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Frage: Warum verlieren nicht alle Bäume im Herbst ihre Blätter?

Wissenswert

Herbstblätter © Harald Frater

Der Herbst ist da und mit ihm beginnen auch die Blätter der meisten Bäume sich rot, gelb oder bräunlich zu verfärben. In wenigen Wochen werden Eichen, Buchen oder Kastanien dann ihr Laub vollkommen verloren haben. Tannen, Fichten und andere Nadelbäume allerdings scheinen vom herannahenden Herbst und Winter vollkommen unberührt: Ihre Nadeln sind so grün wie eh und je und bleiben auch im tiefsten Winter dran. Und auch einige immergrüne Büsche trotzen dem fast allgegenwärtigen Laubfall. Aber warum? Wieso werfen einige Bäume und Sträucher ihre Blätter ab und andere nicht?

Die meisten Pflanzen haben im Winter nicht nur ein Kälte-, sondern vor allem ein Wasserproblem, wie Peter Nick vom Botanischen Institut am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erklärt: „Im Winter gefriert der Boden, aus dem gefrorenen Boden kann daher kein Wasser nachfließen“, sagt der Botaniker. Weil vor allem Laubbäume bei der Photosynthese aber viel Wasser über ihre Blätter verdunsten, fehlt ihnen bei Frost der Wasser-Nachschub. „Die Pflanzen würden bei voller Belaubung deswegen praktisch gefriergetrocknet“, ergänzt Thomas Stützel, Botaniker von der Ruhr-Universität Bochum. Um das zu vermeiden, werfen viele Laubbäume in unseren Breiten die Blätter komplett ab. Sie vermeiden dadurch zudem, dass Tiere sich in der kargen Winterzeit an den Blättern gütlich tun.

Bevor die Blätter aber abfallen, recycelt der Baum aus ihnen noch schnell alles, was er verwerten kann. Dazu gehören vor allem die stickstoffhaltigen Eiweißbausteine, weil Stickstoff ein wichtiger Pflanzennährstoff ist, wie Nick erklärt. Die Pflanze wandelt diese Bausteine in lösliche Verbindungen um und transportiert sie in Stamm und Wurzel, quasi als Nährstoff-Vorrat. In den Blättern bleiben als Reste dieses Abbaus gelb und rot gefärbte Farbstoffe zurück. Sie sorgen für das typisch bunte Herbstlaub.

Nadelbäume sind sparsamer

Die meisten Nadelbäume verlieren ihre Blätter dagegen nicht. Sie sind von Natur aus besser an Trockenheit und Kälte angepasst: Eine Wachsschicht auf den Nadeln sorgt dafür, dass sie weniger Wasser über ihre ohnehin schon drastisch verkleinerte Blattfläche verlieren. Zusätzlich haben Tanne, Fichte und Co. ihre Spaltöffnungen – winzige Luken für den Gasaustausch mit der Umwelt – tief in Höhlungen der Nadelunterseite eingesenkt. „Sie können daher mit wenig Wasser auskommen und können ‚es sich leisten‘ ihre Nadelblätter zu behalten“, erklärt Nick.

Da viele Nadelbäume in Regionen vorkommen, in denen die Winter sehr lang sind, bringt es ihnen sogar einen Vorteil, wenn sie „durchhalten“: „Viele Nadelbäume behalten die Blätter, weil in den Gebieten in denen sie vorkommen, im Frühsommer immer noch Frost und im Frühherbst schon wieder Frost auftreten kann“, erklärt Stützel. Die Zeit mit ausreichend Helligkeit und Wärme sei dort zu kurz, um erst die Blätter zu bilden und dann noch ausreichend Energie für Früchte und Samen zu sammeln. „Dann kann man die Blätter auch gleich ganz behalten“, so der Forscher.

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Ausnahmen gibt es bei Nadel- und Laubbäumen

Warum aber verliert die Lärche ihre Blätter, die doch auch zu den Nadelbäumen gehört? „Die Lärche ist an besonders kalte Gebiete angepasst, an Hochgebirge und den hohen Norden, wo die Frosttrocknis besonders stark ist“, erklärt Nick. Da sind auch die normalerweise bei Nadelbäumen üblichen Anpassungen nicht mehr ausreichend, um den Winter unbeschadet zu überstehen. „Sie zieht daher die ‚Reißleine‘ und wirft die Blätter ab, um dadurch Wasserverluste im Winter auszuschließen“, sagt der Botaniker.

Aber es gibt nicht nur Nadelbäume, die im Winter grün bleiben: Auch einige Laubbäume und Sträucher wie Kirschlorbeer oder Rhododendron, behalten ihre Blätter. Diese Pflanzen kommen meist aus Regionen, in denen die Winter eher kurz und mild sind. Für sie lohnt es sich daher oft kaum, die Blätter abzuwerfen und aufwändig im Frühjahr neu zu produzieren. „Wenn es für die Pflanzen billiger ist, die alten zu behalten als neue zu machen, dann tun sie das“, sagt Stützel. Das hänge in erster Linie vom Klima ab. Bei uns überleben manche immergrünen Laubbäume und Sträucher zwar trotz der kühleren und längeren Winter, gegen die einheimische Konkurrenz würden sie aber langfristig verlieren. „Sie haben deshalb nur als Gartenpflanzen eine Chance“, erklärt Stützel.

26.10.2012 – NPO

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