Was die Eiszeit-Fossilien aus den Asphaltgruben von Los Angeles verraten

La Brea – Fenster in die Urzeit

Eiszeit-Szene
Mitten in Los Angeles gibt eine Fossilfundstätte einzigartige Einblicke in die eiszeitliche Lebenswelt. © Case Western Reserve University/ Charles Knight

Mitten in Los Angeles liegt ein paläontologischer Schatz verborgen. Denn in den Asphaltgruben von La Brea ruhen Millionen von Fossilien aus der Eiszeit. Sie geben ganz neue Einblicke in die Lebenswelt von Säbelzahnkatzen, Urzeit-Bisons und Co und verraten auch, wie und warum diese Tiere ihren Tod in den Gruben fanden.

Kaum irgendwo sonst auf der Welt finden sich so viele Eiszeit-Fossilien auf so engem Raum: Schon jetzt haben Paläontologen mehr als drei Millionen Skelette, Insekten-Relikte und Pflanzenteile aus den Asphaltgruben von La Brea zutage gefördert. Und es ist abzusehen, dass Millionen weitere Fossilien noch auf ihre Entdeckung warten. Doch wie kam dieser Fossilienreichtum zustande? Und was verraten die Funde über die eiszeitliche Lebenswelt dieser Region?

Wie die Asphalttümpel entstanden

Trügerische Idylle

Jagdszene
Jagdszene aus der Eiszeit: Wölfe, Kojoten und Säbelzahnkatzen jagen Urzeit-Bisons. © Mauricio Anton/ Vanderbilt University

Kalifornien vor rund 30.000 Jahren – mitten in der letzten Eiszeit. Während weit nördlich kilometerhohe Gletscher die Landschaft bedecken, herrscht in der Gegend des heutigen Los Angeles ein mildes Klima. „Die meisten Menschen assoziieren die Eiszeit mit Minusgraden und einer völlig anderen Landschaft, aber im südlichen Kalifornien haben sich Klima und Umwelt seit damals nicht drastisch geändert“, erklärt Anne Holden vom American Museum of Natural History.

Die Landschaft des eiszeitlichen Südkalifornien ist geprägt von einer Mischung aus immergrünen Wäldern, Buschland und savannenähnlichen Gebieten. In den Wäldern huschen zählige kleinere Säugetiere durch das Unterholz, Insekten schwirren umher und Eidechsen und Schildkröten suchen nach Nahrung. Im offeneren Terrain grasen Gruppen von Urpferden, Urzeit-Bisons und nordamerikanischen Kamelen. Auch Mammuts ziehen gemächlichen Schritts durch die Savannenlandschaft, um in den Senken an Tümpeln und flachen Seen zu trinken.

Asphaltschlamm aus den Tiefen

Doch einige dieser Wasserstellen sind trügerisch – und gefährlich: Unter ihrer ruhigen Wasseroberfläche liegt kein fester Grund, sondern eine klebrige, teerartige Masse: Asphalt. Dieses schlammartige, zähe Gemisch aus langkettigen Kohlenwasserstoffen ist ein Erbe voreiszeitlicher Geschehnisse. Denn dort, wo heute festes Land liegt, lag bis vor rund fünf Millionen noch ein flaches Meer. Jahrmillionen lang sank dort abgestorbenes Plankton zum Grund und bildete dicke Ablagerungen organischen Materials.

Asphalttümpel
Nahansicht eines mit einer dünnen Wasserschicht bedeckten Asphalttümpels in La Brea. © Carsten Tolkmit /CC-by-sa 2.0

Als sich dann das Meer zurückzog, wurde dieses Material unter dem Druck des auflastenden Sediments immer stärker zusammengepresst und verwandelte sich in Erdöl. Ein Großteil dieses Öls blieb im unterirdischen Reservoir eingeschlossen, doch ein kleiner Teil davon quillt seither durch Risse und Spalten im Gestein an die Oberfläche. Dort verdunsten die leichteren Erdölanteile und nur die zäheren, schwerflüchtigen Verbindungen bleiben zurück – es entsteht Asphalt. Er sammelt sich in den Senken des Gebiets und bildet dort dunkle, von zähen Blasen durchsetzte Tümpel. An anderen Stellen und bei kühlerem Wetter scheint die Asphaltdecke dagegen trügerisch fest.

Klebrige Todesfalle

Für viele Tiere des eiszeitlichen Südkalifornien werden diese Asphaltflächen zur tödlichen Falle: An kalten Tagen können kleinere Tiere wie Nager, Vögel oder Insekten die halb erstarrte Asphaltdecke betreten, ohne einzusinken. Doch wenn die Sonne das schwarze Material erwärmt, wird es zu einem klebrigen Sumpf. Die Tiere haften am zähen Schlamm fest und können sich nicht mehr befreien. Sie gehen, gefangen im Asphalt, langsam zugrunde.

Mastodon
Ein Mastodon ist in den Asphalttümpel eingebrochen und hängt fest. © Jerry and Roy Klotz MD /CC-by-sa 3.0

Ähnlich ergeht es großen Pflanzenfressern wie Urzeit-Pferden, Büffeln oder auch Mammuts: Für sie werden vor allem die Tümpel zur Falle, die von einer flachen Wasserschicht bedeckt sind. Vom Durst getrieben, waten die Tiere zum Trinken ein Stück in die vermeintlich harmlose Wasserstelle hinein – und brechen durch die dünne Kruste des Asphalts. Der darunterliegende zähe Asphaltschlamm umschließt ihre Knöchel und hält sie fest. „Schon vier Zentimeter dicker Asphalt reichte aus, um selbst ein großes Tier festzuhalten“, erklärt Holden.

Nun steht den im Asphalttümpel gefangenen Tieren ein grausames Schicksal bevor…

Wie die Eiszeittiere ihr Ende fanden

Todeskampf im Asphalt

Es ist eine Szene wie aus einem Alptraum: Inmitten einer trügerisch ruhigen Wasserfläche flattert eine Kanadagans heftig mit den Flügeln und versucht verzweifelt, sich in die Luft zu erheben. Neben ihr ergeht es einem Geier kaum besser. Unweit der Vögel kämpft ein Urzeit-Bison darum, sich aus dem Tümpel zu befreien. Doch auch der kräftige, mehr als zwei Meter hohe und vier Meter lange Koloss schafft es nicht: Der zähe, unter der Wasseroberfläche verborgene Asphaltschlamm hält ihn unbarmherzig fest.

Mastrodon und Säbelzahn
Eine Säbelzahnkatze greift ein im Asphalt gefangenes Mastodon an – und hängt dann selbst fest. © Page Museum / Titans of the Ice Age

Wenn Beute zur Falle wird

Für die im Asphalt gefangenen Tiere beginnt nun ein langsamer, quälender Todeskampf. Die zähe Asphaltmasse lässt sie langsam immer tiefer einsinken, während sie darum kämpfen, sich doch noch zu befreien – vergebens. Stattdessen zieht ihr Todeskampf nun eine weitere Gefahr an: Raubtiere und Aasfresser. Angelockt von den Schreien und dem Geruch der im Asphalttümpel gefangenen Tiere, wittern nun Säbelzahnkatzen, eiszeitliche Kojoten und der kräftige, wolfsähnliche Wildhund Canis dirus leichte Beute.

Ein Teil der Räuber hat Glück: Weil sie sich während der kälteren Nacht oder einer kühleren Wetterperiode auf die Asphalttümpel wagen, ist der Untergrund gerade stabil genug, um sie zu tragen. Sie brechen nicht ein und können sich an der hilflos festsitzenden Beute gütlich tun. Viele andere aber haben nicht so viel Glück: Die scheinbar leichte Beute wird auch für sie zur Todesfalle. Auf jeden größeren, im Asphalt eingeschlossenen Pflanzenfresser kommen dadurch rund ein Dutzend Raubtiere und Aasfresser.

Die Stunde der Aasfresser

Nachdem die Tiere verendet sind, dauert es mehrere Monate, bis ihre Kadaver vollständig im Asphalt eingeschlossen sind. Denn der zähe Schlamm lässt sie nur langsam einsinken. In dieser Zeit nutzen aasfressende Insekten ihre Chance: Vor allem Speckkäfer (Dermestidae) und Schwarzkäfer (Tenebrionidae) fressen nun an den Überresten und legen ihre Eier unter die Haut und in die Knochen der teils mumifizierten Kadaver.

Schwarzkäfer
Im Asphalt konservierter Panzer eines Schwarzkäfers. © Rosemary Romero / Berkeley Fossil Insect PEN

„Vor allem die Fußkochen der Jungtiere sind in ihrem Inneren weich und schwammartig, was den Käferlarven eine ideale Umgebung bietet“, erklärt die Paläontologin Anne Holden vom American Museum of Natural History. „Die Haut der Pflanzenfresser trocknete in der Hitze und Sonne aus und bot nun den Larven dieser Käfer einen subkutanen Lebensraum, der ihnen alles bot, was sie benötigten.“ Die Fraßspuren dieser Aasfresser sind bis heute in vielen Fossilien aus den La Brea Asphaltgruben zu erkennen.

Zeitkapsel der Eiszeit

Mehr als 30.000 Jahre lang – von vor 50.000 bis vor rund 11.000 Jahren – bilden die La Brea Asphalttümpel eine tödliche Falle für die eiszeitliche Tierwelt. Selbst wenn es nur alle paar Jahre vorkommt, dass ein Bison, Kamel oder anderer großer Pflanzenfresser vom Asphalt gefangen wird, reicht dies aus, um im Laufe der Zeit tausende von ihnen in die Tiefen der Asphalttümpel sinken zu lassen. Zusammen mit den Raubtieren und unzähligen kleineren Spezies finden bis zum Ende der Eiszeit Millionen Tiere ihr Ende in La Brea.

Aber auch herabfallende Pflanzenreste und vom Wind eingewehte Pollen werden vom zähen Asphaltschlamm eingeschlossen. Luftdicht umhüllt, überdauern ihre Überreste die folgenden Jahrtausende weitgehend unbeschadet. Während die Eiszeit endet, die letzten Mammuts verschwinden und schließlich die Europäer dieses Küstengebiet Kaliforniens erreichen, bleibt das urzeitliche Erbe im Untergrund verborgen.

Die Entdeckung der ersten Funde in La Brea

Vom Bootspech zur Fossilfundgrube

Jahrtausende nach dem Ende der Eiszeit quillt in Südkalifornien noch immer zäher Asphaltschlamm aua dem Untergrund. Die in dieser Gegend ansässigen Chumash- und Tongva-Indianer nutzen die klebrige Bitumen-Masse, um ihre Boote aus Mammutbaumholz abzudichten. Dies ermöglicht es ihnen, die gesamte Küste per Boot zu erschließen.

Bisonschädel
Viele Knochenfunde aus La Brea hielt man zunächst für tote Rinder. Doch dieser Schädel gehört keiner Kuh, sondern einem Urzeit-Bison (Bison antiquus).© David Monniaux/CC-by-sa 3.0

Wie die Asphaltgruben ihren Namen erhielten

Im Jahr 1769 dringt eine Expedition spanischer Eroberer bis in die Gegend des heutigen Los Angeles vor und stößt auf die Asphaltgruben: „Als sie sie Senke durchquerten, berichteten die Scouts, sie hätten Geysire aus Pech aus dem Grund aufsteigen sehen“, berichtet der spanische Expeditions-Geistliche Juan Crespi. „Sie begegneten vielen dieser Quellen und ganzen Sümpfen davon.“ Nach dem spanischen Wort für „Teer“ taufen die Spanier die Gegend „Los Volcanos de Brea“ – die Teer-Vulkane. Später werden die Asphalttümpel Teil der Rancho La Brea, einem Gut, auf dem Rinder, Pferde und andere Nutztiere gezüchtet werden.

Was sich in dem Asphalt der teilweise erstarrten, teilweise blubbernden Tümpel verbirgt, bleibt jedoch zunächst unentdeckt. Zwar werden immer wieder dunkel verfärbte Tierknochen im Asphalt gefunden, man hält sie jedoch für die Gebeine neuzeitlicher Nutztiere. Erst im Jahr 1901 erkennt der Ölgeologe W. Orcutt, dass diese Knochen weit älteren Ursprungs sein müssen.

Die ersten Ausgrabungen

1913 bis 1915 lanciert daraufhin das örtliche Naturkundemuseum eine erste Ausgrabungskampagne. Die Forscher graben an 96 Stellen Gruben in den Asphalt und suchen nach urzeitlichen Relikten. Was sie dabei enthüllen, ist eine echte Sensation: In den bis zu 15 Meter tiefen Asphaltgruben liegen tausende von gut erhaltenen fossilen Skeletten und Schädeln – eine wahre Schatzkammer der eiszeitlichen Lebenswelt.

Smilodon-Rekonstruktion
Er ist eine Ikone der Eiszeit – und einer der häufigsten Funde in La Brea: die Säbelzahnkatze Smilodon fatalis.© Sergiodlarosa/CC-by-sa 3.0

Überwältigt von diesem schieren Übermaß an Funden bergen die Paläontologen zunächst nur die größten, aufsehenerregendsten Fossilien und lassen alles andere in den Gruben zurück. Doch schon diese ersten Funde können sich sehen lassen. Unter ihnen sind weitgehend intakte Skelette der Säbelzahnkatze Smilodon fatalis, des wolfähnlichen Wildhunds Canis dirus und von vielen der großen Pflanzenfresser der Eiszeit.

Einzigartige Funde

In der Zwischenzeit wächst auf dem einstigen Farmland rund um die Asphaltgruben die Großstadt Los Angeles heran. Heute liegen die Tar Pits mitten im Stadtzentrum, unweit des Wilshire Boulevards im Hancock Park. Doch die Ausgrabungen gehen weiter. Vor allem der sogenannte „Pit 91“ erweist als besonders reiche Fundgrube. Seit 1969 sind Paläontologen dabei, akribisch alle im Asphalt enthaltenen Fundstücke aus dieser Grube zu bergen und zu beschreiben.

Was bei diesen Ausgrabungen zutage tritt, ist weltweit einzigartig…

Was die Fossilfunde von La Brea verraten

Eine ganze Lebenswelt

Canis dirus
Der wolfsähnliche Wildhund Canis dirus ist in den La Brea Asphaltgruben besonders häufig vertreten.© WolfmanSF/CC-by-sa 3.0

Inzwischen haben Paläontologen Millionen Fundstücke aus den Asphaltgruben von La Brea geborgen. Unter ihnen sind mehr als 230 verschiedene Wirbeltierarten, 234 Spezies von wirbellosen Tieren und 159 Pflanzenarten. Mit Abstand am häufigsten sind mit gut 4.000 Exemplaren der wolfsähnliche Canis dirus, gefolgt von der Säbelzahnkatze Smilodon mit gut 2.000 Exemplaren – nirgendwo sonst auf der Welt sind diese ausgestorbenen Eiszeit-Räuber in so großer Zahl konserviert. Aber auch unzählige Pumas, Luchse, Füchse, Riesenfaultiere, verschiedene Bären und Kojoten wurden in La Brea gefunden.

„Das Aufregendste daran ist die schiere Menge der Fossilien“, erklärt Robin O’Keefe vom Marshall College in West Virginia. „Statt nur Individuen zu studieren, können wir hier ganze Populationen untersuchen und erforschen, wie sie sich entwickelten.“ Der zähe Asphalt konservierte Raubtiere gemeinsam mit ihrer Beute, Jungtiere mit ihren Eltern, Wirbeltiere ebenso wie Wirbellose.

Wölfe und Säbelzahnkatzen jagten anders

So belegen die Fossilien von La Brea unter anderem, dass die Säbelzahnkatzen ihre kräftigen Vorderpranken nutzten, um ihre Beute zu packen und zu Boden zu reißen. Ihre langen Eckzähne kamen dagegen erst beim Tötungsbiss zum Einsatz, wie Verletzungsmuster an den Smilodon-Fossilien belegen. „Die Säbelzahnkatzen hatten fast keine Nacken- oder Kopfverletzungen, was darauf hindeutet, dass sie ihre kostbaren Zähne schützten“, berichtet Caitlin Brown von der University of California in Los Angeles. Dafür weisen die Fossilien dieser Großkatzen auffallend viele Schulterverletzungen auf.

Ganz anders bei dem wolfsartigen Canis dirus: „Die Dirus-Wölfe jagten in Rudeln und waren im Prinzip Gebisse auf Beinen“, so Brown. Sie bissen sich oft zu mehreren an ihrer Beute fest und zerrten sie so zu Boden. „Viele ihrer Verletzungen konzentrierten sich daher im Nackenbereich, sie wurden ihnen zugefügt, als sie von der um sich tretenden Beute mitgeschleift wurden“, erklärt die Paläontologin.

Smilodon-Skelett
In La Brea gefundenes Skelett der Säbelzahnkatze Smilodon fatalis.© lora_313/CC-by-sa 2.0

Und noch einen Unterschied zwischen eiszeitlichen Raubkatzen und Wölfen decken die La-Brea-Fossilien auf: Isotope im Zahnschmelz deuten darauf hin, dass zwar beide Raubtiergruppen große Pflanzenfresser jagten. Doch ihre Jagdgebiete unterschieden sich: „Die Katzen, darunter Säbelzahnkatzen, Amerikanische Löwen und Pumas, jagten Beute, die sich vorwiegend im Wald aufhielt“, berichtet Larisa de Santis von der Vanderbilt University. „Die Dirus-Wölfe dagegen spezialisierten sich auf Pflanzenfresser der offenen Landschaften wie Bisons und Pferde.“

Spezialisiert auf Mammut, Riesen-Bison und Co

Der Vergleich von Fossilfunden aus unterschiedlich alten Asphaltgruben liefert auch erste Hinweise auf eine der großen Fragen zur Eiszeitfauna: Warum starben ausgerechnet die einst so
häufigen und erfolgreichen Säbelzahnkatzen aus? Ein Faktor dafür war offenbar die Strategie, mit der diese Großkatzen auf das wärmer werdende Klima reagierten: „In den jüngsten Katzenfossilien sehen wir dickere und größere Kiefer – ein Indiz dafür, dass sie sich wahrscheinlich auf größere Beutetiere spezialisierten“, erklärt Julie Meachen von der Des Moines University. Neben den mehr als eine Tonne schweren Riesen-Bisons (Bison latifrons) mit ihren mehr als einen Meter langen Hörnern gehörten auch Präriemammuts und Mastodons zu ihrer Beute.

Doch als diese typischen Vertreter der eiszeitliche Megafauna vor gut 10.000 Jahren ausstarben, könnte dies auch für die auf diese Beute spezialisierten Säbelzahnkatzen das Ende bedeutet haben. „Es wurde für diese Großkatzen wahrscheinlich immer schwieriger Beute zu finden – insbesondere, wenn sie mit den Menschen konkurrierten“, erklärt de Santis. Pumas und Jaguare dagegen waren weniger stark spezialisiert und nahmen auch mit kleinerer Beute oder Aas vorlieb. Das könnte erklären, warum sie als einzige der früher sechs in Nordamerika heimischen Großkatzenarten bis heute überlebt haben.

Jagd
Säbelzahnkatzen jagten auf andere Weise als die Dirus-Wölfe. © historisch

Das Rätsel bleibt

Weshalb allerdings die meisten großen Pflanzenfresser der Eiszeit – und damit die Beutetiere der Säbelzahnkatzen – so plötzlich verschwanden, ist bis heute umstritten. Einige Forscher halten das Klima und den damit verbundenen Wandel der Vegetation für die Hauptursache, andere sehen die verstärkte Jagd durch den Menschen als Grund. Warum Mamut und Co tatsächlich verschwanden, bleibt jedoch vorerst ein Rätsel.

Doch möglicherweise könnten neue, bisher noch nicht untersuchte Funde in den Asphaltgruben von La Brea mehr Aufschluss geben…

Die Entdeckungen gehen weiter

Project 23

Paläontologie-Labor
Mehr Funde als sie verarbeiten können: Blick in Paläontologie-Labor im Museum von La Brea.© Joe Mabel /CC-by-sa 3.0

Schon jetzt gehören die Asphaltgruben von La Brea zu den reichhaltigsten Fundstätten eiszeitlicher Fauna weltweit – doch ihr Reichtum ist noch lange nicht ausgeschöpft. Ganz im Gegenteil. Als im Jahr 2006 eine neue Tiefgarage für das La Brea Tar Pit Museum gebaut werden sollte, entdeckten Paläontologen bei Vorgrabungen 16 neue Gruben, in denen die eiszeitlichen Relikte dicht an dicht liegen.

Neue Funde beim Parkhausbau

Um den Bau des Parkhauses voranzubringen, wurden die Ablagerungen mitsamt ihres Inhalts kurzerhand in 23 große Blöcke zerteilt und von Kränen aus dem Boden gehoben. Jeder dieser in Holzkisten verpackten Asphaltblöcke ist zwischen 1,50 und drei Meter groß und wiegt bis zu 55 Tonnen. Seither arbeiten Paläontologen und freiwillige Helfer im „Project 23“ daran, die in dem Asphalt verborgenen Schätze freizulegen. Um der schieren Masse dieser Funde Herr zu werden, pausieren seither sogar die Ausgrabungen im legendären Pit 91.

Die Paläontologen bearbeiten immer nur einen Asphaltblock zur Zeit. Vorsichtig tragen sie nach und nach den Asphalt ab und legen Schicht für Schicht neue Knochen, Pflanzenreste und andere Fossilien frei. Dank der dichten, stabilen Asphaltmasse sind selbst zarte Details eiszeitlicher Insekten oder Pflanzen erhalten. Auch die Lage der tierischen Knochen zueinander blieben erhalten.

3D-Scan
Forscherin beim Einscannen eines Wildhund-Kieferknochens mit dem mobilen Scanner Artec Space Spider. © Artec 3D

Modernste Scan-Technik hilft bei der Dokumentation

Um die Fossilien möglichst intakt zu dokumentieren, nehmen die Forscher heute modernste Technik zu Hilfe: Spezielle 3D-Streifenlicht-Scanner zeichnen die Form und Position der Fundstücke detailgetreu und bis auf 0,05 Millimeter genau auf. „Der Artec Space Spider erfasst die komplexe Geometrie der Knochen bis ins kleinste Detail“, erklärt Carrie Howard, Spezialistin für Bildverarbeitung in La Brea. „Denn manche weisen Formen und Oberflächenmerkmale auf, die nur schwer zu erfassen sind, beispielsweise die schwungvollen Rundungen einer Bisonrippe, die Eckzähne einer Säbelzahnkatze oder die Mittelfußknochen eines Kurznasenbärs.“

Um ein neues Fossil zu erfassen, benötigt die Forscherin nur wenige Minuten: Sie legt das Fossil auf einen kleinen Drehtisch und führt dann den Handscanner langsam auf und ab, während sie den Tisch langsam dreht. Das Gerät tastet so das Fundstück rundherum ab. Mithilfe einer speziellen Software entsteht aus diesen Scans ein 3D-Modell des Fossils. Bei Project 23 können Besucher des La-Brea-Museums das Scannen und das Entstehen der 3D-Modelle live mitverfolgen.

3D-Scannen von Fossilien aus den La Brea Asphaltgruben. © Artec 3D

„Zed“ das Mammut

Obwohl bisher erst ein Bruchteil der 23 Asphaltblöcke bearbeitet ist, schätzen die Paläontologen schon jetzt, dass die Funde in diesen Blöcken einige Millionen Fossilien stecken. Sie könnte die Zahl der bisher bekannten Funde aus La Brea mehr als verdoppeln. Bereits bei der Aushebung der 23 Asphaltblöcke stießen die Forscher sogar auf einen absoluten Star unter den Eiszeittieren: ein ausgewachsenes Prärienammut.

Zed, das Präriemammut
Zed, das Kolumbianische Mammut von La Brea.© Laika ac /CC-by-sa 2.0

Mit einer Schulterhöhe von vier Metern und rund zehn Tonnen Gewicht waren diese Kolosse die größten Mammuts des Eiszeitalters. „Zed“, wie das in La Brea entdeckte Mammut getauft wurde, war ein ausgewachsenes Männchen mit beeindruckenden, drei Meter langen Stoßzähnen. „Sein Name steht für den Beginn einer neuen Ära der Entdeckungen und Forschung“, sagt John Harris, Chefkurator des Page Museums in La Brea. „Zed symbolisiert das Potenzial von Project 23, unser Wissen über diese Region zu revolutionieren.“

Klar scheint: Die Asphaltgruben von La Brea bergen noch unzählige Relikte der Eiszeit – auch über Project 23 hinaus. Vielleicht können einige der zukünftigen Funde sogar das Geheimnis der verschwundenen Megafauna lösen. Man darf gespannt sein, was die Paläontologen in La Brea in den nächsten Jahren noch alles entdecken – Überraschungen nicht ausgeschlossen.