Die Ursache für eine häufige Erbkrankheit, die bereits im frühen Kindesalter zu Störungen der Entwicklung und des Nervensystems führt, haben jetzt Forscher der Universität Erlangen-Nürnberg aufgeklärt. Die vom so genannten Prader-Willi-Syndrom betroffenen Kinder leiden an starkem Übergewicht, eingeschränkter Intelligenzleistung und Hormonstörungen.
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Die Krankheit tritt bei einer von 10.000 Geburten auf. Hervorgerufen wird dieses Syndrom durch den Verlust eines kleinen Chromosomenabschnitts, der jedoch keine wesentlichen Erbinformationen für den Bau von Proteinen enthält. Bisher konnte daher nicht erklärt werden, warum das Fehlen dieses Genabschnitts zu einer schweren Krankheit führt, die viele Organe des Körpers betrifft.
Wie der Biochemiker Stefan Stamm und sein Kollege Shivendra Kishore vom Emil-Fischer-Zentrum in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science berichten, liegt dem Prader-Willi-Syndrom ein neuartiger Krankheitsmechanismus zugrunde.
Der bei dieser Krankheit fehlende Genabschnitt trägt wichtige Informationen für sehr kleine Ribonukleinsäuren, die den Informationsfluss bei der Bildung von Körpereiweißen steuern. Diese kleinen Ribonukleinsäuren sind Kontrollelemente, die sich an Boten-Ribonucleinsäuren anlagern, die den eigentlichen Bauplan für die Proteinsynthese tragen.
Wenn diese Kontrolle gestört ist, kommt es nach den Befunden der Erlanger Forscher zur Fehlbildung von vielen Proteinen und damit zu einem sehr komplexen Krankheitsbild. Die Aufklärung der Regulationsstörung bei Prader-Willi-Syndrom könnte zu neuen Therapieansätzen führen.
(idw – Universität Erlangen-Nürnberg, 16.01.2006 – DLO)