders als das größere, viel ruhigere supermassereiche Schwarze Loch M87* ist das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße unruhig und verändert sich deutlich schneller. Das macht es schwer, mehrere Aufnahmen miteinander zu kombinieren. „Da sich Sagittarius A* während der Beobachtung bewegt, war es schon schwierig, auch nur ein unpolarisiertes Bild zu erstellen“, erklärt Geoffrey Bower von der Academia Sinica in Taipeh. „Wir waren erleichtert, dass die polarisierte Aufnahme überhaupt möglich war.“

Starke, in sich verdrehte Felder

Die neue Aufnahme enthüllt nun erstmals die unsichtbaren Magnetkräfte im Umfeld unseres Schwarzen Lochs. „Wir sehen jetzt, dass es in der Nähe von Sagittarius A* starke, geordnete und verdrillte Magnetfelder gibt“, berichtet Sara Issaou vom Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics in den USA. Die geladenen Teilchen des Plasmarings kreisen um diese Feldlinien und erzeugen polarisierte Strahlung, deren Schwingungsrichtung senkrecht zum Magnetfeld steht. Dieses Muster liefert damit wertvolle Einblicke darin, wie Schwarze Löcher über ihre Magnetfelder mit der Materie in ihrem Orbit wechselwirken.

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Vergleich M87* und Sagittarius A*
Vergleich der polarisierten Strahlung vom supermassereichen Schwarzen Loch M87* mit Sagittarius A*. © EHT Collaboration

Interessant ist jedoch auch, was der Vergleich von Sagittarius A* mit dem tausendfach größeren, 55 Millionen Lichtjahre entfernten Schwarzen Loch M87* enthüllt. „Bei dieser Stichprobe von zwei schwarzen Löchern – mit sehr unterschiedlichen Massen und sehr unterschiedlichen Wirtsgalaxien – gilt es herauszufinden, worin sie übereinstimmen und worin sie sich unterscheiden“, erklärt Mariafelicia De Laurentis von der Universität Neapel Federico II. Die neuen EHT-Aufnahmen zeigen nun, dass die Magnetfeldstruktur der beiden Schwarzen Löcher erstaunlich ähnlich ist, obwohl M87* so viel größer ist als unser heimischer Schwerkraftgigant.

„Beide Schwarze Löcher liefern Indizien für starke Magnetfelder. Das deutet darauf hin, dass dies ein universelles und vielleicht grundlegendes Merkmal dieser Art von Systemen sein könnte“, sagt De Laurentis.

Hat unser Schwarzes Loch einen verborgenen Jet?

Doch der Vergleich wirft auch eine Frage auf: Hat unser zentrales Schwarzes Loch womöglich doch einen Jet? Bisher ist strittig, ob es einen solchen Ausstrom von energiereichen Teilchen und Strahlung auch bei Sagittarius A* gibt. Zwar haben Radioteleskope südlich der galaktischen Hauptebene schwache Spuren von möglicher Jet-Strahlung entdeckt – eindeutig ist dies aber nicht. „Während wir bei M87* einen sehr offensichtlichen Jet beobachtet haben, konnten wir ihn bei Sagittarius A* bislang nicht finden“, erklärt De Laurentis.

Jetzt liefern die EHT-Aufnahmen weitere Indizien: Weil ein Jet auch die Magnetstruktur beeinflusst und umgekehrt, müsste sich das Polarisationsmuster eines jetlosen Schwarzen Lochs von dem eines Schwarzen Lochs mit Jet unterscheiden. Die Magnetstrukturen von M87* und Sagittarius A* stimmen jedoch auffallend gut überein. Das könnte dafür sprechen, dass auch unser Schwarzes Loch einen solchen Jet erzeugt – wenn auch einen eher schwachen und unauffälligen.

Nach Ostern gehen die Beobachtungen weiter

Mehr Klarheit über diese und andere Fragen könnte die nächste Beobachtungskampagne des Event Horizon Telescope liefern, die für April 2024 geplant ist. Zudem plant die Kollaboration für das nächste Jahrzehnt mehrere Erweiterungen des Teleskopnetzwerks, sowie der Bebachtungsbandbreite und -frequenzen die noch schärfere Aufnahmen ermöglichen könnten. Dies könnte klären, ob Sagittarius A* einen verborgenen Jet besitzt oder nicht.

Quelle: Event Horizon Telescope, Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian, European Southern Observatory (ESO)

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