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Biologie

Warum bekommen Spechte keine Gehirnerschütterung?

Wissenswert

Specht
Ein Specht hämmert mit seinem Schnabel in hoher Geschwindigkeit gegen Baumstämme und bekommt keine Gehirnerschütterung. © Ian_Sherriffs / Getty images

Schon beim Zusehen könnte man Kopfschmerzen bekommen: Spechte hämmern mit ihren Schnäbeln den lieben langen Tag gegen Bäume und scheinen keinerlei Schäden davon zu tragen. Ihr Gehirn kann die ständigen Erschütterungen und Schläge problemlos verkraften. Jeder Boxer könnte glatt neidisch auf die kleinen, aber lauten Vögel werden. Haben Spechte eine geheime Superkraft?

Mit seinem stabilen Schnabel baut sich der Specht Höhlen in den Stämmen von Bäumen. Die dienen zum einen als Zuhause oder Futterverwahrung für den Specht selber. Aber die Höhlen sind auch wichtig, um potentielle Partnerinnen zu beeindrucken. Die lockt er dann ebenfalls mit seinem Schnabel an, indem er schöne Melodien auf der Baumrinde trommelt. Auch um an seine Nahrung in Form von unter der Rinde lebenden Insekten zu gelangen, nutzt der Specht seinen Schnabel.

Spechte haben einen Stiernacken

Diese viele Arbeit mit dem Kopf kann der Specht nur aufgrund seiner besonderen Anatomie verrichten. „Normalerweise haben Vögel drei Vorder- und eine Hinterzehe. Bei den Spechten dagegen zeigen jeweils zwei Zehen nach vorne und zwei nach hinten. So finden sie besseren Halt beim Klettern“, erklärt der Vogelexperte Ulf Bähker vom Naturschutzbund Deutschlands (NABU).

Die Vögel haben außerdem eine verstärkte Halswirbelsäule und sehr ausgeprägte Halsmuskeln. Das Anspannen dieser Muskeln federt dann die Stöße, die beim Hämmern entstehen, ab.

Spatzenhirn und Dickschädel sind keine Beleidigung

Doch auch das Gehirn und die Kopfstruktur des Vogels sind perfekt an die tägliche Belastung angepasst. Die Gehirne der Spechte wiegen nur etwa zwei Gramm und sind damit sehr klein. Durch die geringe Masse bekommt das Gehirn beim ruckartigen Hämmern weniger Bewegungsenergie, sodass das Risiko einer Hirnverletzung gesenkt wird. Außerdem füllt das Gehirn der Spechte fast den gesamten Schädel aus und kann bei den Hämmerschlägen nicht so viel hin- und herschwappen – ganz im Gegensatz zu unserem Gehirn. Das hat nämlich in einer großen Menge von Hirnflüssigkeit viel Bewegungsfreiheit und kann so schnell mal gegen die Schädelwand prallen.

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Außerdem sitzt der Schnabel genau an der richtigen Stelle, nämlich etwas unterhalb des Gehirns. Dadurch trifft die Kraft des Aufschlags nicht direkt auf das Gehirn, sondern wird von den Knochen aufgefangen. Die Knochen des Spechtschädels sind dabei sehr dick und wirken wie ein Stoßdämpfer: Die Energie des Stoßes „wird um den ganzen Schädel herum bis zum stabilen Knochengewebe der Schädelbasis und der Rückseite übertragen“, erklärt der Ornitholoe Richard Prum von der Yale University. Kurz bevor der Schnabel auf die Baumrinde trifft, schließt der Specht außerdem seine Augen. So wird verhindert, dass die Kraft des Aufpralls die Augen aus ihren Höhlen drückt.

Jeder Tag ist ein „Hammertag“

Diese herausragenden Eigenschaften, die der Specht im Laufe der Evolution entwickelt hat, erlauben dem Vogel also jeden Tag Erstaunliches zu leisten: Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometer pro Stunde hämmert der Specht im Durchschnitt 12.000 Mal am Tag auf die Baumrinde. Doch dank seiner besonderen Anatomie gehen nur 0,3 Prozent der Energie des Aufpralls auf das Spechtgehirn über, während die restlichen 99,7 Prozent der Energie vom Körper des Spechts aufgefangen werden.

Die spezielle Spechtanatomie inspirierte sogar die Entwicklung von Helmen für Sportarten wie Football, um die Sportler besser vor Gehirnerschütterungen zu schützen.

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