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Forscher / Entdecker

Tanz der Musen

Fürstliche Schatzkammern als Wiege der Museen

Der Begriff Museum ist an das griechische Wort Museion beziehungsweise an die lateinische Variante Musaeum angelehnt und bedeutet so viel wie Musenheiligtum. Ein Museum ist also per Wortdefinition ein Ort, an dem die antiken Schutzgöttinnen der Künste mit Tanz und Gesang an Vergangenes erinnern. Mittlerweile hat sich die Choreografie dieses „Musentanzes“ so gewandelt, dass ein Museum Ausstellungsstücke sammelt, sie zeigt, einordnet und damit Wissen über die Welt vermittelt.

Naturalienkabinett
Naturalienkabinette wie das abgebildete Museum Wormianum aus dem Jahr 1655 gelten als Vorläufer heutiger Naturkundemuseen. © Gemeinfrei

Wie alles begann

Es ist allerdings unklar, wann die Musen zum ersten Mal im Museum getanzt haben. Der Titel des ältesten Museums der Welt lässt sich nicht so eindeutig vergeben wie eine Kategorie im Guinness-Buch der Rekorde. Manche sagen, dass die Museumsgeschichte 1471 begann, als antike Skulpturen auf dem römischen Kapitol aufgestellt wurden. Andere werten das 1683 gegründete Ashmolean Museum für Kunst und Archäologie in Oxford als ältestes Museum der Welt.

Experten gehen davon aus, dass zumindest der Ursprung der Naturkundemuseen irgendwann im 16. Jahrhundert liegt. In einer Zeit, in der auch die Erforschung der Natur große Fortschritte machte. Für den Zeitgeist hieß das: Das Sammeln von Tieren, Pflanzen und Mineralien war voll im Trend. Zumindest für jene, die es sich leisten konnten. Zu diesem erlesenen Kreis gehörten vorrangig adelige Fürsten, die in Naturalienkabinetten und Schatzkammern allerhand Objekte anhäuften.

Als erstes umfassendes Naturalienkabinett gilt das zweite Obergeschoss des heutigen Residenztheaters in München. Schon in den 1570er Jahren konnten Besucher dort mehr als 6.000 Mineralien, Pflanzenabformungen, Tierpräparate und Kunstwerke bestaunen. Die Kammer war bereits in einem museumsähnlichen Rundgang angelegt – mit Exponaten, die auf Tischen, in Kästen und Schubladen auslagen.

Auch Apotheker und Ärzte sammelten eifrig

Neben der Naturalien-Begeisterung der Fürsten bildet auch die Sammelleidenschaft von Ärzten und Apothekern das Fundament heutiger Naturkundemuseen. Mithilfe der Pflanzen, Kräuter und Mineralien, die sie anhäuften, wollten die Heilkundigen von damals neue Heilmittel entwickeln. Ihre Sammlungen gingen allerdings häufig deutlich über dieses therapeutische Forschungsinteresse hinaus und wuchsen auch aus privater Leidenschaft. So hatte etwa der Schweizer Arzt und Naturforscher Conrad Gessner schon im Jahr 1565 eine beachtliche Fossiliensammlung zusammengetragen, die unter anderem Ammoniten, Seesterne und Fischzähne umfasste.

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Anfangs prangten in den Naturalienkabinetten der Apotheker vor allem Objekte, die sich einfach aufbewahren ließen, wie Gesteine, Skelettteile, Muscheln und getrocknete Pflanzen. Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erweiterten zwei neue Techniken das Spektrum sammelbarer Gegenstände: die Konservierung von Lebewesen in Alkohol und die Mikroskopie. Gleichzeitig verschob sich auch das generelle Sammelinteresse. Waren zuvor außergewöhnliche, skurrile und monströse Stücke hoch im Kurs gewesen, ging es ab dem Jahr 1700 vor allem um systematische Sammlungen.

Senckenberg
Im 19. Jahrhundert eröffneten einige der großen deutschen Naturkundemuseen unserer Zeit, darunter das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main. Das Bild zeigt den Neubau von 1907. © Gemeinfrei

Die Blütezeit deutscher Naturmuseen

Das 18. Jahrhundert markiert auch den allmählichen Umschwung vom privaten hin zum institutionellen Sammeln. Die Wurzeln von rund einem Dutzend heutiger Naturkundemuseen reichen in diese Zeit zurück, darunter von denen in Dresden und Kassel. Die meisten von ihnen beruhen auf umfangreichen fürstlichen Sammlungen. Der finale Durchbruch für deutsche Naturkundemuseen fand schließlich im 19. Jahrhundert statt. 1810 gründete sich das heutige Museum für Naturkunde in Berlin, das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main folgte 1817.

Mittlerweile gehören beide zu den größten und bedeutendsten Naturkundemuseen in ganz Europa. Auf den Ausstellungsflächen und in den Lagern beherbergen sie über 30 Millionen Objekte und locken jährlich hunderttausende Besucher in ihre Hallen. Dass sie überhaupt in solch pompösen Gebäuden untergebracht sind, haben sie einem Prestige-Hype während der Kaiserzeit zu verdanken.

Dieser Hype hatte zur Folge, dass Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts einige große Sammlungen in noble Neubauten zogen. Das steigende Ansehen der Naturkundemuseen führte allerdings auch zu einem Konkurrenzkampf unter ihnen. Es begann die Jagd auf immer größere und spektakulärere Ausstellungsstücke wie Dinosaurierskelette, Elefanten, Giraffen, Wale und Menschenaffen. Mit einigen heute fragwürdigen Methoden.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Zeitreise Museum
Vom Kuriositätenkabinett zur virtuellen Realität

Tanz der Musen
Fürstliche Schatzkammern als Wiege der Museen

Jagd, Diebstahl, Handel
Die düstere Vergangenheit der Exponate

Museum für alle
Von der elitären Sammlung zum Publikumsmagnet

Das Museum der Zukunft
Jetzt wird’s digital

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