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Astronomie

Doppelsterne als Planetenschleuder

Sich eng umkreisende Sterne erzeugen sich ausweitende Zone der Instabilität

Manche Planeten umkreisen nicht nur einen, sondern gleich zwei Sterne - zum Beispiel der Exoplanet Kepler-16b. © NASA/ JPL-Caltech/ T. Pyle

Riskante Umgebung: Planeten um enge Doppelsterne leben gefährlich. Denn sie haben ein besonders großes Risiko, durch Schwerkraft-Turbulenzen aus ihrer Bahn und aus dem System geworfen zu werden, wie Astronomen herausgefunden haben. In Doppelsternen, die weniger als 7,5 Tage für ihre Umkreisung benötigen, ist daher die Chance auf Planeten deutlich geringer. Spannend auch: Der interstellare Asteroid ‚Oumuamua wurde wahrscheinlich ebenfalls von einem solchen System ausgeschleudert.

Auch wenn sich das Sonnensystem nur um einen Stern dreht – im Weltall sind Doppelsterne wahrscheinlich sogar häufiger als Einzelgänger wie unsere Sonne. Das weckt die Frage, wie es um Planeten um solche Doppelsysteme steht. Tatsächlich haben Astronomen bereits erste Exoplaneten mit zwei Sonnen entdeckt. Unter ihnen sind sowohl Gasriesen als auch Welten in der potenziell lebensfreundlichen Zone ihrer Sterne.

Seltsam jedoch: Insgesamt haben Astronomen bisher weniger Planeten mit zwei Sonnen entdeckt als erwartet. Besonders die engen Doppelsterne scheinen eher planetenarm zu sein. Eine mögliche Erklärung dafür haben nun David Fleming von der University of Washington in St Louis und seine Kollegen entdeckt. Für ihre Studie hatten sie anhand physikalischer Modelle untersucht, welche Kräfte in engen Doppelsternsystemen wirken und wie sich diese auf Planeten auswirken könnten.

Enge Paarung verändert Orbits

Das Ergebnis: Wenn zwei Sterne einander sehr eng umkreisen, beeinflussen ihre Schwerkraftwechselwirkungen im Laufe der Zeit auch ihr Verhalten. Ihre Orbits verändern sich von ursprünglich elliptisch zu kreisrund, gleichzeitig verlangsamen Gezeitenkräfte ihre Rotation, wie die Forscher berichten. Im Extremfall gleichen sich die Drehungen der beiden Sterne so stark an, dass sie einander immer die gleiche Seite zukehren – ähnlich wie der Mond der Erde.

Diese Angleichung der Rotation hat jedoch einen weiteren Effekt auf die Bahnen der Sterne: Sie weiten sich. „Die Gezeitenkraft übertragen einen Teil des Drehmoments von der Rotation der Sterne auf ihre Orbits“, erklärt Fleming. „Das macht die Umlaufbahnen der Sterne umeinander größer.“

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Instabile Zone

Für Planeten in solchen Systemen bedeutet das: Die Zone, in der ein stabiler Orbit um beide Sterne möglich ist, wandert ebenfalls weiter nach außen. Und genau hier liegt das Problem: „Die sich ausdehnenden stellaren Orbits erfassen nun Regionen, die zuvor sicher waren“, erklärt Flemings Kollege Rory Barnes. Ein Planet, der sich in dieser Zone gebildet hat, gerät damit nun in Schwerkraft-Turbulenzen.

„Es gibt eine Region in solchen Systemen, die man besser nicht kreuzt – wenn man sich dort aufhält, wird man aus dem System geschleudert“, sagt Barnes. Wie er und seine Kollegen ermittelten, könnte dieses Schicksal bei 87 Prozent der engen Doppelsternsysteme mit Planeten mindestens einen Planeten treffen. Und das sei noch konservativ geschätzt, sagt Barnes. Der Anteil könnte sogar bis zu 99 Prozent betragen.

Wichtig Suche nach Erdzwillingen

Wichtig sind diese neuen Erkenntnisse vor allem für die Suche nach potenziell lebensfreundlichen Planeten im Kosmos. Denn wie die Astronomen erklären, macht es wenig Sinn, bei Doppelsternen mit einer Umlaufperiode von weniger als 7,5 Tagen nach solchen Erdzwillingen zu suchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Planeten längst von ihren Sternen „ausgestoßen“ wurden, sei zu groß.

Spannend sind die Ergebnisse aber auch im Hinblick auf andere „Opfer“ solcher Doppelsterne: Erst vor kurzem haben Astronomen darüber spekuliert, dass der interstellare Asteroid ‚Oumuamua ursprünglich aus einem solchen engen Doppelsternsystem stammen könnte. Auch sie kamen zu dem Schluss, dass solche stellaren Konstellationen für Himmelskörper in ihrer Umgebung eher abträglich sind. (Astrophysical Journal, in press; arXiv:1804.03676)

(University of Washington, 19.04.2018 – NPO)

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