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Biologie

Attraktive eingeschleppte Arten haben es leichter

Universität Wien

Die äußeren Werte zählen: Ihre Attraktivität – ihr Charisma – hat einen erheblichen Einfluss auf die Einschleppung und das Image gebietsfremder Arten und kann sogar deren Eindämmung behindern. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Czech Academy of Sciences und des deutschen Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei mit Beteiligung von Forscher*innen um Franz Essl von der Universität Wien hat den Einfluss von Charisma auf den Umgang mit gebietsfremden Arten untersucht. Die Studie wird in „Frontiers in Ecology and the Environment“ veröffentlicht.

Immer mehr Tiere und Pflanzen werden von Menschen aus ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet verschleppt – bewusst und unbewusst. Die meisten davon können sich nicht an die neuen Lebensbedingungen anpassen, manche aber etablieren sich fest. „Einige gebietsfremde Arten werden für heimische Arten zum Problem – als Räuber, Konkurrenten um Nahrung und Lebensraum oder Überträger von Krankheiten“, erklärt Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien, einer der Mitautor*innen der Studie. Als Zierpflanze, Aquarienbewohner oder exotisches Haustier werden charismatische Arten häufiger bewusst eingeschleppt als unscheinbare Spezies, so die Forscher*innen. „Je häufiger die Einschleppungen und je größer die Zahl der jeweils eingeführten Individuen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Art etabliert“, sagt Essl.

Attraktive Arten werden gesellschaftlich eher akzeptiert

Die gesellschaftliche Akzeptanz von attraktiven gebietsfremden Arten mit Charisma ist höher als von unattraktiven eingeschleppten Arten. Das kann zu Akzeptanzproblemen von Naturschutzmaßnahmen führen, die die Ausbreitung einer Art eindämmen sollen: „Ein als schön oder niedlich empfundenes Äußeres kann das Management von gebietsfremden Arten erheblich erschweren, weil dann oft die öffentliche Unterstützung fehlt“, bedauert Bernd Lenzner, Mitautor der Studie und Forscher an der Universität Wien. So wurde beispielsweise in Italien das Programm zur Kontrolle des eingeschleppten Grauhörnchens – und zum Schutz des heimischen Eichhörnchens – durch Interessengruppen mithilfe niedlicher Comicfiguren verhindert.

Forscher*innen und Öffentlichkeit sind zugunsten attraktiver gebietsfremder Arten voreingenommen

Die Forschungsschwerpunkte zu gebietsfremden Arten werden weitgehend durch ihre ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen bestimmt. Und doch gibt es einen stärkeren Fokus auf Wirbeltiere als auf Wirbellose sowie auf große und charismatische Arten. „Das Interesse der Öffentlichkeit und auch der Forschung konzentriert sich überwiegend auf die charismatischen Arten. So können einseitige Wissenslücken entstehen, die dazu führen, dass Schutzmaßnahmen falsch priorisiert werden“, bemängelt Lenzner.

Deshalb sei es wichtig, sich den Einfluss von Charisma auf den Umgang mit gebietsfremden Arten bewusst zu machen und Akteur*innen zu sensibilisieren. „Bei der Planung und Umsetzung von Managementmaßnahmen ist dieser Aspekt besonders wichtig. Konflikte, insbesondere wenn sie charismatische Arten betreffen, können aus der offensichtlichen Unvereinbarkeit zweier unterschiedlicher ethischer Perspektiven entstehen: zwischen denen, die dem Schutz des Ökosystems oder der Erhaltung der heimischen Arten Priorität einräumen, und denjenigen, die sich um das Wohlergehen der betreffenden gebietsfremden Art sorgen“, unterstreicht Lenzner die Bedeutung der Ergebnisse.

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Die Aktivitäten der Menschen rund um den Globus haben in den letzten Jahrzehnten zu einer rasant steigenden Einführung von Arten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets geführt. Tausende Pflanzen und Tiere sind nun in Regionen ansässig, die sie ohne die Hilfe des Menschen nie erreicht hätten. Um effizient die Bekämpfung von problematischen gebietsfremden Arten durchführen zu können, ist es unerlässlich die Bedeutung von Charisma zu verstehen. (Frontiers in Ecology and the Environment, 2020; doi: 10.1002/fee.2195)

Quelle: Universität Wien

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