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Neurobiologie

Orte der Erinnerung

Das räumliche Umfeld hilft beim Erinnern an bestimmte Inhalte

Virtuelle Stadt, in der die Probanden Gegenstände an bestimmte Orte liefern mussten. Die räumliche Information bleibt im Gehirn eng verknüpft mit dem Gegenstand selbst. © University of Pennsylvania

Wie eng Erinnerungen mit Orten verknüpft sind, konnten Wissenschaftler aus Deutschland und den USA auf neuronaler Ebene belegen. Die Forscherteams konnten im Experiment zeigen, dass das menschliche Gedächtnis Inhalte mit räumlichen Markern belegt, die beim Abruf der Gedächtnisinhalte aktiviert werden. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Science“ publiziert.

Wo war ich, als ich meinen Schlüssel zuletzt in der Hand hatte? Die meisten Menschen haben schon häufiger die Erinnerung an einen Gegenstand mit einem bestimmten Ort in Verbindung gebracht. Genau diesen Vorgang haben Wissenschaftler des Epilepsiezentrums am Universitätsklinikum Freiburg und Neurowissenschaftler aus Philadelphia/USA mit Hilfe eines Virtual-Reality Experiments messen und nachweisen können.

Aktivität einzelner Nervenzellen lässt sich aufzeichnen

„Die Grundlage für diesen wesentlichen Erkenntnisschritt zu Mechanismen des menschlichen Gedächtnisses war die einzigartige Möglichkeit, bei Epilepsiepatienten die Aktivität einzelner Nervenzellen aufzuzeichnen und während geistiger Tätigkeit zu untersuchen“, sagt Andreas Schulze-Bonhage, Leiter des Freiburger Epilepsiezentrums. Die Freiburger Epilepsieforscher führten ihre Untersuchungen im Rahmen einer mehrjährigen Kooperation mit einer Forschergruppe um Michael Kahana von der University of Pennsylvania durch. In Freiburg schufen sie zum ersten Mal in Europa die technischen Möglichkeiten, um die Aktivität einzelner Nervenzellen beim Menschen zu registrieren.

Die Epilepsiepatienten wurden zur detaillierten Analyse ihrer Anfälle an Elektroden angeschlossen und nahmen freiwillig an einem in Philadelphia programmierten Virtual Reality-Experiment teil. Während sie entspannt in ihrem Krankenbett lagen, bewegten sie sich über einen Bildschirm wie in einem Computerspiel in einer virtuellen Stadt und lieferten Gegenstände an festgelegte Orte aus. Währenddessen wurde die Aktivität der Nervenzellen aufgezeichnet. Die Aktivierungsmuster an bestimmten Orten verglichen die Neurologen mit den Mustern beim Erinnern der dort verwendeten Gegenstände. Das Ergebnis war deutlich: Beim Erinnern an einen Gegenstand wiesen dieselben Nervenzellen im Hippocampus erhöhte Aktivität auf, die den Ort der Ablieferung kodiert hatten.

Place Cells kodieren Orte

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass unmittelbar vor dem Erinnern der im Spiel benutzten Objekte die räumliche Information reaktiviert wurde. Die Erinnerung an einen Gegenstand ist also direkt mit dem Ort der letzten Verwendung verknüpft. „Es ist bereits seit einiger Zeit bekannt, dass so genannte ‚Place cells‘ den Ort einer Person kodieren. Wir haben nun herausgefunden, dass diese Nervenzellen auch eine wichtige Rolle bei Gedächtnisprozessen spielen“, so Schulze-Bonhage.

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So war es möglich, anhand der Aktivität dieser Place cells vorherzusagen, welches Objekt einem Probanden als nächstes einfallen würde. Die Einbeziehung räumlicher Informationen in Gedächtnisinhalte erklärt, weshalb Erinnerungen, die mit demselben Ort verknüpft sind, gemeinsam reaktiviert werden können. Dies zeigt einmal mehr die enge Interaktion unterschiedlicher kognitiver Leistungen, hier der räumlichen Orientierung und des Gedächtnisses, im menschlichen Gehirn.

(Science, 2013; doi: 10.1126/science.1244056)

(Universitätsklinikum Freiburg, 29.11.2013 – AKR)

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