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Die Vorgeschichte

Vom Urzeitmeer zum Salzbergwerk

Der Salzstock Asse liegt heute rund 13 Kilometer südöstlich der niedersächsischen Stadt Wolfenbüttel in einer sanft-hügeligen Landschaft. Doch seine Geschichte reicht in eine Zeit zurück, als diese Gegend noch unter Wasser lag – am Grund eines flachen, warmen Meeres.

Querschnitt Asse
In diesem geologischen Schnitt durch die Asse sind die sattelförmig aufgewölbten Salzschichten in blaugrünen Farbtönen zu erkennen. © Benedikt Seidl, Gretarsson/ CC-by-sa 3.0

Wie der Salzstock entstand

Seinen Ursprung hat der Salzstock in den Meeresvorstößen der Zechsteinzeit. Damals, vor 230 bis 250 Millionen Jahren, wurde Mitteleuropa immer wieder von Ausläufern eines warmen, flachen Meeres bedeckt. Immer, wenn diese Lagunen austrockneten, hinterließen sie allmählich dicker werdende Salzschichten. Dann, vor 110 Millionen Jahren, wurden diese zuvor flachen Schichten durch tektonische Prozesse anhoben und aufgefaltet, der von Nordwesten nach Südosten verlaufene Asse-Höhenzug entstand.

In diesem Höhenzug liegt heute der sattelförmige Salzstock – teilweise nur unter einer wenige Meter dicken Deckschicht. Dass sich unter der Asse reiche Salzvorkommen verbergen, entdeckt man Ende des 19. Jahrhunderts durch erste Testbohrungen. Schon 1899 werden daraufhin erste Schächte in den Salzstock getrieben und Kalisalz aus dem Bergwerk Asse I gefördert. Das allerdings geht nicht lange gut: Ab 1905 strömt so viel Salzlauge in das Bergwerk ein, dass man Asse I bereits im Jahr 1906 wieder aufgeben muss.

Asse II: Salzabbau mit Komplikationen

Doch die Salzvorkommen sind zu verlockend, um es nicht noch einmal zu versuchen: 1,4 Kilometer südöstlich der abgesoffenen Asse I beginnt im Jahr 1906 der Salzabbau im Bergwerk Asse II. Zunächst fördert man dort vor allem Kalisalz, dann folgt Steinsalz aus immer größeren Tiefen. Für einen maximalen Ertrag lassen die Bergwerksbetreiber die Abbaukammern dicht an dicht anlegen. Insgesamt werden bis zum Ende des Salzabbaus im Jahr 1964 mehr als die Hälfte des 490 bis 775 Meter tief liegenden Salzgesteins abgebaut – der Salzstock ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse.

Schon in der Zeit des Salzabbaus kommt es immer wieder zu Komplikationen: Das plastische Salz verformt sich, Decken sinken ab und Wände bekommen Risse. Um das Bergwerk zu stabilisieren und ein Einbrechen des Salzstocks zu verhindern, werden einige nicht mehr benutzten Schächte und Gänge schon in den 1920er Jahren mit teils feuchtem Abraum aufgefüllt. Probleme bekommt auch das 1911 direkt östlich von Asse II angelegte Bergwerk Asse III: Schon während seines Baus dringt immer wieder Salzlauge in die Schächte ein. Es wird 1924 aufgegeben.

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Asse II
Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Maschinenhalle der Schachtanlage Asse II. © Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH

„Asse II ist trocken“

Trotz dieser wenig optimalen Ausgangssituation gelten Salzstöcke und insbesondere das Bergwerk Asse II als stabil genug, um künftig eines der heikelsten Entsorgungsprobleme des Landes zu lösen: das Atommüllproblem. Obwohl zu dieser Zeit, in den 1960er Jahren, das Atomzeitalter erst begonnen hat und die deutschen Atomkraftwerke bislang nur auf dem Papier existieren, ist der Regierung klar, dass radioaktive Abfallprodukte anfallen werden – und diese müssen irgendwo hin.

Das gerade stillgelegte Bergwerk Asse II soll daher zum Versuchsendlager werden. 1965 kauft die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) das Bergwerk im Auftrag des Bundes dem Betreiber Wintershall ab – obwohl schon damals Zweifel an der Eignung bestehen. So berichten Fachgutachter nach einer Besichtigung im Jahr 1964, dass auf der tiefsten Ebene, der 750-Meter-Sohle, täglich rund 700 Liter Salzlauge aus dem Bereich der alten Kali-Abbaugebiete einströmen. Allerdings hält man dies durch Zementdämme für beherrschbar.

Trotz dieser Informationen wird Asse II von den Verantwortliche für ausreichend trocken und geeignet erklärt. Noch 1972 erklärt Klaus von Dohnanyi, damals Staatsekretär im Wissenschaftsministerium: „Das Eindringen von Wasser kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.“

1967 wird das Bergwerk Asse II offiziell zum Versuchsendlager für schwach- und mittelradioaktive Atomabfälle erklärt. Aus dem Salzstock wird damit eine Deponie für den strahlenden Müll aus Forschungsreaktoren, aus medizinischen Anwendungen und aus Atomkraftwerken.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Asse II: Verstrahltes Erbe
Atommüll, ein Versuchsendlager und der Rückholplan

Die Vorgeschichte
Vom Urzeitmeer zum Salzbergwerk

Was liegt in der Asse?
Atomare Abfälle auf drei Ebenen

Deformiert und abgesoffen
Warum die Asse nicht mehr sicher ist

"Einfach zuschütten"
Das erste Schließungskonzept für die Asse

Die Rückholung
Wie der Atommüll aus der Asse geborgen werden soll

Wohin damit?
Was mit dem Atommüll aus der Asse passiert

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