Schleimhülle als Überlebensstrategie und Medizinproblem

Mikrobielle Biofilme

Biofilm
Ein Biofilm ist eine Schleimschicht, in der Mikroben-Gemeinschaften leben. © Dr_Microbe/ iStock.com

Siedeln sich Bakterien auf einer Oberfläche an, nutzen einige von ihnen eine raffinierte Schutzstrategie: Sie produzieren eine vernetzte Schleimschicht aus Proteinen, Zuckern und Fetten – den Biofilm. In ihm sind sie vor Umwelteinflüssen geschützt und können ungestört weiter wachsen. Was aber bedeutet dies für die Medizin?

In einem Biofilm zu leben, lohnt sich für Mikroben, weil sie in der fest an einer Oberfläche gehefteten Schleimschicht vor Wasserströmungen, UV-Strahlen oder etwa Giften geschützt sind. Und auch zu Nahrungsmangel kommt es nicht: Die organisierte Bakterienkolonie arbeitet im Biofilm so zusammen, dass selbst die Mikroben im Inneren nicht zu kurz kommen. Auch Antibiotika oder Desinfektionsmittel können den Organismen in der Schleimmatrix nichts anhaben. Für den Menschen werden bakterielle Biofilme so zu einem medizinischen Problem.

Wie entstehen Biofilme? Wie organisieren die Mikroben das Leben in der Schleimmatrix? Welche Vorteile hat diese Lebensform für Bakterien, Algen und Co.? Wo kommen die bakteriellen Gemeinschaften überall vor? Warum sind Biofilme für den Menschen so gefährlich? Und wie können wir sie bekämpfen und sogar für uns nutzbar machen?

Wie Mikroben sich zum Biofilm zusammenschließen

Ein Schleim aus Bakterien

Siedeln sich Mikroben auf Oberflächen an, bilden sie häufig eine Schleimschicht aus Zuckern, Fetten und Proteinen, in der sie eingebettet sind. Eine solche zähe extrazelluläre Schleimmatrix wird als Biofilm bezeichnet.

Von der Mikrobe zum Biofilm-Verbund

Bis ein Biofilm entsteht, durchleben Mikroben mehrere Phasen: Zunächst siedeln sich einzelne freischwimmende Bakterien zufällig locker auf einer Oberfläche wie etwa einem Mineral, Metall oder Öl an. Die Oberfläche muss sich im Kontakt mit Wasser oder feuchter Luft befinden und den Mikroben Nährstoffe bieten. Am häufigsten siedeln sich Bakterien daher an der Grenzschicht einer festen Oberfläche mit Flüssigkeiten an – beispielsweise auf nassen Sterne, aber auch in medizinischen Kathetern.

Unter den dortigen Voraussetzungen werfen einige Bakterienarten zunächst ihr Fortbewegungsmittel, die Geißel, ab und nutzen fadenförmigen Anhängsel, die Pili, zur Anheftung an die Oberfläche. Dann produzieren sie sogenannte Adhäsine, die es ihnen ermöglichen, fester an der Oberfläche anzuhaften und nicht etwa vom Wasser abtransportiert zu werden. Einmal zu einem „sesshaften“ Bakterium geworden, verändert sich die Genexpression der Mikroorganismen und es werden andere Gene an- und abgeschaltet als bei ihren freischwimmenden Artgenossen. Zum Beispiel werden bei einem sessilen, kugelförmigen Staphylococcus aureus über 250 Gene, bei dem Stäbchenbakterium Pseudomonas aeruginosa sogar über 800 Gene differenziell exprimiert.

Biofilm-Entwicklung
Einzelne, frei bewegliche Bakterien entwickeln sich nach und nach zu einer Bakterienkolonie in einem Biofilm. © D. Davis, D.Monroe / PLOS Biology, CC-by-sa 2.5

Dadurch verändern sich die Mikroben oft auch äußerlich, einige Spezies produzieren zudem ein Sekret aus fädigen Proteinen, Polysacchariden, Nukleinsäuren sowie Lipiden und vor allem Wasser. Beim Bakterium Pseudomonas aeruginosa lässt sich beispielsweise schon innerhalb einer Viertelstunde nach der Ansiedlung nachweisen, dass das Gen algC-Gen aktiv wird, das für die Produktion des flexiblen Polymers Alginat zuständig ist.

Nach und nach bildet sich aus diesen extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) eine Schleimschicht um die Mikroben-Gemeinschaft. Dieses Gel klebt auf der Oberfläche und bindet somit die Kleinstlebewesen so fest an diese, dass sie sich nicht mehr frei bewegen können. Der Biofilm hat sich entwickelt.

Ohne Kommunikation droht der Hungertod

Die Folge: Aufgrund der Unbeweglichkeit der einzelnen Mikroben sind diese darauf angewiesen, dass der Biofilm von Flüssigkeiten durchströmt wird und Nährstoffe zu den Organismen transportiert. An die Nahrung heranzukommen, ist jedoch gerade für diejenigen Zellen problematisch, die im Inneren des Biofilms leben und somit der Nahrungsquelle von außen am entferntesten sind. Verhungern diese, kann aber die Stabilität des gesamten Biofilms nicht aufrechterhalten zu werden.

Deshalb gibt es Mechanismen, die die Nahrungskonkurrenz innerhalb der bakteriellen Schleimmatrix mildern und der Zerstörung der gesamtes Gels entgegenwirken. Dazu gehört vor allem, dass die Mikroben mit ihren Nachbarbakterien interagieren. Bakterien kommunizieren dafür mithilfe ihres eigenen Kommunikationssystems, dem sogenannten Quorum Sensing. Dieses ähnelt dem Informationsaustausch zwischen Nervenzellen im menschlichen Gehirn. Denn dabei senden die Mikroben unterschiedliche chemische Signalmoleküle über Ionenkanäle, Poren oder Gänge im Biofilm aus, die die Nachbarbakterien über ihre Rezeptoren erkennen können.

Wie genau damit der Hungertod von Zellen im Inneren des Biofilms verhindert wird, haben Forscher am Beispiel von Bacillus subtilis, einem stäbchenförmigem Bodenbakterium, untersucht. Es zeigte sich: Hungernde Zellen senden über Ionenkanäle Kalium-Ionen aus, die die Nachbarzellen über Rezeptoren wahrnehmen und wiederum über andere Kanäle weitergeben können. Empfangen gut versorgte Zellen dieses Signal, unterbrechen sie ihr Wachstum und verändern ihre Stoffwechselaktivität so, dass sie nur noch ein Minimum an Nährstoffen selbst nutzen. Den Rest, wie vor allem die Energiequelle Glutamat, geben sie in den Biofilm ab. Das sorgt dafür, dass Nährstoffe im Biofilm verteilt werden.

Wohngemeinschaft auf Mikrobenart

Innerhalb eines Biofilms leben jedoch nicht nur Bakterien einer Spezies: Im Laufe der Zeit bildet sich in ihm eine Lebensgemeinschaft ganz unterschiedlicher Mikroorganismen heraus. Die neu hinzukommenden Bakterien, Pilze oder Algen können aufgrund ihrer unterschiedlichen Anforderungen an ihre Umwelt auch die Bereiche des Biofilms besiedeln, die für die ursprünglichen „Erbauer“ ungeeignet sind.

In einem Biofilm beispielsweise, der einzig das aerobe Bakterium Pseudomonas aeruginosa enthält, können die Zellen nur im äußeren Bereich wachsen und sich teilen. Denn der Sauerstoff dringt nicht tiefer als zwei bis drei hundertstel Millimeter weit ein. Erst die Mischung mit anderen, auch anaeroben Arten, trägt dazu bei, das vernetzte System aufrechtzuerhalten.

REM-Aufnahme
Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme eines Biofilms aus verschiedenen Bakerienarten. © Krzysztof A. Zacharski/ CC-by-sa 4.0

Wie ein Mehrzeller

„Ein reifer Biofilm ist kein willkürliches System aus einzelnen Individuen“, erklärt Thomas Schwartz vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Insgesamt bildet die Mikrobenkolonie stattdessen einen Einzeller-Zusammenschluss, der nahezu mit einem mehrzelligen Organismus verglichen werden kann.

Als stabiles mikrobiologische Ökosystem bleibt der Biofilm so dauerhaft bestehen. Durch unterschiedliche Einflüsse, wie zum Beispiel eine Verschiebung des pH-Wertes oder, wenn etwa Wasser immer wieder über die Schleimschicht geschwemmt wird, kann es aber vorkommen, dass einzelne Bakterien abgetragen werden. Diese können dadurch entweder wieder zu freischwimmenden Mikroben werden oder es bilden sich Tochterzellen, die zu einer erneuten Verbreitung der Bakterien, Algen und Co. und der Bildung eines neuen Biofilms führen.

Die Vorteile und das Vorkommen von Biofilmen

Ein Leben in Sicherheit

Biofilme sind eine weit verbreitete bakterielle Lebensform. Die weitaus überwiegende Zahl von bis zu 99 Prozent der Mikroorganismen kommt in der Natur in einer solchen Schleimmatrix vor.

Biofilm als sicheres Zuhause

Das Leben in Biofilmen hat dabei eine lange Geschichte: Paläontologen haben in Westaustralien versteinerte rund 3,5 Milliarden alte Biofilme in Stromatolithen nachgewiesen. Diese manchmal fast turmartigen Gebilde entstehen, wenn sich Mikrobenmatten mit ablagerten Sediment abwechseln. Noch heute bilden Bakterien solche Stromatolithen. Dass sich die Lebensform so gut bewährt, hat auch einen Grund.

Biofilme bieten Mikroben vor allem einen entscheidenden Vorteil: In der fest mit einer Oberfläche verbundenen Schleimschicht sind sie gegen Störungen von außen gut geschützt. Bilden Bakterien beispielsweise auf Kies an einem Gewässer einen Biofilm, werden sie dort regelmäßig von Wasser überschwemmt und können sich von den darin enthaltenen Nährstoffen ernähren. Sie werden jedoch nur selten aus ihrem Biotop herausgewaschen und etwa in den nächsten Fluss gespült. Die Stabilität des Biofilms macht ihn zu einem sicheren Zuhause.

Weite Verbreitung

So überleben Mikroben beispielsweise in Gestein, an Pflanzen, an Gewässern oder in heißen Quellen und unterstützen damit die Selbstreinigungsprozesse vom Boden und dem Wasser sowie die Bindung von Kohlenstoffdioxid. Und sogar in den Ozeanen überleben Mikroorganismen dank ihrer Biofilme. Dort wachsen sie etwa auf Korallen und lichtunabhängig lebende Mikroben können sogar in der dunklen Tiefsee auf Kalksteinablagerungen leben.

Zudem finden sich Biofilme auch im Eis auf Gletschern, wie ein Forscherteam um Heidi Smith von der Montana State University herausgefunden hat: Wenn Staub auf Gletscher geweht wird und sich als sogenannte Kryokonite ablagert, können die Bakterien, Algen und Co. schnell ihre sicheren Schleimschichten bilden und so haften bleiben.

Auch in unserem Körper

Haut
Auf der menschlichen Haut befinden sich natürlicherweise Biofilme: Sie schützen uns vor krankheitsverursachenden Bakterien. © dimarik/ Getty images

Biofilme kommen aber nicht nur in unserer Umwelt vor, sondern auch auf dem menschlichen Körper: Beispielsweise lebt auf unserer Haut – insbesondere an unseren Schweißdrüsen – eine Bakterienflora in Biofilmen. Die Mikroben, wie vor allem die Arten Corynebakterium oder Staphylococcus epidermis, ernähren sich dort von dem, was unser Körper als Abfall ausscheidet. Als Gegenleistung schützen sie uns vor fremden, weniger harmlosen Bakterien. Die gleiche Funktion hat auch der Biofilm, der sich in der Scheide befindet: Er verhindert die Kolonialisierung durch von außen eindringende Krankheitserreger.

Und die mikrobiellen Schleimmatrizen finden sich noch auf weiteren Flächen innerhalb unseres Körpers: Wissenschaftler um Jessica Mark Welch vom Marine Biological Laboratory in Woods Hole haben zum Beispiel Biofilme auf unserer Zunge sichtbar gemacht. Dabei fiel auf, dass die Struktur der mikrobieller Gemeinschaften in unserem Mund nicht zufällig zustande kommt, sondern einem komplexen Mosaik-Muster entspricht – je nach den Bedürfnissen und dem Wachstumsverhalten der verschiedenen Mikrobenarten.

Verdauungshelfer für Mensch und Tier

Selbst in für uns unsichtbaren Körperregionen finden sich Biofilme: So tummeln sich im menschlichen Magen-Darm-Trakt sogar etwa zehnmal mehr Mikroorganismen als Körperzellen – wovon ein Großteil in extrazellulären Schleimschichten organisiert ist. Die durch die Biofilme gebildete Darmflora ist wichtig für die Verdauung von Nahrungsbestandteilen und die Verstoffwechslung von komplexen pflanzlichen Kohlenhydraten, die von körpereigenen Enzymen nicht aufgeschlossen werden können. Zudem verhindern die Mikrobengemeinschaften die Ansiedlung von pathogenen Keimen in unserem Darm.

Auch im Verdauungstrakt von wiederkäuenden Tieren spielen Biofilme eine wichtige Rolle: Sie helfen, schwerverdauliche Gräser und anderes hartes Pflanzenmaterial abzubauen. Bei Rindern, Ziegen und Co. bilden sich im Darm auf dem gefressenen Grünzeug Biofilme. Diese bestehen zunächst aus Mikroben, die pflanzliche Zellulose abbauen und Fettsäuren produzieren – so lange, bis diese Zellulose zersetzenden Bakterien so viel Fettsäuren ausgeschieden haben, dass sie ihr eigenes Wachstum hemmen.

Dann wandern weitere, bewegungsfähige Bakterien in den Biofilm ein und verwerten diese Fettsäuren als Brennstoff für ihren Stoffwechsel. Dadurch wird das Grünzeug abgebaut und die Wiederkäuer verdauen schließlich die Futterreste, die mit der Schleimmatrix überzogen sind.

Doch auch wenn Biofilme natürlicherweise in Körper aller Organismen vorkommen und dort ihren Nutzen haben, sind sie auch ein medizinisches Problem…

Warum sind Biofilme für unsere Gesundheit problematisch?

Angriff auf den menschlichen Körper

Für den Menschen können bakterielle Biofilme zu einem medizinischen Problem werden. Denn das menschliche Immunsystem hat kaum eine Chance, Krankheitserreger, die in den bakteriellen Biofilmen geschützt leben, zu bekämpfen.

Gegen Fresszellen geschützt

Wenn bakterielle Erreger in unseren Körper gelangen, bilden sie in vielen Fällen entweder selbst einen Biofilm oder heften sich an schon unserem Körper bestehenden bakteriellen Schleimschichten an. So vergrößern sich die Biofilme und bilden neue Kolonien. Das Problem: Gegen diese im Biofilm eingeschlossenen Erreger ist die menschliche Immunabwehr meist machtlos. Unsere Fresszellen können Biofilme nicht beseitigen.

Warum das so ist, haben Wissenschaftler um Carsten Matz vom Helmholtz- Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig anhand von Meeresbakterien untersucht. Diese werden üblicherweise von Amöben gefressen – so wie es etwa die menschlichen Fresszellen tun.

Es zeigte sich: Solange die Bakterien frei im Wasser schwammen, waren sie leichte Beute für ihre Fressfeinde. Wurden sie jedoch sesshaft und bildeten in einem Biofilm eine Lebensgemeinschaft mit anderen Bakterien, konnten die Amöben nichts mehr gegen sie ausrichten. „Das Erstaunliche ist, dass die Einzeller, die die Biofilme attackieren, inaktiviert oder sogar getötet werden“, erklärt Matz. „Offenbar bauen Bakterien nicht nur eine Wagenburg, die schießen auch zurück.“

Und das offenbar mit harten Mitteln: Laut der Forscher setzen die Bakterien eine Art chemische Kampfstoffe gegen ihre Fressfeinde ein. Dazu produzieren die Meeresbakterien das giftige Pigment Violacein, durch das der Biofilm zart violett schimmert. Fressen die Angreifer dann nur eine einzige Zelle des Biofilms – und damit auch das Pigment in dieser Zelle – lähmt das die Amöben augenblicklich und das Violacein startet in ihnen ein Selbstmordprogramm.

Von Zahnkaries bis zur Vaginose

Das Problem: In schätzungsweise mehr als 60 Prozent aller bakteriellen Infektionskrankheiten schützen sich menschliche Krankheitserreger durch Biofilme vor unserem Immunsystem – vor allem bei chronischen Infektionen. Biofilme werden beispielsweise für die Hälfte aller Zahnerkrankungen in Verbindung gebracht.

So auch mit Karies: Die Karies verursachende Bakterienart Streptococcus mutans erzeugt auf unseren Zähnen Beläge in Form von kuppelförmigen Biofilmen, in denen sich dann hunderte andere Bakterienspezies ansiedeln und geschützt sind. Unter diesen Kuppeln können die Karies-Bakterien dann ungestört ihr Zerstörungswerk am Zahnschmelz verrichten.

Und nicht nur in unserem Mund bilden bakterielle Erreger Biofilme: Auch Wunden gewähren Bakterien die perfekten Bedingungen, ihre schützenden Schleimmatrizen herzustellen. Denn sie sind feucht und bieten den Organismen etwa durch Gewebsreste eine direkte Nahrungsquelle. Haben Bakterien einmal den Weg in eine Wunde gefunden und sich zu einer Gemeinschaft in einem Biofilm zusammengeschlossen, verhindern sie, dass sie heilt und sich wieder schließt – die Wunde wird chronisch. „Biofilme sind sehr wahrscheinlich bei allen chronischen Wunden im Spiel, auch wenn sie bisher nur in 60 bis 80 Prozent mikroskopisch nachgewiesen werden konnten“, erklärt Thomas Bjarnsholt von der Universität Kopenhagen.

Darüber hinaus spielen Biofilme auch zum Beispiel bei Harnleiterentzündungen oder bakteriellen Vaginosen, Entzündungen im Bereich der Scheide, eine Rolle. Durch Stress, hormonelle Einflüsse, ein geschwächtes Immunsystem oder übertriebene Intim-Hygiene können die dort üblicherweise lebenden Bakterien reduziert werden, sodass sich krankmachende Erreger leichter vermehren. Bei der bakteriellen Vaginose nimmt dadurch die Zahl an anaeroben Mikrobenspezies wie Gardnerella vaginalis zu, die einen Biofilm auf der Vaginalschleimhaut bilden. Die Folge können Infektionen der Gebärmutter oder des Eileiters sein. Zudem steigt das Risiko, sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten anzustecken.

Auch Kopf und Herz gefährdet

Herz
Bakterielle Biofilme können Infektionen des Herzens hervorrufen. © Sciepro, Science Photo Library/ Getty images

Damit aber noch nicht genug: Bakterielle Biofilme können auch Infektionen am Nervensystem verursachen. So zum Beispiel, wenn sich nach einem Zeckenstich Borrelien im menschlichen Gewebe ausbreiten, den Körper befallen und auf das Nervensystem übergreifen. Bilden die Bakterien dort Biofilme, kann es zur chronischen Neuroborreliose kommen.

Auch das Herz ist vor bakteriellen Biofilmen nicht sicher: So kann es zum Beispiel zu einer bakteriellen Endokarditis, einer Herzinnenhautentzündung, kommen, wenn Bakterien über das Blut zum Herzen gelangen und dort an den Gefäß- und Kammerwänden ihre extrazelluläre Matrix herstellen. Zudem lassen sich Bakterien auch häufig auf den empfindlichen Herzklappen nieder und bilden dort einen Biofilm. Dort können sie dafür sorgen, dass die Herzklappen nicht mehr richtig schließen und das Herz nicht mehr effektiv pumpen kann: Es kommt zu einer Herzschwäche.

Auf Implantaten, Kathetern und Co. angesiedelt

Und nicht nur die menschlichen Organe und Gewebe sind gefährdet: Auch Fremdmaterialien, die gezielt in den menschlichen Körper eingebracht werden, stellen einen attraktiven Siedlungsplatz für Bakterien dar. So sind mehr als 45 Prozent aller Krankenhausinfektionen auf durch Biofilm verunreinigte Prothesen, Implantate und Katheter zurückzuführen, wie eine Studie von Forschern um Gregory Bixler von der Ohio State University nahegelegt hat. Die Erreger gelangen dazu entweder mit dem Einsetzen des Materials in den Körper oder aber durch eine spätere Infektion, die auch Jahre nach der Implantation einer Prothese auftreten kann.

Implantat
Auf Implantaten, wie diesem Hüftgelenkimplantat, bilden sich häufig Biofilme. © Booyabazooka / CC-by-sa 3.0

Siedeln sich auf Knochen- und Gelenkprothesen oder künstliche Herzklappen Bakterien wie meist Staphylokokken an, kommt es zu Schmerzen, Schwellungen und Überwärmung im Bereich des Implantats und die Wundheilung der Implantationsnarbe kann sich verzögern. Zudem bildet sich meist eine Fistel an der Prothese oder es kommt zu einer Blutvergiftung. Häufig muss das Ersatzgelenk oder -organ dann ausgetauscht werden.

Auch nicht dauerhaft implantiert Ersatzteile können von einer zähen Schleimmatrix befallen werden: Bilden sich etwa auf Kontaktlinsen Biofilme aus dafür typischen Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa oder Serratia marcescens, führen sie zu Hornhautinfektionen. Diese verursachen nicht nur enorme Augenschmerzen, sondern können auch eine Sehbehinderung verursachen.

Immun gegen Antibiotika, Strahlung und Desinfektion

Hartnäckige Biofilme

Ist der menschliche Körper einmal von Biofilm-erzeugende Krankheitserregern infiziert, ist das Immunsystem meist machtlos. Auch Antibiotika können die stabilen Bakterienkolonien innerhalb ihrer zähen Schleimmatrix kaum angreifen.

Zusammen Widerstand leisten

Der Grund: Gegenüber den Antibiotika sind Bakterien in einem Biofilm bis zu tausendfach widerstandsfähiger als einzelne Mikroben. Denn durch die Schleimschicht können kaum Stoffe passieren. Dadurch sind beispielsweise Penicilline gegen Biofilmen wirkungslos. Die Biofilm-Zellen sondern sogenannte Beta-Lactamasen ab, die die Antibiotika schneller abbauen, als sie durch Diffusion nachgeliefert werden, sodass die tieferen Zonen des Biofilms unberührt bleiben. Zudem herrschen im Inneren der Matrix Bedingungen wie ein niedriger pH-Wert, die viele Antibiotika inaktivieren.

Tabletten
Weder das Immunsystem noch Antibiotika haben große Chancen, Mikroben in Biofilmen abzutöten. © Backyard production/ iStock.com

Die Biofilm-Bewohner schützen sich auch dank ihrer Lebensweise selbst: Bakterien in Biofilmen haben meist einen langsameren Stoffwechsel und wachsen demzufolge auch nicht so schnell. Dadurch nehmen sie antibiotischen Gifte nur langsam und in geringer Dosis auf. Außerdem tragen in Biofilmen eingebundene Mikroben verglichen mit ihren frei umherschwimmenden Verwandten häufiger Resistenzgene gegen Antibiotika. Denn durch die enge Nachbarschaft kann genetisches Material zwischen Mikroben leichter ausgetauscht werden. Dabei spricht man vom horizontalen Gentransfer.

Unsterbliche Kolonien

Und selbst wenn ein therapeutischer Angriff gelingt und er einen Großteil der Bakterienkolonie im Biofilm tötet, können überlebende Mikroben schon innerhalb von 24 Stunden den Biofilm wieder neu aufbauen. Denn häufig überleben dabei vereinzelte sogenannte „Persister“, die nicht aufgrund von Antibiotika-Resistenzgenen geschützt sind, sondern durch einen anderen, nicht erblichen Schutzmechanismus.

Ihre Strategie: Persisterzellen werden bei widrigen Bedingungen antimikrobiell tolerant, indem sie in einen Ruhezustand wechseln und sich nicht mehr teilen. Sie reaktivieren sich erst wieder, wenn die medikamentöse Behandlung beendet ist. Dann können sie sich vermehren und einen neuen Biofilm bilden. Persisterzellen gibt es zwar auch unter freischwimmenden Bakterien, dort sind sie aber tausendfach seltener und deshalb leichter mit Antibiotika zu bekämpfen.

Vom Menschen verstärkt

Dass Biofilme so resistent gegen Antibiotika sind, wird zusätzlich vom Menschen verstärkt, wie Wissenschaftler um Shane Hussey von der University of Leicester anhand von bakteriellen Erregern für Lungenentzündungen herausgefunden haben.

Demnach können der vom Menschen verursachte Feinstaub und vor allem Ruß in der Luft krankmachende Bakterien in unseren Atemwegen begünstigen und es ihnen ermöglichen, dickere Biofilme auszubilden. Diese reagieren noch einmal resistenter gegenüber Antibiotika. „Die Streptokokken zeigten dadurch eine signifikant erhöhte Resistenz gegenüber Penicillin G – einem der wichtigsten Antibiotika gegen diese Erreger“, berichteten die Forscher. Zudem erleichtert die Luftverschmutzung es Lungenentzündungs-Erregern, von der Nase in die Lunge zu gelangen, so das Forscherteam.

Gegen Strahlung und Desinfektion immun

Das medizinische Problem der hartnäckigen Biofilme geht über den Einsatz von Antibiotika hinaus: Auch gegen Desinfektionsmittel sowie UV- und Röntgenstrahlen sind die Biofilm-Bewohner weitgehend geschützt. Zudem wurde die Schleimmatrix auch schon auf radioaktiven Strahlungsquellen nachgewiesen. Dadurch können Oberflächen und medizinische Geräte in Krankenhäusern und Praxen nicht ausreichend gereinigt werden.

Zudem werden auch in wichtigen Bereiche außerhalb des Medizinsektors Biofilme zum Problem: Catherine Paul von der Lund Universität in Schweden und ihre Kollegen haben nachgewiesen, dass in unseren Wasserleitungen eine ganze Organismenwelt existiert. Diese bisher unerkannten bakteriellen Biofilme helfen zwar generell dabei, das Trinkwasser sauber zu halten. Eine gestörte Wasserqualität kann diese Mikrobengemeinschaft aber signifikant verändern. In einer Wasserleitung, in der das Wasser in den Untersuchungen stark eisenhaltig und von Rost verfärbt war, war die Artenzusammensetzung im Biofilm der Leitung deutlich verschoben.

Hinzu kommt, dass Biofilme sich auch in Materialien „einfressen“ können. Diese mikrobiologisch bedingte Korrosion kommt zum Beispiel in Kühlkreisläufe, Wasseraufbereitungs- und Brauchwassersysteme, aber auch in Kraftwerken oder Computern vor. Gängige Bekämpfungsmethoden wie UV-Strahlung, Chlor oder Bleichkalk sind dagegen meist nicht wirksam.

Und auch in der Nahrungsmittelindustrie spielen Biofilme eine Rolle: Eine Studie von Forschern um Eva Wagner vom österreichischen Kompetenzzentrum für Feed and Food Quality, Safety and Innovation (FFoQSI) hat bereits nachgewiesen, dass trotz aller Desinfektion Bakterien in Fleischverarbeitungsbetrieben fast überall gedeihen. Neben üblichen Mikroben fand das Team auch zehn hartnäckige Biofilm-Hotspots. Fünf dieser Biofilme siedelten auf Schneidmaschinen und anderen direkt mit dem Fleisch in Kontakt kommenden Geräten, aber auch das Innere von Wasserschläuchen war kontaminiert.

Maßnahmen gegen hartnäckige Keimkolonien

Biofilme wirksam bekämpfen

Die Überlebensstrategien von Bakterien in Biofilmen sind zwar hochwirksam. Dennoch konnten Wissenschaftler bereits erste präventive Maßnahmen sowie Bekämpfungsmittel bei einem Befall von Biofilmen entwickeln und forschen weiterhin an neuen Möglichkeiten.

Ein Ansatzpunkt ist die Reinigung medizinischer Geräte und Utensilien. Damit mit dem Wasser nicht neue Keime auf die Materialien gelangen, setzt man spezielle Sterilwasserfilter ein, die mithilfe spezieller Membranen alle wassergebundenen Keime zurückhalten.

Beschichtungen gegen die Anheftung

Außerdem wird bereits an Beschichtungen für Implantate, Katheter und Co. geforscht, die Mikroben gar nicht erst die Chance geben, sich anzusiedeln und Biofilme zu bilden. „Um die Bakterien zu bekämpfen, muss man bereits den Prozess der Anheftung verhindern“, so Qun Ren von der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt.

S. aureus
Beschichtungen könnten gegen die Anheftung von Biofilmen auf Kathetern, wie diesem Staphylococcus aureus-Biofilm auf dieser elektronenmikroskopische Aufnahme, wirken. © Janice Carr/Centers for Disease Control and Prevention

Ein Forscherteam um Friedrich Götz von der Universität Tübingen hat dafür eine beschichtete Oberfläche entwickelt, von der fädige Strukturen abstehen, die einem Tierpelz ähneln. Tatsächlich hatten Mikroorganismen in ersten Versuchen Schwierigkeiten sich daran anzudocken. Bedeckten die Forscher die pelzartige Oberfläche aber mit Blut – um die natürliche Umgebung im Körper nachzustellen –, wuchs wieder ein Bakterienteppich heran, da die Organismen an Blutbestandteile wie Immunglobuline binden konnten. Behandelten Götz und sein Team die Bakterien aber vorab mit Immunglobulinen, waren ihre Rezeptoren besetzt und sie konnten nicht mehr an die Blutbestandteile auf der Oberfläche binden.

Nanosilber hemmt auch Biofilme

Auch eine Implantat-Beschichtung aus Silber-Nanopartikeln war zumindest in Tiermodellen bereits erfolgreich: Silber ist für seine bakterizide Wirkung bekannt und in Form von Nanopartikel kann es aufgrund des größeren Oberfläche-Volumen-Verhältnisses besser wirken als Silber an sich. Die Biofilmbildung durch das Bakterium Staphylococcus epidermidis konnte damit in Tests um 95 Prozent verringert werden. Ähnliches haben auch Forscher des Leibniz-Institut für Neue Materialien entdeckt: Ihre antimikrobielle, abriebfeste Beschichtungen mit Silber- und Kupferkolloiden töteten Keime zuverlässig und langfristig ab und verhinderten das Einnisten neuer Keime.

Ein weiteres Forscherteam hat Silikonstreifen getestet, auf die mit Hilfe des Enzyms Acylase und dem Molekül Polyethylenimin Schicht für Schicht eine Antibiofilm-Oberfläche für medizinische Katheter aufgetragen wurde. Tatsächlich konnte so für bis zu 24 Stunden wirksam die Anhaftung von Bakterien gehemmt werden.

Viren gegen Bakterien

Auch wenn bereits ein Befall mit mikrobiellen Biofilmen vorliegt, können Mittel gegen sie eingesetzt werden. So zum Beispiel Phagen – Viren, die Bakterien angreifen und auflösen. Sie besitzen eine hohe Wirtsspezifität, können also gezielt gegen bestimmte Mikroben eingesetzt werden und befallen auch inaktive Zellen, sodass die für wiederkehrende Infektionen verantwortlichen Persister ebenfalls zerstört werden.

Das Problem: Bei Mehrfachinfektionen und unbekanntem Erreger kann die Wirtsspezifität der Phagen nachteilig sein. Zudem können Bakterien gegen Phagen Resistenzen entwickeln oder die Phagen könnten Resistenzgene an die zu bekämpfenden Bakterien übertragen. Deshalb können nur Phagen für eine Therapie genutzt werden, die ihr Erbmaterial nicht in das Bakteriengenom einbauen.

Eine andere Möglichkeit bestehende Biofilme zu zerstören, haben Forscher um Xinpei Lu von der Huazhong Universität in Wuhan entdeckt. Sie nutzten kalte Plasmen mit geringem Ionisationsgrad, die meist durch Laserpulse aus Gas mit niedrigem Druck erzeugt werden. Wenn die energiereichen Elektronen dieses Plasmas auf die Moleküle der Umgebungsluft treffen, ionisieren sie diese zum Teil und produzieren hochreaktive neue Verbindungen wie Hydroxyl-Ionen. Pro Kubikzentimeter kann ein Plasma Milliarden solcher freier Radikale erzeugen. Damit können selbst Krankheitserreger in hartnäckigen Biofilmen abgetötet werden, gegen die gängige Methoden kaum helfen.

Die Matrix zerstören

Einen weiteren Ansatzpunkt bildet die extrazelluläre Matrix der Biofilme. Wird sie zerstört, fällt der wichtigste Schutz der Bakterien weg. Eine Möglichkeit dafür ist der Einsatz spezieller Enzyme.
Das aus Actinobacillus actinomycetemcomitans stammende Dispersin B ist ein Enzym, das eine in bestimmten Bakterien-Biofilmen vorkommende Matrix-Komponente spaltet und Biofilme sowohl in vivo als auch in vitro auflösen kann. Der In-vivo-Einsatz von Enzymen ist jedoch durch potenzielle Immunreaktionen nicht immer möglich.

Auch die Lektine zu zerstören, die den Bakterien im Biofilm Zusammenhalt sichern, könnte wirksam sein. „Lektine vernetzen die Bestandteile des Biofilms“, erklärt Alexander Titz vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung in Saarbrücken. Einmal getrennt, wären die Biofilm-Bewohner wieder angreifbar für das Immunsystem oder Antibiotika. Mit seinem Forscherteam hat Titz dazu ein Lektin-blockierendes Molekül entwickelt, das die Biofilmbildung des gefährlichen Keims Pseudomonas aeruginosa unterdrückt. Und auch Wirkstoffen, die das Quorum-Sensing, die Kommunikation der Bakterien, stören könnten die Stabilität der Biofilme verringern. An Mitteln dafür wird bereits geforscht.

Bakterien als Biofilm-Killer

Neben diesen meist bereits vielversprechenden Methoden, haben Forscher um Wook Chang von der Nanyang Technological University in Singapur noch eine weitere, ungewöhnliche Strategie gegen Biofilme entwickelt: Sie bauten harmlose Darmbakterien genetisch so um, dass diese Jagd auf tödliche Keime der Art Pseudomonas aeruginosa machten.

Sensoren und Waffen des manipulierten „Helfers“ konstruierten die Forscher dabei mit Hilfe gentechnischer Methoden komplett neu und pflanzten diese dann in die Darmbakterien als Träger ein. Im Laborversuch erwiesen sich diese künstlich erzeugten „Killerbakterien“ als extrem effektiv und wirksam gegenüber den resistenten Keimen und Biofilmen.

Hausmittel gegen die Keime

Eine weitere eher erstaunliche Waffe gegen Biofilme ist eine Arznei aus dem Mittelalter: Sie tötet effektiv krankmachende Bakterien wie Staphylococcus aureus ab und wirkt gegen mikrobielle Biofilme, wie ein Experiment von Jessica Furner-Pardoe von der University of Warwick und ihren Kollegen enthüllt hat. Das Erstaunliche daran: Die tausend Jahre alte Augensalbe besteht nur aus Knoblauch, Zwiebel, Wein und Rindergalle. Während diese Zutaten einzeln kaum wirksam sind, sind sie zusammen unerwartet effektiv.

Und noch ein weiteres Hausmittel gilt als wirksam, um Infektionen zu verhindern: Dunkler Manuka-Honig ist nicht nur stark antibakteriell, sondern konnte in Untersuchungen von Bashir Lwaleed von der University of Southampton und seinem Team sogar Biofilme verhindern helfen. Schon eine stark verdünnte Honiglösung senkte die Haftung von Bakterienfilmen an Plastik und beeinträchtigte ihr Wachstum.

Bakterielle Schleimmatrix als Quelle für Wirkstoffe

Vorbild Biofilm

Nicht nur nach Wirkstoffen gegen bakterielle Biofilme wird geforscht. Wissenschaftler versuchen auch Biofilme und die Produkte der darin wachsenden Bakterienkolonien für neue Wirkstoffe und Technologien zu nutzen. Und in manchen Bereichen finden sie sogar schon Anwendung.

Bakterielle Waffen umwandeln

Arzneimittelforschung
Wissenschaftler versuchen nicht nur, wirksame Mittel gegen Biofilme zu entwickeln, sondern Biofilme auch als Vorbild für neue Medikamente und Technologien zu nutzen. © Peter Robert Binter/gemeinfrei

Carsten Matz vom Helmholtz- Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und seine Kollegen suchen nach Möglichkeiten, die chemischen Waffen, die die Bakterienkolonien in den Schleimmatrizen vermutlich gegen die Fresszellen unseres Immunsystems benutzen, für medizinische Zwecke zu verwenden.

So könnten diese Substanzen das Potential haben, eine besondere Sorte Krankheitserreger zu bekämpfen: Einzellige Parasiten, die Infektionen wie die Schlafkrankheit oder Malaria verursachen. Diese Erreger sind den Fresszellen unseres Immunsystems in gewisser Weise ähnlich – und mit den Biofilm-Waffen möglicherweise behandelbar. „Biofilme sind damit nicht länger nur ein Problem, sondern möglicherweise auch eine Quelle für neue Wirkstoffe“, folgert Matz. „Sie produzieren in der Gemeinschaft hochwirksame Substanzen, die in einzelnen Bakterien nicht vorkommen.“

Auch in der Krebsmedizin könnten Biofilme von Nutzen sein: Ein weiteres Forscherteam des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) hat entdeckt, dass Salmonellen-Bakterien in Geschwulste einwandern und dort als Biofilm-Gemeinschaft effektiv Tumorzellen abtöten.

Industriell eingesetzt

In der Industrie werden Biofilme bereits seit Jahrzehnten wirksam eingesetzt: Eines der bestbekannten Beispiele für die industrielle Nutzung von Biofilmen ist die Essigherstellung mit Hilfe von Essigbakterien. Diese werden entweder als Kahmhaut auf einer alkoholhaltigen Flüssigkeit oder auf Holzspänen angesiedelt, wo sie einen Ethanol zu Essigsäure umsetzenden Biofilm bilden.

Und auch zur Reinigung nutzen wir die Mikroorganismen in den extrazellulären Schleimschichten: Zum Beispiel werden in der Abwasserreinigung Bakterien an eine Feststoff-Oberfläche gebunden, damit sich dort die Wasser verunreinigenden Stoffe anlagern und von den Mikroben gefressen werden. Zusätzlich könnten Biofilme auch einen natürlicher Filter für Wasserreinigungs-Prozesse bilden, indem in ihren Wasserkanälen toxische Schwermetalle so wie etwa Uran zurückgehalten werden. Biofilme ermöglichen zudem die biologische Abfallbeseitigung, indem sie die Abfälle besiedeln und abbauen. Und selbst Bodenschadstoffe wie ausgelaufenes Öl können von den entsprechenden Mikroorganismen zersetzt werden.

Botaniker um Katharina Freystein von der Universität Leipzig machen sich zudem gut sichtbare, grüne Biofilme aus Algen zunutze, die sich an Bäumen ansiedeln: Sie haben entdeckt, dass das Grün besonders dort stark gedeiht, wo die Luft feinstaubgeschwängert ist. Je nach Algenmenge und -arten kann man so auf das Feinstaubvorkommen schließen.