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Forscher / Entdecker

Ferner liefen…

Die vergessenen "Mittäterinnen"

Es gibt noch eine Gruppe von herausragenden Forscherpersönlichkeiten, die einen Nobelpreis verdient hätten und ihn trotzdem oft nicht bekamen: Frauen. Denn gerade in der Anfangszeit der Nobelpreisgeschichte gab es nur wenige Wissenschaftlerinnen und diese mussten sich oft damit begnügen, männlichen Forschern zuzuarbeiten. Eine akademische Karriere oder gar ein leitender Posten an einem Institut blieb vielen von ihnen verwehrt.

Meitner und Hahn
Lise Meitner und Otto Hahn im Jahr 1913. © historisch

Lise Meitner und die Kernspaltung

Eines der bekanntesten Beispiele für beim Nobelpreis übergangene Frauen ist Lise Meitner. Die 1878 geborene Physikerin und Schülerin von Ludwig Boltzmann erkannte als erste, welche Prozesse hinter der Kernspaltung von Atomen steckte und lieferte ihrem Kollegen Otto Hahn entscheidende Informationen. 1926 wurde Meitner zwar in Berlin zur ersten Physikprofessorin Deutschlands ernannt, doch 1933 endet ihre Laufbahn abrupt: Weil Jüdin war, verlor sie ihren Posten und musste fliehen.

Doch auch im schwedischen Exil arbeite sie weiter und blieb mit Hahn in Verbindung. Im Dezember 1938 berichtete ihr dieser über das überraschende Ergebnis eines Experiments mit Uran: Statt ein neues schwereres Element zu bilden, ließen sich nur kleinere Atomkerne nachweisen. „Vielleicht kannst Du irgendeine fantastische Erklärung vorschlagen. Wir wissen dabei selbst, dass es eigentlich nicht in Barium zerplatzen kann“, schrieb Hahn. Daraufhin suchten Meitner und ihr Neffe Otto Frisch nach einer theoretischen Erklärung – und fanden sie: Der Beschuss mit Neutronen musste das Uran-Atom gespalten haben.

Damit war klar, dass eine Kernspaltung möglich ist und wie sie ausgelöst werden kann. Für die Entdeckung und den radiochemischen Nachweis der Kernspaltung bekam Otto Hahn 1944 den Chemie- Nobelpreis. Lise Meitner und Otto Frisch aber gingen leer aus. „Aus heutiger Sicht ist das nicht mehr nachvollziehbar“, kommentiert Dieter Meschede, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Doch als Frau, Jüdin und noch dazu aus Deutschland Vertriebene hatte Meitner zur damaligen Zeit beim Nobelpreiskomitee schlechte Karten.

Rosalind Franklin und die DNA-Struktur

Ähnlich erging es einer Zeitgenossin von Lise Meitner: der britischen Biophysikerin Rosalind Franklin. Ohne sie hätten James Watson und Francis Crick die Doppelhelix-Struktur des Erbmoleküls DNA vermutlich nicht korrekt rekonstruiert. Denn sie und viele ihrer Kollegen waren anfangs davon überzeugt, dass die DNA aus drei Strängen aufgebaut sein müsse. Erst als ihnen von Franklin erstellte Röntgenkristallografien der DNA und die daraus folgenden Schlüsse zugespielt wurden, brachte dies Watson und Crick auf die richtige Spur.

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Im Jahr 1953 veröffentlichten die beiden Forscher in „Nature“ ihr Modell zur Doppelhelix-Struktur der DNA und erhielten dafür weltweite Aufmerksamkeit. Rosalind Franklin und ihr Kollege Maurice Wilkins publizierten zwar ihre Daten in der gleichen Ausgabe des Fachmagazins – das Modell von Watson und Crick stahl ihnen aber klar die Show. 1962 erhielten Crick, Watson und Wilkins den Nobelpreis für die Entdeckung der DNA-Struktur. Rosalind Franklin, ohne die diese revolutionäre Entdeckung nicht möglich gewesen wäre, ging leer aus – sie war bereits 1958 gestorben.

Jocelyn Bell und die Pulsare

Auch in der Astronomie gibt es Beispiele für übergangene Forscherinnen. Zu ihnen gehört die britischen Radioastronomin Jocelyn Bell Burnell, die Entdeckerin des ersten Pulsars. Als Doktorandin an der University of Cambridge wertete sie die Daten eines neuen Radioteleskops aus. Im August 1967 stieß sie darin auf merkwürdig regelmäßige Radiosignale, die von keiner zuvor bekannten Radioquelle stammen konnten.

Jocelyn Bell Burnett
Jocelyn Bell Burnell entdeckte die Pulsare © Elmi1966/CC-by-sa 4.0, Roger Haworth/CC-by-sa 2.0

Bell Burnells Doktorvater Anthony Hewish glaubte zunächst nicht an einen natürlichen Ursprung dieser Signale – sie waren einfach zu regelmäßig. Er kennzeichnete sie daher ironisch mit dem Kürzel LGM-1 – für „Little Green Men“. Doch Burnell fand noch mehr solche pulsierenden Radioquellen und alle bewegten sich mit den Sternen über den Himmel. Nach weiteren Untersuchungen wurde klar, dass es sich um die Radiosignale schnell rotierender Neutronensterne handelte – Bell Burnell hatte die Pulsare entdeckt.

Gemeinsam mit Hewish veröffentlichte die Astronomin im Jahr 1968 ihre Erkenntnisse. 1974 gab es dafür den Nobelpreis für Physik – für Anthony Hewish, nicht aber für Jocelyn Bell Burnell.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Nobelpreis-Verlierer
Warum einige der berühmtesten Wissenschaftler leer ausgingen

Vom Vorschlag zum Preis
…und warum Mendelejew leer ausging

Ihrer Zeit voraus
Die verkannten Pioniere

Die Theoretiker
Warum Stephen Hawking keinen Nobelpreis bekam

Knapp daneben
Wenn die Fachrichtung nicht stimmt

Ferner liefen…
Die vergessenen "Mittäterinnen"

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