Anzeige
Paläontologie

Ein Bernstein-Ei zu Ostern

Fossiles Termiten-Paar hält sich schon seit 38 Millionen Jahren aneinander fest

Termiten in Bernstein
Dieses Termiten-Pärchen starb vor 38 Millionen bei einem Paarungsritual. © Aleš Buček (OIST/The Czech Academy of Sciences) /CC-by-sa 4.0

Der Osterhase hat diesen eiförmigen Bernstein zwar nicht gebracht, doch für Sammler würde er sich trotzdem als ganz besonderes Ostergeschenk eignen. Denn in ihm stecken zwei Termiten aus der Zeit vor 38 Millionen Jahren. Als flüssiges Baumharz das Insektenpaar damals einschloss, war es gerade bei einem Paarungsritual. Seine letzten Momente liefern nun erstaunliche Einblicke in längst vergangenes Verhalten.

In Bernstein sind Momentaufnahmen längst vergangener Zeiten verewigt. Von flüssigem und später versteinertem Baumharz umschlossen, hat die Vergangenheit uns zum Beispiel einen Mini-Dino, eine Krabbe, Spermien und hauchzarte Blüten hinterlassen. Ganz selten lassen sich aus Bernsteinfossilien sogar Verhaltensweisen und Beziehungen innerhalb eines Ökosystems rekonstruieren – zum Beispiel im Falle einer Echse, die zusammen mit ihren Aasfressern konserviert wurde.

Ein Online-Shop als Ausgrabungsstätte

Nun sind Paläontologen um Nobuaki Mizumoto vom Okinawa Institute of Science and Technology (OIST) auf eine weitere Bernstein-Szene gestoßen, die Aufschluss über das Verhalten der eingeschlossenen Tiere gibt. Sie zeigt zwei 38 Millionen Jahre alte Termiten der Art „Electrotermes affinis“ – ein Männchen und ein Weibchen. Sie liegen Seite an Seite, wobei die Mundwerkzeuge des Weibchens die Spitze des Hinterleibs des Männchens berühren.

„Termitenfossilien sind sehr häufig, aber dieses Stück war einzigartig, weil es ein Paar enthält. Ich habe schon Hunderte von Fossilien mit eingeschlossenen Termiten gesehen, aber noch nie ein Paar“, erklärt Seniorautor Aleš Buček, ebenfalls vom OIST. Entdeckt hat er das ursprünglich aus Russland stammende Fossil nicht etwa bei einer aufwendigen Ausgrabung, sondern im Internet – bei einem Online-Shop für Fossiliensammler.

Tod im Tandem

Ob der Shop-Besitzer sich im Klaren darüber war, welche Seltenheit er dort zum Verkauf anbot? Denn wie die Paläontologen berichten, zeigt die versteinerte Szene das Termiten-Pärchen in einer äußerst pikanten Situation: beim Tandemlauf, einem Paarungsritual unter Insekten. Paarungsbereite Männchen und Weibchen laufen dabei in engem Körperkontakt hintereinander her und sorgen so dafür, dass sie bei der Erkundung eines neues Nistplatzes zusammenbleiben.

Anzeige

Experimente mit lebenden Termiten bestätigen die Theorie von Mizumoto und seinen Kollegen. Wenn das beim Tandemlauf führende Tier im Labor an einer klebrigen Oberfläche hängenbleibt, flüchtet sein Partner nicht etwa, sondern läuft um es herum, bis er selbst kleben bleibt – und zwar in einer Position, die den Termiten im Bernstein sehr ähnlich ist. „Wenn ein Paar auf ein Raubtier trifft, fliehen sie normalerweise, aber ich denke, auf einer klebrigen Oberfläche erkennen sie die Gefahr nicht und sitzen in der Falle“, erklärt Mizumoto.

So ist es vermutlich auch vor 38 Millionen Jahren geschehen – und zwar in einem Wald an der Ostsee, aus dessen Harz das Bernstein-Ei besteht. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2024; doi: 10.1073/pnas.2308922121

Quelle: Okinawa Institute of Science and Technology (OIST) Graduate University

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Termiten - Lichtscheue Teamworker mit großem Hunger

Bücher zum Thema

Im Bernsteinwald - von Wilfried Wichard, Wolfgang Weitschat

Fossilien - Über 500 Versteinerungen von Helmut Mayr und Franz Höck

Top-Clicks der Woche