Evolution auf Wanderschaft

Landbrücken

Verbindet Nord- und Südamerika: Panama © NASA

Seit Jahrmillionen verändert sich das Erscheinungsbild der Erde – langsam aber stetig. Doch nicht nur die Kontinente drifteten auseinander oder verschmolzen, auch an der Tier- und Pflanzenwelt gehen die dramatischen Umgestaltungen der Erdoberfläche nicht spurlos vorbei.

Werden ehemals verbundene Landmassen getrennt, reisst dies auch tierische und pflanzliche Lebensgemeinschaften auseinander. Ihre Entwicklung geht von da an getrennte Wege. Auf vielen Inseln, wie Australien oder Madagaskar, entstand so eine völlig eigenständige Fauna und Flora.

Doch während an einem Ende der Welt Landmassen auseinanderdriften, verschmelzen woanders Kontinente und werden eins, wie zum Beispiel in Panamá, der Schnittstelle zwischen Nord- und Südamerika. Menschen, Tieren und Pflanzen bietet sich auf einmal ein neuer Lebensraum. Aber auch nur vorübergehende Verbindungen, wie die Landbrücke über die Beringstraße, können weitreichende Folgen haben…

Ute Schlotterbeck
Stand: 12.04.2003

Weit entfernte Verwandtschaft

Wanderung über die Kontinente

Warum gibt es Beuteltiere in Australien, aber nirgendwo sonst? Und warum finden sich die gleichen Tierarten diesseits und jenseits der Beringstraße, obwohl es doch zwischen ihnen keine Verbindung gibt? Um dieses Phänomen zu erklären, müssen wir weit zurückgehen in die Geschichte der Erde und der Kontinente:

Urkontinent Pangäa vor 200 Millionen Jahren © MMCD

Die Erde hat nicht immer so ausgesehen wie heute – gegen Ende des Paläozoikums sind die heutigen Kontinente noch fest miteinander verbunden und bilden den Ur-Kontinent Pangaea. Vor ungefähr 180 Millionen Jahren beginnt dieser dann auseinanderzubrechen. Durch das so genannte „sea-floor-spreading“ – der Neubildung von Ozeanboden und dem Auseinanderdriften der Kontinente – entstehen der Nordkontinent Laurasia und der Südkontinent Gondwana. Als diese Kontinente wiederum zerbrechen, trennen sich zuerst die südlichen und später dann auch die nördlichen Teile. Im Laufe der Erdgeschichte wird sich dieses Auseinanderdriften und in neuer Kombination Zusammenschmelzen von ganzen Erdteilen mehrfach wiederholen.

Solche großräumigen Umgestaltungen gehen auch an der Pflanzen- und Tierwelt nicht spurlos vorüber. Bei einer Annäherung verschiedener Regionen oder Kontinente sind es immer zuerst die Meeresbewohner, und später auch Landtiere und Pflanzen, die den Sprung auf das neue Territorium schaffen. Werden umgekehrt ehemals miteinander verbundene Landmassen getrennt, geht auch die jeweilige Tier- und Pflanzenwelt ihre eigenen Wege. Übereinstimmungen von Lebensgemeinschaften in heute weit entfernten Regionen, zeigen daher oft an, dass diese in der früheren Erdgeschichte einmal miteinander verbunden waren.

Auch Landbrücken dienen als Erklärung. Diese Landverbindungen zwischen zwei Kontinenten, die zur Verbreitung von Flora und Fauna beigetragen haben, existierten vor allem vom Tertiär bis ins Pleistozän. Der Grund hierfür war, dass insbesondere während des Eiszeitalters starke Meeresspiegelschwankungen über Zehntausende von Jahren vorkamen. Dadurch entstanden überhaupt erst Landbrücken, die die Wanderung von Tieren und Menschen sowie die Ausbreitung von Pflanzen ermöglichten.

Die unterschiedlich alten Trennungen oder Verbindungen spiegeln sich besonders gut wider, wenn man die Erde unter bio- beziehungsweise zoogeographischen Aspekten betrachtet. Die Floren- und Faunenregionen sind fast identisch und verdeutlichen noch heute die früheren Zusammenhänge der heutigen Kontinente.

So haben Pflanzen- und Tierwelt zu beiden Seiten des Atlantiks auf der Nordhalbkugel trotz des trennenden Meeres noch immer viele Gemeinsamkeiten, sie werden daher auch zu einer biogeographischen Region, der so genannten Holarktis, zusammengefasst. Deutlich größer sind die Unterschiede in der Pflanzen- und Tierwelt auf der Südhalbkugel. Hier wird beispielsweise zwischen den Tropen der Alten Welt (Paläotropis) und denen der Neuen Welt (Neotropis) unterschieden.

Ursache für diese Aufsplittung: Die Kontinente der Südhalbkugel haben sich in der Erdgeschichte schon viel früher voneinander gelöst als im Norden, die Evolution begann daher ebenfalls schon früher, eigene, getrennte Wege zu gehen…


Stand: 12.04.2003

Die Beringstraße

Zu Fuß von Asien nach Amerika

Ehemalige Landbrücke: die Beringstraße © NASA

Schon 1590 vermutete der spanische Jesuit José de Acosta, dass es eine Verbindung zwischen Amerika und Asien in Form einer Landbrücke gegeben haben muss. Ähnlichkeiten bei Tieren und auch den menschlichen Bewohnern beiderseits des Atlantiks brachten ihn darauf. Tiere und Menschen, so seine Vorstellung, seien über diese Verbindung gegangen und hätten sich so vermischt und angeglichen.

Und de Acosta sollte recht behalten: Inzwischen ist es erwiesen, und auch Geologen sind sich einig, dass während zwei langer Perioden, die 75.000 bis 45.000 und 25.000 bis 14.000 Jahre zurückliegen, diese Landbrücke zwischen den Kontinenten tatsächlich existierte.

Eis als Ursache

Doch wie war diese „Brücke“ im Meer entstanden? Schuld war das Eis: In bis zu 3.000 Meter dicken Gletschern wurden während der damals herrschenden Kaltzeiten gewaltige Wassermassen gebunden, so dass der Meeresspiegel bis zu 150 Meter tiefer lag als heute. Eine Folge davon war die Trockenlegung eines der flachsten Meeresböden der Welt – der Beringstraße. So entstand nicht nur eine flache Landbrücke, sondern sogar ein kleiner Subkontinent zwischen Amerika und Asien, der heute noch „Beringia“ genannt wird.

Bis zum Ende der letzten Eiszeit – also vor ungefähr 14.000 Jahren – existierte diese Verbindung zwischen den zwei Kontinenten. Eine unwirtliche Gegend, in der heftige kalte Winde über das Land fegten. Als Tiere und Menschen von Sibirien nach Alaska zogen, glich die Landbrücke einer baumlosen Ebene, die jedoch nur mit Grasland und Sträuchern bedeckt war. Gerade ausreichend, um die Säugetiere der späten Eiszeit zu ernähren.

Landbrücke als Zuflucht

Mammut © MMCD

Vermutlich war Beringland, wie Beringia auch genannt wird, in den kalten Phasen der letzten Eiszeit sogar eine Art Zufluchtsort für Menschen und Tiere. Denn auch als Asiens und Amerikas Steppen schon unter kilometerdicken Eispanzern lag, war die Landbrücke noch immer eisfrei. Als sich die Verhältnisse dann änderten und es langsam wärmer wurde, zogen riesige Mammut- und Bisonherden gen Osten nach Amerika. Aber auch Bären, Wölfe, Säbelzahntiger, Moschusochsen und Rentiere nutzten die Landverbindung zwischen den Eismassen.

Kurz darauf folgten asiatische Jäger den Tieren – ihrer Beute – durch den eisfreien Korridor über die Beringstraße. Die ersten Amerikaner kamen also aus Asien, genauer gesagt aus Sibirien. Eine postglaziale Besiedlung vor ungefähr 12.000 bis 11.000 Jahren belegen heute paläarktische Fundstätten am Youkon und in Alaska. Untersuchungen von Schädeln, die im Umkreis der großen Mounds – der indianischen Grabhügel – gefunden wurden, belegen, dass amerikanische Indianer und asiatische Mongolen vom gleichen Menschentyp abstammen.

Vor allem bei der vergleichenden Erforschung der Zahnstellung bei Nordasiaten und Indianern, konnten auffallende Übereinstimmungen festgestellt werden. Nach Ansicht von Christy Turner – einer Expertin für prähistorische Zahnkunde – wanderten schon vor mehr als 14.000 Jahren die ersten Asiaten nach Amerika ein. Einige Jahrtausende später folgten weitere Einwanderungswellen von sibirischen Vorfahren der Eskimos, Athapasken und andern Nordwestküstenindianern. Doch nicht nur in der Anatomie, auch bei den sprachlichen und kulturellen Traditionen sind beiderseits der Beringstraße Gemeinsamkeiten festzustellen.

Ein weiterer Faktor, der auf die Herkunft der „native Americans“ schließen lässt, ist ihr Erbgut. Fünf Erblinien erkannten Molekularanthropologen bei den amerikanischen Ureinwohnern, vier davon stimmen mit denen verschiedener asiatischer Populationen überein. Die fehlende fünfte Erblinie fand man bei den Europäern. Ist das ein möglicher Hinweis für die Widerlegung der These, dass die Ur-Amerikaner nur über die Beringstraße kamen? Seit einigen Jahren mehren sich die Stimmen, die es für wahrscheinlich halten, dass Amerika schon vor den Einwanderern aus Asien besiedelt war. Fossilienfunde, die eindeutig älter sind als 14.000 Jahre, belegen dies unter anderem. Vermutlich fanden Menschen aus dem heutigen China, Australien, Polynesien und vielleicht sogar Europa ihren Weg über das Meer bis nach Amerika.

In umgekehrter Richtung, also von Amerika nach Asien, zogen vor allem Kamele, Pferde und Elche. Vor ungefähr 14.000 Jahren, als die letzte Eiszeit endete, begann der Meeresspiegel wieder zu steigen. Vor 9.000 Jahren schließlich war die Landbrücke über die Beringstraße dann vollkommen verschwunden.

Schutz für die „subarktische Serengeti“

Beringmeer zwischen Rußland und Alaska © NASA

Heute wird die Beringstraße von amerikanischen Umweltschützern als die „subarktische Serengeti“ bezeichnet. Und das nicht ohne Grund – zahlreiche Walarten, Walrosse, Seehunde und Robben sowie riesige Fischschwärme tummeln sich in der Bergingstraße und dem Beringmeer. Dazu kommen noch unzählige Vogelarten, die hier ihre Rast- und Nistplätze haben. Flora und Fauna beider angrenzender Landmassen – also Russland und Alaska – sind weitestgehend identisch.

Um dieses einzigartige Ökosystem zu schützen, wurde bereits 1991 von Michail Gorbatschow und George Bush die Errichtung des ersten grenzübergreifenden Naturreservats zwischen Amerika und Russland verkündetangekündigt. „Beringian Heritage International Park“ sollte dieses Reservat heißen. Doch bis heute ist das Gesetz zur Errichtung des Parks sowohl von den Russen, als auch den Amerikanern, nicht verabschiedet worden…


Stand: 12.03.2003

Auswirkungen auf die Ozeanzirkulation

Als sich die Landbrücke von Panamá schloss…

Die Beringstraße war keineswegs die einzige Landbrücke, die die Naturgeschichte des amerikanischen Kontinents entscheidend prägte. Auch die Verbindungsstelle beider Amerikas, die Landbrücke von Panama, spielte und spielt sowohl für die Verteilung der heutigen Pflanzen- und Tierwelt als auch für das globale Klima eine wichtige Rolle.

3 Mio. Jahre alt: Landbrücke Panama © NASA

Bis vor rund 2,5 Millionen Jahren waren Süd- und Nordamerika zwei getrennte Kontinente. Beiderseits der trennenden Meerenge entwickelten sich voneinander unabhängig unterschiedliche Tier- und Pflanzengruppen. Doch mit der Schließung der Landbrücke wurde eine Verbindung der ehemals getrennten Kontinente hergestellt. Den Tieren boten sich nun plötzlich in beide Richtungen neue Wege, um in ein vorher unerreichbares Land vorzudringen. Die darauf folgenden Wanderungen werden auch „Great American Interchange“ (Großer amerikanischer Austausch) genannt.

Artenvielfalt dank „Völkerwanderung“

Vor allem in Panamá – der Landenge zwischen Nord- und Südamerika – hinterließ diese „Völkerwanderung“ noch heute eine ungewöhnlich hohe Artenvielfalt. Kein Wunder also, dass Panamá aus dem Indianischen übersetzt „Reichtum an Fischen, Schmetterlingen und Vögeln“ bedeutet. Da am Isthmus nord- und südamerikanische Arten aufeinander „prallen“, leben dort sowohl der Jaguar und der Tapir aus Südamerika, als auch das Faultier und der Ameisenbär aus Nordamerika.

Ende der 90er Jahre lebten in Panamá 218 Säugetierarten, 929 Vogelarten und 226 Reptilienarten. Zu den in Panamá vorkommenden Wildtieren gehören nahezu alle in Südamerika einheimischen Arten – unter anderem der Puma, das Gürteltier und der Klammeraffe. Aber auch Panamás Ökosysteme können sich sehen lassen und reichen von Korallenriffen, Mangrovenwäldern, tropischen Nebel- und Regenwäldern bis hin zu Savannen. Mehr als 2.000 verschiedene Tropenpflanzen sind hier beheimatet.

Klimawandel durch Landbrücke?

Doch die tektonische Schließung der Landbrücke von Panamá vor 2,5 Millionen Jahren, könnte, so glauben Klimaforscher, auch auf die Meeresströmungen weitreichende Folgen gehabt haben. Doch in welchem direkten Zusammenhang steht die Landbrücke von Panamá mit der Ozeanzirkulation? Mit dem Schließen der Landbrücke, so die Hypothese, stellten sich die Meeresströmungen im Nordatlantik um. Vor dem Zusammenwachsen von Nord- und Südamerika konnte in Panama eine ungehinderte Vermischung zwischen kaltem Wasser aus dem Pazifik und warmen Wasser aus der Karibik stattfinden.

Das Wasser, das im Atlantik nach Norden Richtung Grönland strömte, war dadurch weniger warm und salzärmer als heute. Als Folge verdunstet weniger Wasserdampf im Nordmeer und die für den Aufbau der Eisschilde notwendige Luftfeuchtigkeit fehlte. Gleichzeitig funktionierte die so genannte thermohaline Zirkulation nur abgeschwächt. Das Wasser sank aufgrund seines geringeren Salzgehalts und der zu niedrigen Dichte nicht in der Labrador-See ab, der Motor des heutigen Golfstroms stand still.

Seitdem sich die Landbrücke geschlossen hat, kann der Golfstrom das warme, salzhaltige Wasser aus der Karibik bis nach Grönland transportieren. Dort kühlt das Wasser ab, sinkt und fliesst in zwei bis drei Kilometer Tiefe wieder nach Süden. Riesige Wassermengen werden so zwischen Grönland und Norwegen sowie in der Labrador-See umgewälzt – 18 Millionen Kubikmeter Wasser gelangen pro Sekunde in die Tiefe. Mit dem Golfstrom strömt auch warme feuchte Luft in den Norden – Luftfeuchtigkeit, die in Grönland als Schnee auf die Erde fällt und somit mitverantwortlich für die Vereisung und den Aufbau der Eisschilde ist.

Doch lässt sich diese Hypothese eines Zusammenhangs zwischen der Schließung der panamaischen Meeresverbindung und der zunehmenden Vereisung Grönlands belegen? Ein Argument für einen Zusammenhang ist die zeitliche Koinzidenz zwischen der Bildung der Eisschilde und der Schließung der Landbrücke. Gestützt wird dies durch Untersuchungen an Meeresbewohnern – vor allem der Mollusken – die auf der pazifischen und atlantischen Seite des Isthmus zu finden sind.

Dabei fanden Forscher heraus, dass sich vor rund acht Millionen Jahren noch auf beiden Seiten eine ähnliche Fauna fand. Vor ungefähr 2,5 Millionen Jahren war dieser Austausch dann nicht mehr möglich – die Landbrücke hatte sich vollständig geschlossen und die Mollusken-Fauna entwickelte im Laufe der Zeit unterschiedliche pazifische und karibische Arten. Geochemische Untersuchungen mit Hilfe von radiogenen Isotopen haben diese Ergebnisse bestätigt.


Stand: 12.04.2003

...mit Parallelen zu anderen Erdteilen

Entwicklung in der Isolation…

Australien ist anders – zumindestens was die Flora und Fauna dieses Kontinents betrifft. Aufgrund ihrer Entwicklung in völliger Isolation von anderen Landmassen, konnte hier eine sehr spezifische Vegetation entstehen. Auch die urtümliche Tierwelt blieb von Verdrängungen erfolgreicherer Tiergruppen verschont. Doch wie kam es überhaupt zu dieser isolierten Evolution?

Südkontinent Gondwana © MMCD

Ursprünglich gehörte Australien zu Gondwana, das wiederum ein Teil des Urkontinents Pangäa war. Vor ungefähr 150 Millionen Jahren – im mittleren Mesozoikum – begann die riesige Landscholle auseinander zu brechen. Während Afrika und Indien sich loslösten und in verschiedene Richtungen weg drifteten, blieben Südamerika, die Antarktis und Australien vorerst noch verbunden. Erst vor 60 Millionen Jahren trennte sich Australien von dem Gondwana-Überbleibsel (Antarktis) und driftete langsam in nördliche Richtung – ein eigenständiger australischer Kontinent entstand.

Über Millionen von Jahren verteilt ereigneten sich noch verschiedenste tektonische Prozesse, die das heutige Relief Australiens entstehen ließen. Erst mit dem Ende der letzten Eiszeit waren diese Veränderungen abgeschlossen. Das Erdklima erwärmte sich, die Gletscher schmolzen, die Weltmeere stiegen an und die Landbrücken zu Neuguinea und Tasmanien verschwanden.

Nach der Abspaltung Australiens von den Landmassen Gondwanas verlief die Evolution der australischen Pflanzen- und Tierwelt – bedingt durch die Insellage und nicht vorhandene Landbrücken – unabhängig von der der übrigen Kontinente. 90 Prozent der Pflanzen- und noch mehr Tierarten sind endemisch, das heißt, ihr Vorkommen beschränkt sich nur auf Australien. Sie kommen nirgendwo anders auf der Welt vor.

Noch heute lässt sich die Reihenfolge, in der sich die umliegenden Inseln und Landmassen vom australischen Kontinent lösten, anhand der Tier- und Pflanzenwelt nachvollziehen. Die meisten Parallelen gibt es heute zur Tierwelt Neuguineas, die evolutionsbiologisch betrachtet daher sogar der australischen Fauna zugerechnet wird. Kein Wunder, hingen beiden Landmassen immerhin noch bis vor rund 60 Millionen Jahren zusammen.

Doch auch mit der südafrikanischen Tierwelt gibt es Übereinstimmungen, wenn auch weniger ausgeprägte. Auch Südafrika war schließlich einmal Teil des Urkontinents Gondwana und ein Austausch beziehungsweise Wanderungen der Tiere zwischen den heute weit entfernten Kontinenten war bis vor rund 150 Millionen Jahren noch ungehindert möglich.


Stand: 12.04.2003

Australiens Fauna und Flora

Alles ist hier anders

Ein Charakteristikum der australischen Tierwelt sind die Beuteltiere, die auf dem fünften Kontinent viele für Wirbeltiere typische biologische Nischen besetzen. Säugetiere waren dagegen ursprünglich hier kaum zu finden. Besonderes – und namensgebendes – Kennzeichen der Beuteltiere ist, dass sie ihren Nachwuchs im Beutel säugen. Der wohl bekannteste Vertreter dieser Tiergruppe ist das Känguru, das es wahrscheinlich schon vor ungefähr 15 Millionen Jahren gab.

Aber auch andere Tierarten, die es nur in Australien gibt, konnten sich auf dem abgeschiedenen Kontinent ungestört entwickeln. Die riesigen Salzwasser-Krokodile (Salties) haben sich seit dem Aussterben der Dinosaurier kaum verändert. Als weitere Beispiele sind außerdem die Koalas, Wallabys, Dingos und Kloakentiere zu nennen. Auch die primitiven Kloakentiere sind eine australische Besonderheit – sie sind weltweit die einzigen Eier legenden Säugetiere. Zu dieser besonderen Tiergruppe gehören noch Schnabeltiere und Ameisenigel. Sie werden auch aufgrund ihrer vielen urtümlichen Merkmale als „lebende Fossilien“ bezeichnet.

Auf den anderen Kontinenten sind die Säugetiere (Mammalia) größtenteils Plazentatiere, das heißt ihre Jungen wachsen in der Gebärmutter, werden über die Plazenta ernährt und voll ausgebildet geboren. Die meisten australischen Säugetiere sind hingegen so genannte Monotremen (eierlegende Säugetiere) oder Marsupialia, Beuteltiere die noch embryonale Junge zur Welt bringen.

Aber wieso gibt es in Australien keine höheren Säugetiere, wie auf den anderen Kontinenten? Eine Erklärung könnte sein, dass die Verbindung zum Urkontinent abriss, bevor weitere Säugetiere nachkommen konnten. Die Beuteltiere haben diese Landbrücke offensichtlich besser überwinden können, und konnten sich aufgrund der fehlenden Konkurrenz ungestört entwickeln.

Bedrohte Vielfalt

Nach Schätzungen leben auf dem fünften Kontinent bis zu 300.000 verschiedene Tierarten, von denen bis jetzt aber nur ungefähr 100.000 erforscht sind (252 Säugetierarten, 751 Vogelarten, 748 Reptilienarten, über 205 Amphibienarten, 200 Süßwasserfischarten und der Rest sind Insekten und Wirbellose). Seit der Besiedelung Australiens durch Europäer sind bereits 20 Säugetier- und 16 Vogelarten ausgestorben. Gründe hierfür sind vor allem die Zerstörung des natürlichen Lebensraums und die Einfuhr fremder Arten.

Die endemischen Arten sind aufgrund des normalerweise fehlenden Konkurrenzdrucks den fremden Tieren nahezu schutzlos ausgeliefert. „Hauptzerstörer“ der einheimischen Natur war und ist hierbei das Kaninchen, das sich explosionsartig vermehrt. Sie kamen mit dem ersten Sträflingstransport nach „Down Under“ und fanden in ihrem neuen Lebensraum ideale Voraussetzungen mit wenigen natürlichen Feinden. So wurden sie zur regelrechten Landplage – Anfang des 20. Jahrhunderts schätze man ihre Gesamtzahl auf 500 Millionen.

Eukalyptus und Co.

Auch die australische Vegetation – Flora australis genannt – hat Besonderheiten zu bieten: 22.000 unterschiedliche Pflanzenarten sind hier beheimatet. Die bekannteste australische Pflanzenart ist mit Sicherheit der Eukalyptusbaum, der über den gesamten Kontinent verteilt ist, und sich den verschiedenen klimatischen Verhältnissen bestens anpasst. Vor 35 Millionen Jahren begann der Siegeszug der Eukalyptusbäume auf dem fünften Kontinent. Sie verdrängten die dichten Wälder der Tertiärzeit und besetzten ökologische Nischen, die andere Pflanzen auf den übrigen Kontinenten einnehmen. Über 500 Eukalyptusarten gibt es.

Wie vor Jahrmillionen wachsen immer noch einige urtümliche Pflanzen ungestört in der australischen Wildnis. Überbleibsel der antarktischen Baumfarne sind beispielsweise an den Südseiten von Gebirgsketten in feuchten, schattigen Schluchten zu finden. Vor einigen Jahren wurde in einem abgelegenen Tal bei Sydney eine Spezies von Koniferen entdeckt, von der man eigentlich angenommen hatte, dass sie schon vor Urzeiten ausgestorben war.


Stand: 12.04.2003

Von Orchideen und dem "Baum der Reisenden"

Eldorado und Katastrophengebiet

Eine Welt für sich: Madagaskar © NASA

Madagaskar, die viertgrößte Insel der Welt, liegt östlich von Afrika im Indischen Ozean und ist durch die Straße von Mosambique vom afrikanischen Festland getrennt. Umgeben ist die riesige Insel, mit einer Fläche von über einer halben Million Quadratkilometern, von den Komoren, Aldabra, den Seychellen, Mauritius, Réunion und Rodrigues.

Obwohl Madagaskar nur 400 Kilometer von der ostafrikanischen Küste entfernt ist, ist es hinsichtlich seiner Fauna und Flora eine kleine Welt für sich. Die madegassischen Tiere und Pflanzen haben sich offenbar eigenständig und in völliger Isolation entwickelt. Dies führte zur Evolution einer enormen Anzahl endemischer Arten. Durch fehlende Konkurrenz wurde der ursprüngliche Charakter bis heute bewahrt.

Während das Eiland für Naturliebhaber ein Eldorado ist, sehen Naturschützer in Madagaskar eher ein Katastrophengebiet. Das Idyll ist seit Jahren bedroht und das ganze Land ökologisch stark angeschlagen. In rasantem Tempo werden die Wälder der Insel vor allem durch Brandrodungen zerstört. Große Teile des artenreichen tropischen Regenwaldes sind bereits verschwunden. Nach einer Studie, die 1999 veröffentlicht wurde, sind von den ursprünglichen Waldflächen Madagaskars nur noch ungefähr 10 Prozent erhalten. Die weltweite Verbreitung der Regenwälder beschränkt sich auf Mittel- und Südamerika, Afrika und Madagaskar, Südostasien, Neuguinea und Australien – exakt die Regionen, die aus dem Urkontinent Gondwana hervorgegangen sind.

Über 1.500 Orchideenarten blühen auf Madagaskar. Die bekannteste, allerdings nicht heimische, Orchideenart ist die Vanille. Ihre Schoten waren Jahrzehntelang ein Hauptexportprodukt des Landes. 25 Prozent der gesamten Artenvielfalt Afrikas, das sind etwa 10.000 Blütenpflanzen, gedeihen auf Madagaskar, und circa 80 Prozent der Blütenpflanzenarten sind ausschließlich auf der Insel zu finden. 90 Prozent der Pflanzenarten sind endemisch.

Ein Symbol der madagassischen Ostküste, und „Charakterbaum“ des Landes, ist der Ravenala – der „Baum der Reisenden“. Diese endemische Fächerpalme gehört zu der Familie der Bananengewächse. Da die Palmwedel direkt aus dem Stamm wachsen, bildet sich eine Vertiefung, in der sich Regenwasser ansammelt. Für Reisende der vergangenen Jahrhunderte war dies immer eine willkommene Wasseroase.

Der madegassischen Flora werden außerdem heilende Kräfte nachgesagt. Sogar internationale Konzerne sind bemüht die heimische Vegetation für pharmazeutische Zwecke nutzbar zu machen. Angeblich gibt es hier für fast jede Krankheit einen Tee…


Stand: 12.04.2003

Lemuren, Indri und Fossa

Eine Welt für sich…

Kaum zu glauben, aber wahr: 90 Prozent der Wirbeltiere Madagaskars sind endemisch, das heißt, es gibt sie nur hier. Doch nicht nur die große Artenvielfalt beeindruckt, auch das Fehlen vieler, ansonsten weltweit verbreiteter Arten. So gibt es auf Madagaskar weder Elefanten, Antilopen, Giraffen, Affen oder Raubkatzen – alles Tiere, die auf dem afrikanischen Kontinent ihre Heimat haben. Sogar Spechte und Giftschlangen sucht man hier vergeblich.

Die madagassische Tierwelt ist auf ihre Art vielfältig, faszinierend und geheimnisvoll. Sie ist weder Afrika noch Asien. Grund für die einzigartige Tierwelt ist die Insellage. Doch dies war nicht immer so: Bis vor 165 Millionen Jahren gehörte Madagaskar zum Südkontinent Gondwana. Erst nach dem Abdriften der heutigen Insel, begann die eigenständige Entwicklung der Tierwelt. In der Zeit der kompletten Isolation entstand die äußerst vielfältige Fauna.

Ein sensationeller Dinosaurierfund auf Madagaskar hat dazu beigetragen, die Kontinentalverschiebung und ihre Bedeutung für die Tierwelt zu bestätigen. Der fast vollständig erhaltene Schädel des großen Raubsauriers – eines Verwandten des Tyrannosaurus Rex – gilt als ein Prachtstück unter den Fossilien. Der Raubsaurier Majungatholus gehört zu einer Gruppe spezieller Saurier, die außerhalb Madagaskars nur aus Indien und Südamerika bekannt sind. Offenbar breiteten sie sich in diesen Regionen aus, bevor Gondwana zur Blütezeit der Dinosaurierära schließlich langsam auseinanderbrach.

Die bekanntesten Endemiten Madagaskars sind ohne Zweifel die Lemuren. Die fehlende Konkurrenz höherer Primaten ermöglichte den Halbaffen eine vielfältige Entwicklung, wie sonst nirgends auf der Erde. Heute leben noch 46 Arten auf der Insel, doch vor der Besiedelung durch den Menschen war der Artenreichtum der Primaten noch größer. Ausgestorben ist inzwischen beispielsweise der Riesenlemur Megaladapsis. Er war so groß wie ein Mensch. Sein Schicksal besiegelte vermutlich der gute Geschmack seines Fleisches… Indri – eine Halbaffen-Art, die nur auf Madagaskar lebt – ist heute der größte aller Halbaffen.

Charakteristisch für diese Halbaffen sind ihre Stimmen, denn sie gehören zu den lautesten im Tierreich. Indris benutzen sie, um ihr Familienterritorium zu markieren. Weitere Merkmale sind die großen Ohren, die langen Hände und der sehr kurze Schwanz. Außerdem gehören sie, im Vergleich zu den meisten anderen Halbaffenarten, zu den Tagaktiven. Weltweit ist kein Zoo in der Lage Indris zu halten, aber auch auf Madagaskar werden sie immer seltener. Ihr Lebensraum, der Regenwald, ist bereits zu großen Teilen zerstört. Da sie sich nicht an andere Lebensräume anpassen können, führt das wiederum dazu, dass sie inzwischen zu den am stärksten gefährdeten Tieren überhaupt zählen.

In der madagassischen Mythologie spielt der Indri eine wichtige Rolle: Früher sahen die Bewohner Madagaskars in ihm ein heiliges Tier, weil sie glaubten, dass Verstorbene als Indris wiedergeboren werden. Eine andere Legende, die von dem Zoologen David Attenborough niedergeschrieben wurde, erzählt von einer Frau, die viele Kinder hatte. Diese wurden erwachsen und einige begannen den Boden zu kultivieren und Reis anzupflanzen. Die anderen hingegen lebten weiter von Blättern und Wurzeln wilder Pflanzen. Nach einiger Zeit fingen die Angehörigen der ersten Gruppe an sich untereinander zu streiten und schließlich zu bekämpfen. Das waren die Urahnen der Menschen. Die Mitglieder der anderen Gruppe waren so verschreckt, dass sie sich in die Baumwipfel zurückzogen, um dort in Frieden zu leben. Dies waren die ersten Indris…

Eine weitere Besonderheit der madagassischen Tierwelt ist die Fossa – der größte Jäger auf der Insel. Mit 1,5 Meter Länge und höchstens 12 Kilogramm Gewicht ist sie eines der schlanksten und elegantesten Raubtiere. Die Fossa vereint in ihrem Körperbau Merkmale „echter“ Katzen und Schleichkatzen. Sie ist damit eine sehr altertümliche Tierform, die nur durch die Insellage Madagaskars so lange überleben konnte. Das brachte ihr den Namen des „lebenden Fossils“ ein. Doch auch der Lebensraum der Fossa ist bedroht, und somit auch der „Puma Madagaskars“. Madagaskar steht heute vor der Ausrottung seiner einmaligen Tierwelt. Verschiedene Lemurenarten sind bereits ausgestorben, beziehungsweise davon bedroht.


Stand: 12.03.2003