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Forscher / Entdecker

Halley und die Astronomie

Von der Sternenkarte über den Merkurtransit bis zum Kometen

Auch wenn Edmond Halley ein echter Allrounder der Wissenschaft ist: Seine Liebe zur Astronomie zieht sich durch sein gesamtes Leben. Sie bildet die Klammer, die den Beginn und das Ende seiner Karriere verbindet – von den Anfängen als junger Hobbyastronom bis zur Position als königlicher Hofastronom, die Halley die letzten 21 Jahre seines Lebens bekleidet.

Sternentafeln
Zu Halleys Studienzeit bildeten die auf Tycho Brahes Sternenbeobachtungen basierenden und von Johannes Kepler editierten Sternentafeln die Basis der Astronomie. © historisch

Forschungsreise statt Studium

Schon als Schüler studiert Halley den Himmel und kann dafür – dank seines wohlhabenden Vaters – einige für die damalige Zeit modernste astronomische Instrumente nutzen. Zu seinem „Werkzeugkasten“ gehören unter anderem ein sieben Meter langes Teleskop und ein 60 Zentimeter großer Sextant, die der erst 17-jährige Astronom im Jahr 1673 auch zum Studium nach Oxford mitnimmt. In schneller Folge veröffentlicht Halley in den nächsten drei Jahren drei Fachartikel zu astronomischen Themen, darunter Sonnenflecken, eine Marsbedeckung durch den Mond und Korrekturen der gängigen astronomischen Tabellen.

Doch relativ schnell wird Halley klar, dass die Astronomie seiner Zeit eine entscheidende Lücke aufweist: „Er erkannte, dass der Fortschritt der exakten Astronomie zum größten Teil von einem präziseren Wissen der Sternenpositionen abhängt“, erklärte der britische Hofastronom Harold Spencer Jones im Jahr 1946 bei einem Vortrag. Nur wenn die Sternenpositionen bekannt sind, lassen sich bestimmte astronomische Theorien überprüfen, gleichzeitig werden solche Sternenkarten auch dringend für die Navigation auf See benötigt. Aber gerade für die südlichen Breiten fehlen diese Angaben damals noch weitgehend.

Daraufhin ergreift Halley die Initiative: Im Jahr 1676 schmeißt er sein Studium hin und überredet seinen Vater, ihm eine Forschungsreise zur Südhalbkugel zu finanzieren. Sogar den damaligen König Charles II. kann der ehrgeizige Jungforscher zur Mithilfe bewegen: Der König weist die Ostindische Handelskompanie an, Halley und seinen Kollegen zur Insel St. Helena im Südatlantik mitzunehmen – dem damals südlichsten Territorium unter britischer Herrschaft.

St. Helena
Die Insel St. Helena war ab 1658 im Besitz der Ostindischen Handelskompagnie und damit Teil des britischen Territoriums. Hier ein zeitgenössischer Kupferstich. © historisch

Sternenkarte, Merkurtransit und eine neue Idee

Auf St. Helena bleibt Halley 18 Monate lang und kartiert in dieser Zeit die Positionen von 341 hellen Sternen der Südhalbkugel. Auf dieser Basis erstellt er den ersten Sternenkatalog dieser Hemisphäre. Außerdem entdeckt er einen neuen Sternhaufen im Sternbild Centaurus und beobachtet erstmals einen Merkurtransit von Anfang bis Ende. Dies gibt Halley den Anstoß für eine weitere astronomische Idee: Er schlägt vor, solche Passagen von Merkur und Venus vor der Sonne zu nutzen, um den Abstand von Sonne, Erde und diesen Planeten genauer zu kalkulieren.

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Das Prinzip dahinter: Die genauen Eintritts- und Austrittszeiten des Planeten in die Sonnenscheibe variieren je nachdem, von wo auf der Erde man den Transit beobachtet. „Aus diesen Unterschieden, genau beobachtet, kann die Parallaxe der Sonne bestimmt werden, und das ohne irgendwelche anderen Instrumente außer Teleskopen und guten, gewöhnlichen Uhren und ohne andere Qualifikationen der Beobachter als Zuverlässigkeit und Sorgfalt, mit ein wenig Geschick in Astronomie“, beschreibt Halley nach seiner Rückkehr das Verfahren.

Halley erlebt zwar keinen Transit mehr, aber seine Veröffentlichungen sorgen dafür, dass beim Venustransit im Jahr 1761 die weltweite astronomische Gemeinschaft mobilisiert wird: Mindestens 120 Beobachter richten an 62 verschiedenen Orten der Welt ihre Teleskope gen Himmel.

Rätsel um die Bahn der Kometen

Die astronomische Entdeckung, für die Edmond Halley bis heute berühmt ist, macht der junge Wissenschaftler jedoch erst nach seiner Rückkehr nach England. Anstoß dafür geben zwei Kometen, die im Jahr 1680 und 1682 am Himmel sichtbar werden. Allerdings herrscht zu diesem Zeitpunkt noch Uneinigkeit darüber, wie sich diese „Schweifsterne“ bewegen: Sind sie nur kosmische Vagabunden, die manchmal zufällig in Erdnähe geraten. Oder folgen sie womöglich geregelten Bahnen ähnlich wie die Planeten?

Zwar berichtet der italienische Astronoem Giovanni Cassini Halley schon 1681 von seiner Idee, dass auch die Kometen regelmäßigen Bahnen um die Sonne folgen. Doch den Astronomen fehlt die mathematisch-physikalische Basis, um genauere Bahnberechnungen für die Kometen durchzuführen. Dadurch sind sie sich bei vielen Beobachtungen nicht einmal sicher, ob es sich um zwei Sichtungen desselben Kometen handelt oder um zwei verschiedene. Im Falle des Kometen von 1680 streiten sich darüber auch der englische Hofastronom John Flamsteed und Isaac Newton.

Halleys Brief
Ausschnitt aus einem Brief Halleys an Isaac Newton, in dem er vermutet, dass der Komet von 1682 schon vorher dreimal aufgetaucht ist. © historisch

Mehr Klarheit bringen erst Newtons Erkenntnisse zu den Gesetzmäßigkeiten der Planetenbahnen unter dem Einfluss der Gravitation. Er postuliert, dass Kometen wahrscheinlich exzentrischen Bahnen folgen. Ob diese elliptisch oder parabolisch sind, ist jedoch noch strittig. Halley macht sich nun daran, mithilfe von Newtons Gleichungen die Beobachtungsdaten von 24 hellen Kometen zu analysieren, die seit 1337 beobachtet und dokumentiert worden sind.

Der Jupiter mischt mit

Dabei fallen dem Astronomen Parallelen zwischen dem Kometen von 1682 und früheren Beobachtungen auf: Halley schreibt an Newton: „Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass wir diesen Kometen nun schon dreimal seit dem Jahr 1531 gesehen haben.“ Das Merkwürdige jedoch: Die Kometensichtungen von 1531, 1607 und 1682 folgen nicht in genau den gleichen Intervallen aufeinander – es gibt Abweichungen von bis zu 15 Monaten.

Beim Grübeln über dieses Phänomen erinnert sich Halley daran, dass Newton bei der Berechnung der Planetenbewegungen ebenfalls auf leichte Abweichungen gestoßen ist. Er erklärt diese mit Schwerkraft-Wechselwirkungen der Planeten untereinander, vor allem durch die großen Planeten Jupiter und Saturn. Halley schreibt an Newton: „…bedenke, um wie viel mehr die Bewegung eines Kometen durch die Zentren von Jupiter und Saturn gestört werden könnte (…) und welchen Unterschied dies in der Umlaufzeit eines Kometen machen würde.“

der Halley'sche Komert
Halley erkannte als erster, dass der heute nach ihm benannte Komet regelmäßig in Erdnähe vorbeifliegt und sagte als erster seine Wiederkehr und den Zeitpunkt des Wiederauftauchens voraus. © NASA

Die Wiederkehr des Kometen

Ausgehend von diesen Überlegungen rekonstruiert Halley die Bahn des Kometen von 1682 und ermittelt, dass dieser offenbar in Abständen von rund 76 Jahren in Erdnähe vorbeifliegt. 1705 veröffentlicht er seine Ergebnisse und erstellt erstmals auch eine Prognose dafür, wann der Komet wieder in Erdnähe erscheinen wird. Unter Berücksichtigung der Störeinflüsse des Jupiter sagt Halley voraus, dass der Komet im Jahr 1758 das nächste Mal auftauchen wird.

Und tatsächlich: Am 25.Dezember 1758 – 16 Jahre nach Halleys Tod – erhascht ein Amateurastronom einen ersten Blick auf den wiederkehrenden Kometen. Wie von Halley vorhergesagt, hat der Schwerkrafteinfluss des Jupiter dessen Ankunft verzögert. Zu Ehren des Astronomen und der von ihm als erstem erkannten Periodizität trägt dieser kurzperiodische Komet seither den offiziellen Namen 1P/Halley.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Edmond Halley – mehr als nur Kometen
Über die vergessenen Pionierleistungen eines Universalgenies

Halley und seine Zeit
Wie ein Allroundtalent zum Geburtshelfer der modernen Wissenschaft wurde

Halley und die Astronomie
Von der Sternenkarte über den Merkurtransit bis zum Kometen

Das Geheimnis des Wassers
Halley und der Wasserkreislauf

Wetterkarte und Magnet-Missweisung
Halley als Geophysiker, Kartograf und Meteorologe

Feinde und Förderer
Warum Halley bei vielen Zeitgenossen aneckte

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