Was kommt nach dem Lithium-Ionen-Akku?

Auf der Suche nach der Superbatterie

Akku
Noch sind Lithium-Ionen-Akkus unverzichtbar. Aber an Alternativen ohne Lithium und Kobalt wird schon geforscht. © MF3d/ iStock.com

Lithium-Ionen-Akkus sind die wichtigsten Stromlieferanten für moderne Technik. Doch die Batterien haben eine begrenzte Kapazität und ihre Rohstoffe – vor allem Lithium und Kobalt – sind knapp und teuer. Deshalb suchen Forscher weltweit nach Nachfolgern für die Allerweltsbatterie. Erste vielversprechende Kandidaten gibt es bereits.

Theoretisch gibt es viele Möglichkeiten, das Lithium in gängigen Akkus zu ersetzen. Denn gleich einige Nachbarn im Periodensystem bieten ähnlich günstige oder sogar noch bessere elektrochemische Eigenschaften. Wissenschaftler tüfteln schon an Akkus mit Natrium, Magnesium oder Aluminium, aber auch Silizium oder sogar das Mineral Pyrit lassen sich in Batterien einsetzen. All dies sind Materialien, die günstiger und reichlicher verfügbar sind als das knappe Lithium. In der Praxis gibt es dabei allerdings noch einiges zu optimieren…

Warum Lithium nicht das Nonplusultra ist

Akku mit Schattenseiten

Sie stecken in Handys, Notebooks und Kameras, aber auch in Elektroautos oder der Elektronik von Flugzeugen: Lithiumionen-Akkus bilden die Grundlage fast aller mobilen Stromspeicher der modernen Technikwelt. Denn diese Akkumulatoren sind leicht, besitzen aber trotzdem eine relativ hohe Energiedichte und können unzählige Male auf- und wieder entladen werden.

Lithium-Ionen-Akku
Aufbau eines Lithium-Ionen-Akkus. © Cepheiden/CC-by-sa 2.0

So funktioniert der Akku

Das Prinzip der gängigen Lithium-Ionen-Akkus ist einfach: Sie bestehen aus zwei Elektroden, zwischen denen Lithium-Ionen beim Laden oder Entladen hin- und herwandern. Die Anode – der Pluspol der Batterie – besteht meist aus Graphit, die Kathode aus Metalloxiden wie Lithium-Kobaltoxid. In die meist poröse Struktur dieser Materialien lagern sich die Lithiumionen beim Laden oder Entladen reversibel ein. Die beiden Elektroden sind durch eine Trennwand getrennt, die nur Lithiumionen durchlässt.

Entscheidend für die Eignung eines Materials als Elektrode ist dabei sowohl seine Struktur wie auch sein Reaktionsverhalten. So darf es seine Form und Größe bei der Aufnahme der Ionen nicht wesentlich verändern. Zudem müssen sich die Ionen gut in das Material hinein und wieder hinaus bewegen können – erst das macht den Akku schnell und effektiv be- und entladbar. Beim Entladen des Akkus bewegen sich die Lithium-Ionen von der Graphit-Anode zur Kathode. Die dabei freiwerdenden Elektronen fließen über den externen Stromkreis ab. Beim Laden werden wieder Elektronen zugeführt und die Ionen wandern zurück zur Anode – der Zyklus kann erneut beginnen.

Der dritte Akteur im Bunde ist der Elektrolyt: Er liefert Lithium-Ionen und bildet gleichzeitig die Matrix, durch die die Ionen von einer Elektrode zur anderen wandern. Die Ansprüche an ihn sind hoch, denn er muss leitfähig sein, eine hohe Spannung aushalten und über eine längere Zeit elektrochemisch und thermisch stabil bleiben. In gängigen Akkus werden meist in organischen Lösungsmitteln gelöste Lithiumverbindungen eingesetzt.

Rohstoffmangel und Explosionsgefahr

Doch so praktisch und allgegenwärtig die Lithium-Ionen-Akkus auch sind – sie haben mehrere Nachteile und Schattenseiten. Eine ist die nachlassende Ladekapazität: Weil sich im Laufe der Zeit metallisches Lithium an der Anode ablagert, sinkt die Leistung der Batterie. Sie lassen sich nicht mehr auf ihr volles Potenzial aufladen. Ein zweites Problem ist die Gefahr einer Explosion: Überhitzen die Akkus, kann sich ihr Elektrolyt entzünden und in einer sich aufschaukelnden thermischen Reaktion Temperaturen von mehr als 1.000 Grad erzeugen.

Lithiumgewinnung
Lithiumgewinnung aus einem ausgetrockneten Salzsee in Nevada. © Doc Searls/CC-by-sa 2.0

Weit gravierender aber könnte der Mangel an Rohstoffen für die Lithium-Ionen-Akkus werden. Denn neben dem Kobalt für die Kathode ist vor allem das Lithium knapp und teuer. Nach Schätzungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) könnte der Lithiumbedarf für Batterien bis zum Jahr 2035 die heutigen globalen Fördermengen um fast das Vierfache übertreffen.

Hinzu kommt, dass das als Salz abgebaute Lithium weltweit nur in wenigen Ländern abgebaut wird. Bisher stammen rund 80 Prozent der globalen Lithiumproduktion aus Chile, Argentinien und Australien. In Südamerika liefern ausgedehnte Salzseen den begehrten Rohstoff, in Australien wird das Lithium aus Gesteinsformationen abgebaut. Deutschland hingegen muss einen Großteil des benötigten Lithiums importieren – auch wenn es kleinere Lithiumvorkommen im Oberrheingraben gibt.

Angesichts der drohenden Rohstoffknappheit und den steigenden Preisen suchen Wissenschaftler nach Alternativen – ideal wäre ein Akku, der mindestens genauso leistungsfähig wie die Lithium-Ionen-Batterie ist, aber weder Lithium, noch Kobalt benötigt.

Kochsalz als Akku-Rohstoff

Ist Natrium das neue Lithium?

Ein Kandidat für die künftige „Superbatterie“ nutzt ein Element, das im Periodensystem gleich unter dem Lithium steht: Natrium. Dieses Alkalimetall ist als Kochsalz (NaCl) in der Erdkruste und in den Weltmeeren reichlich vorhanden. Nachschub an diesem Material zu erzeugen, wäre daher ein Leichtes und doch dazu günstig.

Totes Meer
Salzablagerung am Toten Meer.© Wilson44691 /CC-by-sa 3.0

Die Vor- und Nachteile des Natriums

Doch wie sieht es mit den elektrochemischen Eigenschaften des Natriums aus? Im Prinzip besitzt es ähnlich wie Lithium eine relativ hohe Ionisationsneigung und ermöglicht dadurch hohe Leistungen und schnelle Ladezeiten – theoretisch. Allerdings sind die Ionen des Natriums um die Hälfte größer als die des Lithiums, weshalb man bestehende Batteriekonzepte nicht einfach 1:1 auf Natrium-Ionen-Akkus anwenden kann. Sowohl an der Kathode wie der Anode sorgt das Natrium bislang für Komplikationen.

Zwar könnte man als Kathode analog zum Lithium-Kobaltoxid einfach Natrium-Kobaltoxid nehmen. Doch die Anlagerung der Natrium-Ionen an diese Elektrode ist elektrochemisch weniger effizient. Zudem lagern sich dort relativ schnell inaktive Natriumkristalle ab, die die Bewegung der Ionen behindern. Ein solcher Akku macht dadurch schon nach wenigen Ladezyklen schlapp. Um dieses Problem zu lösen, suchen mehrere Forscherteams nach neuen, besser geeigneten Kathodenmaterialien und Strukturen – mit ersten vielversprechenden Ergebnissen.

Nanoröhrchen als Helfer

Ein Team um Naoto Tanibata vom Nagoya Institut für Technologie hat 2018 mithilfe eines Computerprogramms mehr als 4.300 verschiedene Natriumverbindungen auf ihre Eignung als Kathodenmaterial für Natrium-Akkus hin analysiert. Dabei wurden sie fündig: Ein Natrium-Vanadium-Oxid (Na2V3O7) besitzt eine aus Nanoröhrchen bestehende Kristallstruktur, die eine besonders schnelle Migration der Natrium-Ionen ermöglicht. „Diese Nanotubes bilden eine Wabenstruktur, in deren Innenräumen und an deren Rändern die Natriumionen verteilt sind“, erklärt Tanibata.

Akkus mit dieser Natriumverbindung könnten demnach sehr schnell aufgeladen und wieder entladen werden. Im Test dauerte eine Ladung nur rund sechs Minuten. Ein weiterer Vorteil: Elektroden aus dieser Natriumverbindung erwiesen sich auch als relativ haltbar. Noch nach 50 Ladezyklen blieb ihre Nanoröhrchen-Struktur intakt, wie elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigten.

NAtrium-Akku
Junhua Song präsentiert den von ihm und seinen Kollegen entwickelten NatriumIonen-Akku.© Washington State University

…oder doch Schichten?

Ein anderes Kathodendesign haben Forscher um Yuehe Lin von der Washington State University entwickelt. Sie kombinierten eine geschichtete Elektrode aus einem Mangan-, Kobalt- und Nickelhaltigen Metalloxid mit einem flüssigen Elektrolyten, der besonders viele Natrium-Ionen liefert. Ihr Akku erreichte eine ähnliche Kapazität wie einige Lithium-Ionen-Akkus, wie die Wissenschaftler berichten. Zudem behielt er auch nach mehr als 1.000 Ladezyklen noch bis zu 80 Prozent seiner Leistung.

„Das ist eines der besten Ergebnisse, die je mit einer Natrium-Ionen-Batterie mit geschichteter Kathode erreicht wurden“, sagt Lin. „Das zeigt, dass dies eine durchaus praktikable Technologie ist, die mit Lithium-Ionen-Akkus vergleichbar ist.“ Das Team arbeitet bereits daran, ihre Kathode soweit zu optimieren, dass sie auch ohne Kobalt funktioniert. „Wenn wir machbare Alternativen für Lithium und für Kobalt finden, dann wäre die Natriumbatterie wirklich konkurrenzfähig“, sagt Lins Kollege Junhua Song.

Polymere als Kathodenmaterial

Noch bessere Kandidaten für die Kathoden künftiger Natrium-Ionen-Akkus könnten organische Verbindungen sein – beispielsweise leitfähige Polymere. Ein Team um Chunsheng Wang von der University of Maryland hat 2019 eine Kathode aus polymerisiertem Hexaazatrinaphthalen (PHATN) getestet, einem Material aus vielen aneinandergelagerten Ringmolekülen. Die Lücken in diesem Polymer ermöglichen es selbst größeren Metallionen wie Natrium, Magnesium oder Aluminium, sich schnell ein- und wieder auszulagern.

Ein Natrium-Akku mit dieser Polymer-Kathode arbeitete bei Spannungen bis zu 3,5 Volt stabil und behielt eine Kapazität von mehr als 100 Milliamperestunden pro Gramm selbst nach 50.00 Ladezyklen, wie die Forscher im Fachmagazin „Angewandte Chemie“ berichteten. Sie sehen in solchen Polymer-Elektroden eine vielversprechende Lösung für schnellladende, stabile und leistungsfähige Akku-Kathoden.

Doch die Kathode ist nicht das einzige Problem…

Warum größere Ionen Probleme machen

Elektroden mit „Blähungen“

Wenn künftig Lithium in Akkus durch andere Elemente ersetzt werden soll, dann muss ein weiteres Problem überwunden werden – an der Anode. Denn das bisher gängige Elektrodenmaterial Graphit kann größere Ionen schlecht aufnehmen. Zudem blähen sich die meisten Anodenmaterialien bei Beladung stark auf – sie können auf das Mehrfache ihres Volumens anschwellen. Das bedeutet: Der Akku müsste entweder eine dehnbare Hülle bekommen oder man findet eine Struktur, die diesen Volumenzuwachs ohne Leistungsverlust abpuffern kann. Auch hier werden daher Alternativen gebraucht.

Antimon-Nanokristalle
Nanokristalle aus Antimon können Schäden durch das Aufblähen der Anode bei Natrium-Akkus verringern.© ETH Zürich

Nanokristalle für die Anode

Ein Kandidat ist das Halbmetall Antimon. Schon länger ist bekannt, dass Anoden aus diesem Element eine doppelt so hohe Ladekapazität wie Graphit aufweisen können. Dafür allerdings muss das Antimon in eine spezielle Form gebracht werden. Sie muss die Natrium-Ionen schnell aufnehmen und abgeben können, aber auch die damit verknüpften Volumenveränderungen ohne Brüche oder andere Schäden vertragen.

Bereits 2014 haben Forscher um Maksym Kovalenko von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa herausgefunden, dass die Größe der Antimonkristalle in der Elektrode eine entscheidende Rolle spielen. Sie haben daher eine Methode entwickelt, um gleichmäßige Antimon-Nanokristalle von rund 20 Nanometer Größe herzustellen- dies erwies sich in Tests als besonders geeignet. Denn sind die Kristalle deutlich größer, wird das Material durch die Volumenänderungen beim Laden und Entladen zerstört. Sind sie kleiner, oxidieren die Antimon-Kristalle wegen der großen Oberfläche zu schnell.

Wie Tests ergaben, vertragen Anoden aus den Antimon-Nanokristallen das Aufblähen gut und die Volumenveränderung verläuft reversibel und ohne bleibende Schäden. Ein weiterer Vorteil: Antimon-Nanopartikel können mit leitfähigem Kohlenstoff-Füllmaterial vermischt werden. Das verhindert ein Verklumpen der Nanoteilchen. Bis aber eine Natrium-Ionen-Batterie mit Antimonelektrode auf den Markt kommen kann, dürfte es noch mindestens zehn Jahre dauern, schätzt Kovalenko. Die Forschung dazu stehe erst am Anfang.

Organische Ketten und Aluminium als Alternative

Doch die Empa-Forscher haben noch ein weiteres Ass im Ärmel. Denn parallel dazu forschen sie auch an organischen Anoden-Materialien. Eines davon ist Polypyren, ein Kohlenwasserstoff mit kettenförmiger Molekülstruktur. Wenn diese Ketten ungeordnet zusammengelagert sind, bieten sie viel Platz für größere Metallionen wie Aluminium, wie Tests ergaben. „Zwischen den Molekülketten bleibt viel Platz. Die verhältnismäßig großen Ionen der Elektrolytflüssigkeit können daher gut in das Elektrodenmaterial eindringen und es laden“, erklärt Kovalenko.

Aluminium-Akku
Funktionsschema einer Aluminiumbatterie mit organischer Anode.© ETH Zürich/Empa, Advanced Materials 2018

Dadurch könnten sich diese Elektroden auch für Aluminium-Akkus eignen. Wie Natrium ist auch dieses Metall in großen Mengen verfügbar und relativ günstig. Zudem kann das Aluminium drei Elektronen abgeben, wodurch Aluminium-Akkus theoretisch höhere Energiedichten erreichen könnten als Lithium-Ionen-Akkus. Erste Prototypen von Aluminiumbatterien mit Graphit- oder Polymerelektroden wurden schon von verschiedenen Forschergruppen entwickelt und sind im Test. Bisher haben sie allerdings eine deutlich geringere Speicherkapazität als Lithium-Ionen-Akkus – auch wenn Wissenschaftler hier noch gute Chancen für eine Optimierung sehen.

Doch selbst wenn diese Optimierungen gelingen sollte: Für Batterien von Elektroautos werden die Natrium- oder Aluminiumbatterien wahrscheinlich auf absehbare Zeit nicht geeignet sein. Denn noch sind sie zu groß und schwer und wegen der Volumenveränderungen ihrer Anode nicht in starre Hüllen pressbar.

Pyrit-Batterien als künftige Netzstromspeicher?

Ein Akku aus Katzengold

Es gibt noch andere Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie. Eine davon nutzt ein Mineral, das ähnlich häufig vorkommt wie Kochsalz: Katzengold. Die goldähnlich schimmernden Pyritkristalle sind chemisch gesehen ein Eisensulfid und kommen in großen Mengen in Gesteinsformationen an Land, aber auch am Meeresgrund vor. Kombiniert man es mit Magnesium und Natrium, lässt es sich als Akku nutzen.

Pyrit
Auch das Eisensulfid-Mineral Pyrit lässt sich in Akkus verwenden.© Tiia Monto/CC-by-sa 3.0

Eisensulfid, Magnesium und Natrium statt Lithium

Um aus Katzengold einen Akku zu bauen, haben Maksym Kovalenko von der Empa und sein Team Nanokristalle das Eisensulfid-Mineral als Kathode verwendet. Als Gegenpart dient eine Magnesium-Anode kombiniert mit einem Elektrolyten aus Magnesium- und Natriumionen. Zusammen ergibt das Ganze eine Natrium-Magnesium-Hybrid-Batterie. Beim Entladen wandern die Natrium-Ionen aus dem Elektrolyten in die Pyrit-Kathode. Beim Wiederaufladen gibt der Pyrit die Ionen wieder frei.

Die Vorteile dieses Katzengold-Akkus liegen auf der Hand: Seine Rohstoffe Eisen, Magnesium, Natrium und Schwefel sind die häufigsten chemischen Elemente in der Erdkruste und damit reichlich verfügbar. Ein Kilogramm Magnesium ist beispielsweise 15 Mal billiger als Lithium. Gleichzeitig ist das Magnesium der Anode weit sicherer als das leicht brennbare Lithium.

Günstige Alternative für große Netzstrom-Speicher

Noch allerdings ist die Lebensdauer dieser Akkus begrenzt: In Labortests schafften sie nur gut 40 Ladezyklen ohne Leistungsverlust. „Noch ist das volle Potential der Batterie nicht ausgeschöpft“, räumt Kovalenko ein. „Mit Hilfe weiterentwickelter Elektrolyten lässt sich die elektrische Spannung und die Lebensdauer der Natrium-Magnesium Hybrid-Zelle mit Sicherheit noch erhöhen.“

Anwendungen für den Pyrit-Akkus sehen die Forscher vor allem in großen, stationären Speicherakkus – beispielsweise um überschüssigen Strom aus Sonne und Wind zwischenzuspeichern. Denn für Elektroautos und andere stromintensive Nutzungen ist die Energiedichte des Katzengold-Batterie zu gering. Dort aber, wo es auf Kosten, Sicherheit und Umweltfreundlichkeit ankommt, sei die Technik im Vorteil.

Pyrit im Akku
Pyrit-Nanokristalle im Elektronenmikroskop: Aus solchen Kristallen besteht die Kathode der „Katzengold-Batterie“.© Empa

Das Problem ist der erste Ladezyklus

Hilfe zur Optimierung des Pyrit-Akkus könnte von Forschern des Brookhaven National Laboratory in den USA kommen. Denn sie haben mithilfe eines Transmissions-Röntgen-Mikroskops erstmals näher untersucht, warum Natrium-Eisensulfid-Akkus ihre Kapazität verlieren. „Wir haben entdeckt, dass dies an der Bewegung der Natriumionen schon beim ersten Lade-Entlade-Zyklus liegt“, berichtet Studienleiter Jun Wang.

Bei diesem Prozess kommt es einerseits zu winzigen Rissen und Brüchen im Eisensulfid, wenn sich dieses durch die eindringenden Natrium-Ionen ausdehnt. Dabei reagiert das Material mit den Ionen und bildet metallisches Eisen. Während des anschließenden Ladens schrumpft das Material wieder und die meisten dieser Partikel werden wieder zu Eisensulfid. Doch es gibt einige Bereiche im Kern der Partikel, in denen die Ionen quasi gefangen bleiben, wie die Forscher beobachteten. „Wenn das Volumen beim Laden abnimmt, ist ihnen der Weg nach außen versperrt“, erklärt Wang.

Das Interessante jedoch: Die Bruchbildung und der Ionen-Fang führen nur beim ersten Ladezyklus zu irreversiblen Veränderungen. Bei allen folgenden Zyklen pendelt sich ein Gleichgewicht ein und alle Wechsel sind reversibel. Das verrät, wo die Forscher bei der Optimierung der Eisensulfid-Batterien ansetzen sollten: an Wegen, um den ersten Ladezyklus zu optimieren.

Wie das Allerwelts-Element Akkus antreiben kann

Es geht auch mit Silizium

Als Akteur in neuen Batterien kommt noch ein weiteres Element in Frage: Silizium. Dieses Element bildet wegen seiner günstigen elektrischen Eigenschaften die Basis für unzählige Halbleiter-Technologien vom Computer über Solarzellen bis zur LED. Gleichzeitig ist Silizium eines der häufigsten Elemente auf unserem Planeten. Es kommt in unzähligen Silikaten vor und als Siliziumdioxid im Sand.

Silizium-Elektrode
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Kleiner, leichter und leistungsstärker

Eine Möglichkeit, Silizium in Akkus einzusetzen, ist als Ersatz für die Graphit-Anode in Lithium-Ionen-Akkus. Weil Silizium eine höhere Energiedichte erreichen kann, hätten solche Akkus eine bis zu zehnfach höhere Ladekapazität – theoretisch. Auch das Laden könnte schneller gehen als mit Lithium-Graphit-Akkus. Solche Batterien könnten Elektroautos damit eine weit größere Reichweite verleihen.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Kombination des Siliziums mit Schwefel-Kathoden und einem lithiumhaltigen Elektrolyten – eine Silizium-Schwefel-Batterie. An dieser Variante arbeiten unter anderem Forscher der Universität Kiel um Sandra Hansen. Ihren Schätzungen nach könnten solche Akkus eine zwei- bis dreimal höhere Energiedichte, bis zu 90 Prozent kürzere Ladezeiten und ein 20 Prozent geringeres Gewicht erreichen. Damit würden sich solche Akkus theoretisch auch für die Elektromobilität eignen.

…aber mit mehreren Haken

Doch die Verwendung von Silizium als Anodenmaterial bringt einige Probleme mit sich. Das eine ist die Bildung blockierender Ablagerungen und Schäden an der Anode durch Reaktionen des lithiumhaltigen Elektrolyten mit dem Silizium. Ähnlich wie bei den Natrium-Eisensulfid-Akkus entstehen dadurch direkt beim ersten Ladevorgang Bereiche mit unterschiedlich hohem Lithium-Anteil sowie Risse und andere Defekte an der Grenzschicht der Anode zum Elektrolyten, wie Wissenschaftler des Forschungszentrum Jülich kürzlich herausfanden.

Zudem haben alle Varianten der Silizium-Batterie ein ähnliches Problem wie Natrium- oder Aluminiumzellen: Wenn das Silizium Metallionen aufnimmt, verändert es sein Volumen stark – es dehnt sich beim um bis zu 400 Prozent aus und schrumpft dann wieder. Das Kieler Team und auch eine Forschergruppe des Fraunhofer Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) versuchen, dies durch eine poröse Struktur der Silizium-Anoden abzupuffern.

Dafür wird das Silizium zunächst wechselnd mit einem Hilfsstoff – beispielsweise Zink – auf einem Substrat abgeschieden. „Durch eine anschließende Wärmebehandlung verdampft der Zinkanteil aus der Schicht und hinterlässt eine poröse Struktur im Silizium, die Platz für dessen Ausdehnung im Ladeprozess bietet und somit den Kapazitätsverlust minimiert“, erläutert Stefan Saager vom FEP. Ob und wie gut sich diese porösen Anoden in der Praxis bewähren, muss aber noch untersucht werden.

Silizium-Luft-Akku
Aufbau einer Silizium-Luft-Batterie.© FZ Jülich

Ein Akku aus Silizium und Luft

Doch es gibt auch eine Silizium-Batterie, die ganz ohne Lithium auskommt: die Silizium-Luft Batterie. Als Gegenpart zur festen Silizium-Anode dient bei ihr eine luftdurchlässige Membran als Kathode. Durch diese poröse Schicht aus Kohlenstoff, Nickel und einer Teflonbeschichtung gelangt Sauerstoff in die Batterie – der zweite wichtige Akteur dieses Akkus. Als Elektrolyt dienen Kaliumhydroxid und Wasser. Damit benötigt dieser Akku nur günstige, ungiftige und ausreichend verfügbare Komponenten.

Doch es gibt einen Haken: „Problematisch bei diesem Typ Batterie sind allerdings noch bisher unverstandene elektrochemische Reaktionen, die zu einem verfrühten Abbruch der Batterieentladung führen“, erklärte Rüdiger Eichel vom Forschungszentrum Jülich im Jahr 2012. Der Akku stoppt dadurch nach wenigen Minuten seinen Stromfluss. Inzwischen jedoch wissen die Forscher mehr.

Demnach liegt das Problem offenbar an einem stetigen Verlust des Kaliumhydroxid-Elektrolyten: Als die Wissenschaftler diesen durch ein Pumpsystem nachfließen ließen, erreichten ihre Silizium-Luft-Knopfzellen problemlos 1.000 Ladezyklen – ein neuer Rekord für diese Batterievariante. „Bleibt die Siliziumanode in Kontakt mit dem Elektrolyten, läuft die Batterie“, sagt Hermann Tempel vom FZ Jülich. „Die Batterie ist immer noch nicht perfekt, aber jetzt wissen wir, woran wir arbeiten müssen.“

Warum das Elementetauschen allein nicht reicht

Und die Zukunft?

Trotz vieler vielversprechender Ansätze und Alternativ-Konzepte zum Lithium-Ionen-Akku: Bisher ist er unverzichtbar und in seiner vielfältigen Anwendbarkeit nicht zu schlagen. Bis andere Batterien ihm in puncto Energiedichte, Ladezeiten und Lebensdauer nahekommen, werden nach Schätzungen von Wissenschaftlern noch mindestens zehn Jahre vergehen.

Akku
Lithium-Ionen-Akkus sind bislang unverzichtbar.© iarti/ iStock.com

Einer Gründe ist, neben dem sehr kleinen, leichten Lithium-Ion als Energieträger, auch die Ausgereiftheit der Technologie. Die Lithium-Ionen-Akkus sind seit ihrer Erfindung in den 1980er Jahren weiterentwickelt worden und haben ihre Energiedichte etwa verdoppelt. Auch die Lebensdauer hat sich von einigen Dutzend auf mehrere tausend bis zehntausend Ladezyklen erhöht. Bis neue Batteriekonzepte in diesen Bereich kommen, wird noch viel Forschungsarbeit gebraucht.

„Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz“

Eine zusätzliche Herausforderung ist der Lade-Algorithmus für die Nicht- Lithium-Ionen-Batterien. Denn wegen ihrer anderen elektrochemischen Eigenschaften kann es bei Natrium, Aluminium und Co nötig sein, die Art und Weise des Ladens anzupassen. Das Team um Maksym Kovalenko vom Empa hat beispielsweise herausgefunden, dass sich die Leistung einer Aluminium-Graphit-Elektrode durch geschicktes, stufenweises Aufladen um bis zu 25 Prozent steigern lässt. Eine andere Forschergruppe ermittelte, dass ein Abkühlen auf minus zehn Grad einige dieser Elektroden leistungsfähiger machen kann.

Nach Ansicht der Empa-Forscher verdeutlichen diese Beispiele, dass für die alternativen Batteriekonzepte auch ein neues Batteriemanagement in Form neuer Sensoren, Ladegeräte und -algorithmen entwickelt werden muss – hier sei ein ganzheitlicher Ansatz gefragt. „Oft wird in der Forschungswelt mit einem Experiment nur die Machbarkeit einer Idee bewiesen – die Kosten für alle nötigen Bauteile und das voraussichtliche Gesamtgewicht des kompletten Batteriesystems werden dagegen oft vernachlässigt“, sagt Kostiantyn Kravchyk. Genau diese Parameter seien aber entscheidend für eine mögliche Kommerzialisierung.

Welche Alternative könnte wo eingesetzt werden?

Klar ist aber: Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie werden in Zukunft dringend benötigt. Denn spätestens, wenn Elektromobilität und erneuerbare Energiegewinnung sich weiter durchsetzen, werden Unmengen an leistungsfähigen Energiespeichern gebraucht. Doch angesichts der knappen Ressourcen bei den Rohstoffen Lithium und Kobalt wird man ohne Alternativen nicht auskommen.

Nach Einschätzungen von Batterieforschern könnten Akkus mit Natrium-, Silizium- oder Aluminium-Elektroden künftig am ehesten dort punkten, wo es nicht auf die Größe und Ladezeit der Batterien ankommt. Denkbare Anwendungen wären stationäre Akkus, die zu Spitzenzeiten überschüssigen Strom von Windkraft- oder Solaranlagen speichern. Für mobile Anwendungen wie die Elektromobilität sehen Wissenschaftler dagegen eher Chancen für Batterien auf Basis von Magnesium, wie beispielsweise Magnesium-Schwefel-Akkus. Denn sie könnten die nötige Energiedichte liefern, sofern ihre Lebensdauer gesteigert werden kann.