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„Synthetischer Obsidian“ als Fälschung entlarvt

Imitationen natürlicher Gläser boomen, tragen aber nicht immer die richtige Bezeichnung

Kunstglas alias "synthetischer Obsidian" © B. Bruder (EPIGEM)

Unter Glasmachern galt es lange Zeit als hohe Kunst, Diamanten, Türkis oder Lapislazuli perfekt nachzubilden. Heutzutage sind solche Imitationen überflüssig geworden, da sich die meisten Edelsteine inzwischen künstlich herstellen lassen. Dafür boomen derzeit Nachahmungen von natürlichen Gläsern wie Obsidian oder Tektiten. Nun hat ein Wissenschaftler jedoch den angeblich ersten „synthetischen“ Obsidian als Fälschung entlarvt: Dieser Stein aus Kunstglas unterscheidet sich in seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften erheblich von seinem natürlichen Vorbild.

Glas ist seit Jahrtausenden ein beliebtes Material, um Schmuck und Ziergegenstände zu fertigen, wobei oft natürliche Mineralien und Edelsteine zum Vorbild genommen werden: Schon in alten ägyptischen Königsgräbern wurden Schmuckstücke mit einer blauen Glasbeschichtung gefunden, die dem schon damals hoch geschätzten Lapislazuli täuschend ähnlich sehen. Im 18. Jahrhundert gelang dann erstmals die brillante Imitation von Diamanten, so dass die Glasmacherkunst in der Folge eine wahre Blütezeit erlebte. Neben „echten“ Rubin-, Saphir- und Smaragd-Gläsern sind insbesondere aus dem Jugendstil kunstvolle Glasimitationen für Türkis, Lapislazuli und Koralle erhalten geblieben.

Glasimitationen für Edelsteine

„Mit der ersten erfolgreichen Züchtung von künstlichen Edelsteinen durch den Franzosen Verneuil im Jahr 1889 wurde dann allerdings der langsame Niedergang der Glasimitationen für hochwertige Edelsteine eingeläutet“, erläutert Bernhard Bruder vom Institut für Edelsteinprüfung (EPI). Der Mineraloge hat mit seinem Team unzählige echte und gefälschte Edelsteine unter die Lupe genommen und beobachtet ständig den Schmuck- und Mineralienhandel. „Heute können fast sämtliche Edelsteine, einschließlich Diamanten, synthetisch erzeugt werden, weshalb Glasimitationen hier nur noch eine untergeordnete Rolle spielen“, so Bruder weiter.

Glasimitation für Türkis, ca. 1950 © B. Bruder (EPIGEM)

Dafür boomen derzeit Glasnachahmungen von natürlichen Gläsern. So kamen nach dem Ausbruch des Mount St. Hellens im Jahr 1975 roter, grüner und blauer „Obsidian“ in den Handel, obwohl bei diesem Ausbruch keinerlei Lava ausgetreten war. „Bis heute ist allerdings keine einzige natürliche Fundstelle von rubinrotem, smaragdgrünem oder aquamarinblauem Obsidian bekannt geworden“, erklärt Bruder das erstaunliche Phänomen. „Dennoch werden diese Produkte unter immer neuen Fantasienamen, wie zum Beispiel Antikglas, Obsidialith oder Aquaflow angeboten.“

Spektralbereich entlarvt „synthetischen“ Obsidian

Die neueste Entwicklung geht nun nach Meinung des Edelsteinexperten dahin, künstliche Gläser als „synthetischen Obsidian“ zu vermarkten. Da Synthesen ihren natürlichen Vorbildern chemisch und physikalisch weitgehend entsprechen müssen, um diese Bezeichnung zu rechtfertigen, hat das Institut für Edelsteinprüfung natürliche und künstliche Gläser auf ihre chemische und physikalische Eigenschaften hin untersucht.

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„Die Ergebnisse ergaben einen signifikanten Unterschied sowohl in der Elementverteilung als auch in der Lichtdurchlässigkeit im infraroten Spektralbereich“, so Bruder. „In künstlichen Gläsern ist der Aluminiumgehalt deutlich niedriger als in den natürlichen Obsidianen und der Kaliumgehalt deutlich erhöht. Damit sind künstliche Gläser eindeutig verschieden von ihren natürlichen Vorbildern“, fasst der Mineraloge die Untersuchungen zusammen. Demzufolge gibt es im Schmuck- und Mineralienhandel auch weiterhin keinen synthetischen Obsidian, der diese Bezeichnung verdienen würde.

(Bernhard Bruder (EPI – Institut für Edelsteinprüfung), 15.12.2006 – AHE)

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