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Technik

Mit finanzieller Inklusion gegen Armut

Besserer Zugang zu finanziellen Dienstleistungen

Kartenlesegerät mit vorgehaltener Kreditkarte
Der bargeldlose Zahlungsverkehr gilt als eine Säule der finanziellen Inklusion. Digitale Finanzdienstleister könnten daher in vielen Regionen der Erde zum Game-Changer werden.. © unsplash.com, Towfiqu barbhuiya (CC0 Public Domain)

Online-Überweisungen und Kartenzahlungen sind für den durchschnittlichen Europäer eine Selbstverständlichkeit, doch das ist längst nicht in allen Regionen der Erde so. In besonders strukturschwachen Ländern haben große Teile der Bevölkerung oft keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Eine schlechte finanzielle Inklusion verschärft die Auswirkungen von Armut und erschwert darüber hinaus auch den sozialen Aufstieg. Sowohl Entwicklungshilfeprogramme als auch Unternehmen arbeiten daher mit unterschiedlichen Ansätzen an einem breiteren und einfacheren Zugang zu Zahlungs- und Finanzservices. Innovative Fintechs und Kryptowährungen spielen dabei eine immer größere Rolle – wodurch auch kritische Aspekte sichtbar werden.

Besserer Zugang zu finanziellen Dienstleistungen

Obwohl deutsche Verbraucher ihr Bargeld lieben, möchte kaum jemand auf ganz alltägliche Finanzservices verzichten. Ein Blick in diverse Entwicklungsländer zeigt, wie das Leben ohne diese für die Bevölkerung von Industrienationen gewöhnlichen Dienstleistungen aussieht. Ohne die Möglichkeit Überweisungen zu tätigen oder Geld zu empfangen ist es schwer, die Versorgung mit Strom und Wasser zu gewährleisten. Auch der Zugang zu Bildung und Versicherungsleistungen wird deutlich schwerer, wenn die Zahlung mit Bargeld die einzige Option bleibt. Hinzu kommt, dass Geld ohne Bankkonto nicht sicher verwahrt, gespart oder investiert werden kann. Dieser Umstand gilt mittlerweile als klarer Verstärker sozialer Ungleichheit. Ökonomen und Entwicklungshelfer rücken deshalb die Idee der finanziellen Inklusion seit einigen Jahren verstärkt in den Fokus. Das Ziel soll es sein, strukturschwachen Regionen und der dort lebenden Bevölkerung einen flächendeckenden Zugang zu Finanzprodukten und -dienstleistungen zu verschaffen.

Dies soll die wirtschaftliche Teilhabe von sozial benachteiligten Gruppen ermöglichen und den Betroffenen zugleich Instrumente für die eigene Vorsorge und Absicherung gegen finanzielle Risiken an die Hand geben. Soziologen betonen außerdem, dass die finanzielle Integration die soziale Mobilität steigert. Wer Zugriff auf Finanzservices hat, kann seine finanzielle Situation langfristig besser überblicken und planen, wodurch auch die Aufstiegschancen wachsen. Gesellschaften mit hoher sozialer Mobilität weisen deshalb auch eine ausgeprägte Chancengleichheit auf.

Bildung und Regularien werden zur Herausforderung

Insbesondere in ländlich gelegenen Gebieten diverser Entwicklungsländer gibt es praktisch keine Banken oder vergleichbare Finanzinstitutionen. Dadurch entsteht auch innerhalb stark von Armut betroffenen Ländern ein Gefälle zwischen urbanen Zentren und der Peripherie. Teilweise wird dieser Umstand durch die geografische Lage und eine kaum oder unzureichend ausgebaute Infrastruktur weiter verstärkt. Wer trotzdem die Möglichkeit hat, größere Entfernungen bis zur nächsten Bankfiliale zurückzulegen, dem versperren zusätzliche Gebühren und Mindesteinzahlungsgrenzen den Zugang zur Finanzwelt. Menschen mit niedrigem Einkommen werden dadurch strukturell vom Bank- und Finanzwesen ausgeschlossen. Die kaum vorhandene finanzielle Bildung stellt ein weiteres Hindernis für die Eingliederung dar. Selbst grundlegende Konzepte wie die Budgetierung und Finanzierungen sind vielen Armutsbetroffenen in den genannten Gebieten unbekannt.

Der Inklusionsgedanke geht daher über die Eröffnung von Anlaufstellen und Filialen hinaus. Exkludierte Gruppen müssen auch notwendige Kenntnisse vermittelt bekommen, damit die angebotenen Dienstleistungen und Services wie vorgesehen genutzt werden können. Finanzielle Bildung ist somit ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche finanzielle Inklusion. Auch in entwickelten Ländern wie Deutschland, die ein deutlich höheres Bildungsniveau aufweisen, gibt es staatliche Initiativen zur Förderung der finanziellen Bildung.

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In Entwicklungsländern sehen sich NGOs, Unternehmen und Initiativen, allerdings auch mit bürokratischen Hürden konfrontiert, wenn es um die Bereitstellung von Finanzservices geht. So erschweren beispielsweise gewisse Gesetze den Marktzugang für neue Finanzdienstleister. Eine weitere Voraussetzung für das Gelingen des Vorhabens ist deswegen die enge Zusammenarbeit mit Behörden und politischen Entscheidern.

Geldmünzen verschiedener Währungen
Gerade besonders arme Menschen sind von finanziellen Dienstleistungen ausgeschlossen. Das Projekt der finanziellen Inklusion ist deshalb äußerst komplex. © unsplash.com, Steve Johnson (CC0 Public Domain)

Ein flexibler Strategiebaukasten

Angesichts der vielseitigen Probleme und Herausforderungen, vor denen die finanzielle Inklusion steht, setzen Verfechter der Idee einer umfassenden finanziellen Eingliederung auf verschiedene Ansätze und Strategien. Allen voran steht in der Regel der Abbau regulatorischer Hürden. Dazu zählt auch die außerparlamentarische Interessenvertretung, um politische Entscheidungsträger und Institutionen von den Vorteilen einer umfassenden finanziellen Inklusion zu überzeugen. Ein in diesem Zusammenhang gerne genutztes Pro-Argument ist die bessere Möglichkeit zur Kontrolle der Geldströme und der leichteren Bekämpfung von Korruption. Ein weiteres fundamentales Anliegen ist die Schaffung der notwendigen Infrastruktur. Dazu gehört auch Ausbau des terrestrischen Internetzugangs oder der Zugang zu Alternativen wie dem Satelliteninternet.

Eine ebenfalls häufig genutzte Strategie ist die Bereitstellung von Mikrofinanzierungen. Die teilweise gemeinnützig agierenden Finanzinstitutionen, die solche Kredite gewähren, unterstützen Privatpersonen oder kleine Unternehmen mit geringen Darlehen zu günstigen Konditionen. Mikrokredite richten sich bewusst an sozial schwache Zielgruppen, denen Finanzdienstleistungen bei den meisten Banken verwehrt bleiben. Verbraucher, die in Deutschland einen Sofortkredit trotz Schufa beantragen möchten, können sich an darauf spezialisierte Dienstleister wenden. In vielen Entwicklungsländern ist die Kreditvergabe hingegen nur möglich, wenn Dritte bürgen. Sogenannte Schuldnergruppen springen in solchen Fällen ein und ermöglichen so die Kreditaufnahme.

Die ambivalente Rolle der Fintechs

Neben politischen und strukturellen Programmen braucht es auch passende Angebote von Dienstleistern aus dem Finanzsektor. Eine Lösung können moderne Finanztechnologien (Fintechs) bieten. Diese konzentrieren sich vor allem auf den digitalen Service. Viele Barrieren und Hindernisse, die Menschen in strukturschwachen Regionen daran hindern, Finanzdienstleistungen in Anspruch zu nehmen, werden von Fintechs umgangen. Da beispielsweise Bezahldienstleister von überall aus online erreichbar sind, braucht es keine Filialen vor Ort. Dementsprechend günstig können die Services der Kundschaft angeboten werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass für gewöhnlich keine Mindestbeträge gelten, wodurch Menschen mit niedrigem Einkommen die Dienstleistungen in der Theorie uneingeschränkt nutzen können. In der Realität macht die mangelhafte digitale Infrastruktur den Menschen in einigen Regionen jedoch einen Strich durch die Rechnung.

Ein weiteres Problem stellen die Gewinninteressen von Investoren dar, wie sich besonders stark am Beispiel vieler Inklusionsvorhaben im globalen Süden zeigt. Anstatt die finanzielle Eingliederung zu fördern, konzentrieren sich die mit der Integration beauftragten Finanzunternehmen in erster Linie auf die Angliederung an die globalen Finanzmärkte und das Erwirtschaften von Renditen. Ökonomen wie Milford Bateman kritisieren deshalb die Idee, die finanzielle Inklusion vorrangig in die Hände profitorientierter Finanzinstitute zu legen.

Krypto-Versuchslabor El Salvador

Befürworter und Entwickler der Blockchain-Technologie betonen immer wieder das Potenzial von nicht-staatlichen, digitalen Zahlungsmitteln für die erfolgreiche finanzielle Inklusion. In manchen Kreisen wurden Kryptowährungen wie der Bitcoin zuletzt sogar als wichtigstes Mittel im Kampf gegen die globale Armut gehandelt. Als der umstrittene Präsident von El Salvador, Nayib Bukele, den Bitcoin 2021 zur offiziellen Landeswährung gemacht hat, wurde diese Entscheidung ebenfalls mit den Vorteilen bei der finanziellen Inklusion der Bevölkerung begründet. Mehrere hundert Millionen Dollar wurden daraufhin für die Entwicklung einer einfach zu bedienenden Bitcoin-App ausgegeben. Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass die App kaum genutzt wird und ein Großteil der Bevölkerung nicht auf die stark schwankende Kryptowährung vertraut. Nachdem der Kurs des Bitcoins in der jüngsten Vergangenheit zeitweise stark eingebrochen war, prophezeiten Wirtschaftswissenschaftler und Politiker aus der Opposition sogar den Staatsbankrott. Dazu ist es bisher nicht gekommen, doch die Krypto-Strategie von Bukele gilt in den Augen der meisten Experten als gescheitert.

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