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Geowissen

"Rülpst" der Ozean, wird es warm

Bohrschiff erkundet Methanfreisetzung

Bohrkernanalyse © RCOM

Das Bohrschiff "JOIDES Resolution" hat zwischen März und Mai diesen Jahres mehrere Kilometer Tiefseesedimente aus dem Meeresboden vor Namibia erbohrt. Jetzt sollen die an sechs Stellen gewonnenen Bohrkerne ihre Geheimnisse preisgeben. Ein internationales Wissenschaftlerteam, darunter auch die beiden Deutschen Teilnehmer der Expedition, Dr. Ursula Röhl vom DFG-Forschungszentrum Ozeanränder in Bremen und Dr. Dirk Leuschner von der Universität Leipzig, beprobt und untersucht derzeit die Kerne im Lager des internationalen Ozean-Bohrprojektes (ODP) in Bremen. Erstmals wurde über die wissenschaftliche Ziele der Expedition bereits Mitte Juni im Fachblatt "Nature" berichtet.

Das international zusammengesetzte Wissenschaftlerteam erwartet von den Kernen u. a. Auskunft über ein globales Ereignis von vor 55 Millionen Jahren. Damals kletterte die Temperatur der Meeresoberfläche innerhalb weniger Tausend Jahre um bis zu 7-8°C. Auslöser war ein "Rülpser" des Ozeanbodens. Dabei wurde eine riesige Menge des Treibhausgases Methan abrupt in die Ozeane und die Atmosphäre freigesetzt. Vorher lagerte es als so genanntes Methanhydrat im Meeresboden. So lange das Methan in dieser Form gebunden ist besteht kein Problem. Doch die eisähnlichen Strukturen sind nur unter bestimmten Druck- und Temperaturbedingungen stabil. Erwärmen Meeresströmungen diese Lagerstätten oder lässt der Druck nach entweicht das Gas. Dabei verändert sich auch die Chemie des Meerwassers – durch die Reaktion mit Sauerstoff entsteht CO2 und das Meerwasser wird saurer. Eine der Folgen ist, das die Kalkschalen, die kleine Einzeller oder auch Muscheln aufbauen, sich auflösen. Normalerweise machen die Schalen von Mikroorganismen einen Großteil des Sedimentes am Meeresboden aus.

Dreidimensionale Darstellung der Protonenleitfähigkeit bei einer Ortsauflösung von zehn Nanometern. Die Leitfähigkeit zeigt scharfe Spitzen oder Bündel von Spitzen, dazwischen liegen „schlafende“ Bereiche. © Universität Stuttgart

Farbspiele tief im Meeresboden

"Als wir die Kerne im Labor untersuchten waren wir erstaunt: der Farbwechsel von hellen, mit vielen Schalen durchsetztem Kalkschlamm zu rotem, tonigen Material war in den Kernen, die diese Grenze umfassen, sehr abrupt", erinnert sich Röhl, die für die zeitliche Einordnung der einzelnen Schichten in den Kernen zuständig ist. Als vor 55 Millionen Jahren über einen Zeitraum von ca. 30.000 Jahren eine große Menge an Methan in die Ozeane gelang, lösten sich die Kalkschalen am Meeresboden auf. Wie viel Methan in dieser Zeit ausgetreten ist, wollen die Wissenschaftler herausfinden, in dem sie u. a. untersuchen, wie großflächig der Kalk aufgelöst wurde und wie lange es gedauert hat, bis wieder Kalk abgelagert wurde. Erste Ergebnisse deuten an, dass dies ca. 50.000 Jahre dauerte. Noch einmal genauso lange brauchte es, bis sich wieder ein "Normalzustand" einpendelte.

5 x 5 x 5 Millimeter grosser Ausschnitt eines Rückenwirbelknochens unter einer Belastung, die dem Gewicht der Person im Stehen entspricht. Die in grün und blau dargestellten Regionen entsprechen „stärkeren“ Knochen. Die rötlichen Regionen „schwächeren“ Knochen. © ETH Zurich, IBM Research

Klimazukunft am Meeresboden

Auf die Frage, was dazu geführt hat, dass sich die Methanhydrate überhaupt aufgelöst haben, soll jetzt die Untersuchung an den neuen Bohrkernen Antwort erteilen. "Mit der Hilfe neuer Bohrtechniken war es uns möglich Kerne von herausragender Qualität und Vollständigkeit zu bergen", sagt Leuschner, "Dennoch mussten wir Geduld mitbringen, bevor wir Kerne hatten, die die besonders interessanten Übergangszonen unverändert durch den Bohrvorgang zeigten." Aber bei Material, dass 200 bis 300 Meter unter dem Ozeanboden bei Wassertiefen von bis zu 4.800 Metern geborgen wird, ist das verständlich. Die Antworten auf die Fragen der Wissenschaftler sind nicht nur für Klimarekonstruktion der Vergangenheit interessant, denn auch heute lagern weltweit im Meeresgrund riesige Mengen an Methanhydrat, die unser Klima beeinflussen könnten.

Weitere Informationen: Nature, vol. 423, 12 Juni 2003, www.rcom-bremen.de

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(DFG-Forschungszentrum Ozeanränder Bremen, 13.08.2003 – Kirsten Achenbach / DFG-Forschungszentrum Ozeanränder Bremen (RCOM))

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