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Physiologie

Lässt sich Verhandlungsgeschick erlernen?

Verhandlungsführung

Geschäftsfrau während eines Verhandlungsgespräches
In wettbewerbsintensiven Umfeldern hängt oft viel von einer guten Verhandlung ab. © VioletaStoimenova, GettyImages

Ob beim Autokauf, bei Diskussionen mit dem Nachwuchs oder im Büro des Arbeitgebers: Viele Erfolge in unserem privaten und beruflichen Leben hängen von einem guten Verhandlungsgeschick ab. Besonders wichtig sind die damit verbundenen Fertigkeiten natürlich für Führungspersonen und Manager. Die zentrale Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, lautet: Ist Verhandlungsgeschick erlernbar? Hand in Hand damit geht die Überlegung, inwieweit entsprechende Trainings tatsächlich dabei helfen, in Verhandlungen zu überzeugen. Die Antworten finden wir in der Psychologie und den modernen Neurowissenschaften.

Talent oder Technik?

Als Verhandlung wird für gewöhnlich ein Vorgang verstanden, bei dem zwei oder mehr Personen miteinander interagieren, um eine Einigung oder Lösung für ein gemeinsames Anliegen oder einen Konflikt zu finden. Wie erfolgreich die einzelnen Parteien dabei sind und ihre eigenen Interessen vertreten können, hängt von bestimmten Eigenschaften, Erfahrungen und Fertigkeiten ab. Das, was allgemein hin als Verhandlungsgeschick bezeichnet wird, ist die Fähigkeit, eine Verhandlung aktiv zu steuern und zu gestalten. Im Fokus steht dabei selbstverständlich die effektive Kommunikation, also präzise Formulierungen und das taktische Einschätzen des Gegenübers. Wer verhandelt, muss demnach nicht nur seine eigene Position klar herausstellen, sondern sich auch in die anderen Teilnehmer hineinversetzen können. Daran geknüpft ist die sog. Emotionale Intelligenz. Die Frage nach der Erlernbarkeit des Verhandlungsgeschicks ist also stark davon abhängig, inwiefern sich bestimmte Verhaltensmuster und Persönlichkeitsstrukturen prägen lassen. Forscher nehmen heutzutage an, dass sich beispielsweise die Emotionale Intelligenz trainieren lässt. Zudem können entsprechende Defizite durch bestimmte Techniken und Übungen ausgeglichen werden.

Verhandlungstrainings als angewandte Wissenschaft

Das Verhandlungstraining basiert auf den Erkenntnissen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Während die Psychologie Einblicke in menschliches Verhalten, Motivationen und Emotionen liefert, tragen die Kommunikationswissenschaften dazu bei, die Rolle der Sprache und auch nonverbaler Elemente in Verhandlungssituationen besser zu verstehen. Auch Ökonomen interessieren sich für Verhandlungsdynamiken. So beschäftigen sich beispielsweise viele Gedankenexperimente und auch Studien der Spieltheorie mit den Aus- und Wechselwirkungen verschiedener Verhandlungsstrategien. Bestens bekannt ist in diesem Bereich das oft zitierte Gefangenendilemma, welches die Auswirkungen von mangelnder Kommunikation zwischen eigentlich rational agierenden Akteuren aufzeigt. Verhandlungstrainings und -coachings bündeln diese Erkenntnisse und möchten damit als Schlüssel zu einer bewussteren und erfolgreicheren Verhandlungsgestaltung dienen.

Entsprechende Schulungen statten die Teilnehmer mit einem umfassenden Verständnis für gängige Verhandlungsstrategien aus und bieten die Möglichkeit, diese in einer kontrollierten Umgebung zu üben. Die Effektivität von Verhandlungstrainings ist ein breitflächig untersuchter Forschungsgegenstand. Ergebnisse aktueller Studien zu diesem Thema werden wiederum von professionellen Coachings aufgegriffen, sodass sich Verhandlungstrainings häufig mit der praktischen Anwendung des jeweiligen Kenntnisstands befassen.

Zentrale Strategien und Techniken

Im Zuge von Verhandlungstrainings werden den Teilnehmern oft ganz unterschiedliche Techniken und Strategien in Kombination mit viel psychologischem und soziologischem Backgroundwissen vermittelt. Zu den Schlüsselstrategien zählt das BATNA-Prinzip. Die Abkürzung steht für „Best Alternative to a Negotiated Agreement“ und beschreibt die Suche nach der besten Alternative, die eine Partei hat, wenn keine Vereinbarung in der aktuellen Verhandlung erzielt wird. ZOPA (Zone of Possible Agreement) hingegen ist der Raum, in dem sich die Vorstellungen und Erwartungen beider Parteien überschneiden und eine Vereinbarung möglich ist. Trainings raten häufig dazu, sich bei einer Verhandlung an Ankerpunkten zu orientieren. Diese Ankerpunkte sind Positionen oder Referenzen, die während einer Verhandlung gesetzt werden und den Verlauf stark beeinflussen können. Teilnehmer sollen lernen, diese Punkte strategisch zu platzieren oder die des Gegenübers argumentativ aufzubrechen. Dabei stoßen die Verhandelnden oft auf massive Widerstände und Hindernisse. Daher gehören auch Taktiken zur Konfliktlösung und Kompromissfindung zu einem Verhandlungstraining.

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Erkenntnisse der Neurowissenschaft

Parallel zur Psychologie und weiteren Disziplinen untersucht die Neurowissenschaft das Thema aus einer ganz eigenen Perspektive. Im Mittelpunkt steht hier die Frage nach der Rolle bestimmter Hirnfunktionen in Verhandlungsszenarien. Neuroimaging-Techniken wie funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) und Elektroenzephalographie (EEG) haben enthüllt, welche Gehirnregionen aktiviert werden, wenn Menschen verhandeln. Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Verhandlungen auch eine tiefere neurokognitive Dimension haben, welche sich jedoch bewusst nutzen lässt. Verhandlungen können stressig sein, und Emotionen spielen dabei eine bedeutende Rolle. Das Gehirn reagiert darauf auf komplexe Weise, was wiederum Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung hat. Durch gezielte Übungen können Verhandlungstrainings die neurokognitiven Muster der Teilnehmer stärken. Diese Schulungen fördern die Entwicklung bestimmter Fähigkeiten wie kritisches Denken, Empathie und strategischer Planung, die alle entscheidend für erfolgreiche Verhandlungen sind.

Besser verhandeln mit KI

Auch die Integration moderner digitaler Tools in Verhandlungstrainings wird immer relevanter. Virtuelle Verhandlungssimulationen ermöglichen es den Teilnehmern, realistische Szenarien zu durchleben und ihre erlernten Skills in einem dynamischen Setting zu testen und zu verbessern. Darüber hinaus gewinnt künstliche Intelligenz (KI) an Bedeutung. Sie wird vor allem eingesetzt, um personalisierte Trainingsprogramme zu entwickeln und die Fortschritte der Teilnehmer zu verfolgen. KI-Tools haben damit das Potenzial, Verhandlungstrainings auf eine völlig neue Ebene zu heben. Durch die Analyse großer Datenmengen können KI-gesteuerte Systeme personalisierte Trainingspläne erstellen, die auf die individuellen Stärken und Schwächen der Teilnehmer zugeschnitten sind. Außerdem profitieren die Probanden von Echtzeit-Analysen, sodass sich Fortschritte ganz konkret und umgehend messen lassen. Durch das Feedback während einer Verhandlungssimulation können KI-Modelle die Lernkurve optimieren.

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