Überlebensstrategien in der Wüste

Durstkünstler

Karawane © IMSI MasterClips

Die Wüste ist der Inbegriff von Sonne, Trockenheit und Einöde. Doch so unwirtlich und lebensfeindlich Sahara, Gobi oder Atacama auch wirken, einige Tiere und Pflanzen haben selbst diese extremen Lebensräume für sich erobert. Hochspezialisierte Anpassungen ermöglichen es ihnen, mit dem Wassermangel und den zum Teil außerordentlichen hohen Temperaturen fertig zu werden.

Dennoch erstaunt die bunte Vielfalt an Tieren, die unter diesen Bedingungen ums Überleben kämpft. In der Gluthitze des Tages ist von ihnen meist nur wenig zu sehen. In der Dämmerung jedoch und in der Nacht erwacht die Wüste aus ihrem „Dornröschen-Schlaf“.

Raubtiere gehen auf die Jagd nach Beute, Nager kommen aus ihren Verstecken und machen sich auf Brautschau, Insekten schwirren durch die immer noch heiße Luft, um zu fressen oder sich zu vermehren. Namib und Co. werden dann zu einem gut besuchten Treffpunkt für die verschiedensten Überlebenskünstler.

Wasser suchen, Wasser sparen, Überhitzung vermeiden und trotzdem Nahrung finden zählen zu den wichtigsten Herausforderungen für diese Tiere. Ein vielschichtiges, nicht leicht zu lösendes Dilemma. Denn die vollständige Bewältigung des einen Problems kann schwerwiegende Folgen in anderen Bereichen mit sich bringen…

Dieter Lohmann
Stand: 25.02.2005

Wassermangel und extreme Temperaturen

Die Wüste lebt!

Sandwüste © IMSI MasterClips

Egal ob die Sahara im Norden Afrikas, Namib und Kalahari im Süden, die Atacama in Südamerika oder die Gobi in Zentralasien – fast alle großen Wüsten der Erde liegen beiderseits des Äquators in einem breiten Gürtel zwischen den gemäßigten Klimaregionen beispielsweise Mitteleuropas und den tropischen Savannen und Regenwäldern.

Doch was macht eine Wüste aus? Temperaturen bis zu 80 Grad Celsius? Eine glühende, gnadenlose Sonne und absoluter Wassermangel? Dazu extreme Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht?

Ja und nein. Wasser zum Beispiel ist in allen Wüsten der Erde wirklich Mangelware. Es gibt Orte in der Namib oder Atacama, an denen es nur alle zehn Jahre ein Mal regnet. Meistens verdunstet der Niederschlag hier noch in der Luft, lange bevor er den Erdboden erreicht.

Für die extreme Trockenheit dieser Wüsten sind kalte Auftriebsgebiete und Meeresströmungen an den Westküsten Südamerikas und Südafrikas verantwortlich. Das eisige Ozeanwasser sorgt dafür, dass sich die vom Meer her ins Landesinnere strömenden Luftmassen abkühlen und deshalb nicht mehr so viel Wasserdampf aufnehmen können.

Keine Wolken, kein Niederschlag

Über dem von der Sonne erhitzten Land erwärmt sich diese Luft und entzieht der Umgebung dadurch häufig den letzten Rest an Feuchtigkeit. Der in der Luft enthaltene Wasserdampf reicht aber nicht aus, um zu kondensieren und damit für Wolken oder gar Niederschläge zu sorgen.

Für alle Wüsten gilt: Die Luftfeuchtigkeit ist hier sehr gering. Sie liegt oft bei nur 20 Prozent. In den Zentren der Wüste kann sie sogar gegen Null tendieren. Umso höher jedoch ist aufgrund der fehlenden Bewölkung die Sonnenscheindauer. In der Libyschen Wüste scheint die Sonne circa 4.300 Stunden im Jahr. Zum Vergleich: In Deutschland sind es nur etwa 1.700 Stunden.

Die sengende Sonne sorgt dafür, dass sich die Wüstenluft auf 40 bis 50° C aufheizen kann. Der Hitzerekord von 58° C wurde in Al’Azizyah in der Libyschen Wüste gemessen. In der Wüste kann es aber auch sehr kalt werden. Nachts sinken die Temperaturen bis nahe 0° C. Selbst Frost ist in der Wüste keine Seltenheit. Durch das starke Absinken der Luft bildet sich manchmal Tau, der in einigen Trockengebieten der einzige Feuchtigkeitsspender ist.

Überleben (un)möglich

In manchen Wüsten schwanken die Temperaturen auch je nach Jahreszeit immens. Die Takla-Makan und die Gobi in Asien beispielsweise dörren Sonne und Hitze nur im Sommer aus, im Winter dagegen werden sie von extremer Kälte und eisigen Winden heimgesucht. Diese Wüsten liegen so weit im Landesinneren, dass die ankommenden Winde zudem ihre gesamte vom Ozean stammende Feuchtigkeit bereits abgegeben haben, bevor sie das Innere des Kontinents erreichen.

Kein Wasser, Gluthitze oder eisige Kälte und die gnadenlose Sonne: Während der Mensch in der Wüste ohne entsprechende Ausrüstung den Klimaextremen nahezu chancenlos ausgeliefert ist, werden Käfer, Skorpione und Spinne, aber auch viele Reptilien, Vögel und Säugetiere mit diesen widrigen Umständen fertig.


Stand: 24.02.2005

Auf der Suche nach Wasser…

Trinken, kondensieren, absorbieren

Wüste Namib © NASA / JSC

Ohne Wasser kein Leben. Dieses Motto gilt nicht nur für den Menschen, auch die Wüstentiere müssen sich danach richten. Damit alle Stoffwechselvorgänge normal ablaufen und problemlos funktionieren, muss der Wassergehalt im Körper der Tiere stimmen. Schon geringe Schwankungen können die Leistungsfähigkeit extrem einschränken oder sogar zum Zusammenbruch des gesamten Systems führen.

Doch nicht alle Wasserverluste lassen sich ohne weiteres vermeiden. Die extremen Bedingungen in den Wüsten führen dazu, dass beispielsweise über die Verdunstung und bei der Ausscheidung regelmäßig größere Mengen an H20 verloren gehen. Diese müssen ausgeglichen werden, um eine gefährliche Erwärmung des Körpers zu verhindern und dem Hitzetod vorzubeugen.

„Den wahren Geschmack des Wassers erkennt man in der Wüste“ – Dieses jüdische Sprichwort gilt deshalb nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere wie Wüstenfüchse, Skorpione oder Schlangen, die in den riesigen Wüsten der Erde jeden Tag ums Überleben kämpfen.

Saftige Pflanzenteile und Körperflüssigkeit der Beutetiere

Wie aber kommen die Wüstentiere an das so dringend benötigte Nass? Einfach ist es dann, wenn direkte Wasserquellen, wie Flüsse, Seen oder Wasserlöcher zur Verfügung stehen. Die Tiere, seien es nun Säugetiere, Vögel oder Reptilien, können ihren Wasserbedarf dann einfach über das Trinken stillen. Aber diese Quellen sind rar und bieten häufig nur während und kurz nach den Regenzeiten ausreichende Mengen an Wasser für alle.

Was aber tun die Wüstenlebewesen, die solche Möglichkeiten der Wasseraufnahme nicht haben? Wie Wissenschaftler herausgefunden haben, beziehen viele von ihnen große Teile der benötigten Flüssigkeit aus ihrer Nahrung. Manchen Fleischfressern reichen dabei die Körpersäfte ihrer Beutetiere für den Wasserhaushalt aus.

Andere nehmen zusätzlich größere Mengen an vegetarischer Nahrung zu sich. Besonders Früchte und grüne Pflanzenteile sind sehr beliebt, da ihr Wasseranteil meist außerordentlich hoch ist. Auch die reinen Pflanzenfresser halten sich natürlich mit Vorliebe an dieses vor allem nach Regenzeiten reichlich verfügbare indirekte Wasserreservoir.

Einfallsreichtum ist Trumpf

Manche Wüstenorganismen haben aber auch noch ganz andere auf den ersten Blick kurios anmutende Strategien ersonnen, um an kostbares Trinkwasser zu gelangen:

Skorpion © U.S. Fish and Wildlife Service / Gary M. Stolz

Beispiel Südafrika, genauer Namibia. Die Namib-Wüste zählt, obwohl sie in unmittelbarer Küstennähe liegt, zu den trockensten Gebieten der Erde. Hier regnet es fast nie. Der kalte Benguela-Strom, der von der Antarktis kommend nordwärts zieht, entnimmt den Luftmassen, die vom Meer ins Innere des Kontinents strömen fast die ganze Feuchtigkeit. Allenfalls dichte, kalte Nebelfelder wabern hier durch die zahlreichen Täler der Sanddünen. Doch auch diese scheinbar lebensfeindlichen Umweltbedingungen hindern die Natur nicht daran, sich hier auszubreiten.

Stenocara-Käfer beispielsweise versammeln sich im Schutz der Dunkelheit regelmäßig an den Dünenkämmen auf der Suche nach Wasser. Um an das begehrte Nass zu kommen, haben sie eine Art körpereigener Wassergewinnungsanlage dabei. Kopfüber und mit nach oben gestrecktem Hinterleib recken sie sich den dünnen frühmorgendlich Nebelschwaden entgegen. Die Feuchtigkeit sammelt sich nach und nach in feinen Tropfen auf den Panzern der Tiere und fließt schließlich in Richtung Mundöffnung ab.

An den Dünengraten versorgen sich die Schwarzkäfer aber nicht nur mit Flüssigkeit, auch ihre Nahrung ist hier in ausreichender Menge zu finden. Denn die Ansprüche der Tiere sind gering. Ihnen reichen organische Reste, zum Teil bestehend aus von weit her angewehten Pflanzenteilen zum Überleben in dieser Einöde völlig aus.

Zu trocken gibt es nicht

Die Sandviper sichert sich ihr Trinkwasser auf ganz ähnliche Weise wie die Schwarzkäfer. An den meerseitigen Hängen der Dünen ringelt sie sich zusammen und wartet darauf, dass die kalten Nebel über sie hinweg ziehen. Die Feuchtigkeit kondensiert auf ihrem Körper und wird anschließend von der Schlange abgeleckt.

Der Wasserdampf des Nebels schlägt sich aber nur an Oberflächen nieder, die kälter sind als der Nebel selbst. Deshalb funktioniert dieses Prinzip der Wasseraufnahme auch ausschließlich bei wechselwarmen Tieren, die ihre Körpertemperatur soweit wie nötig absenken können. Für die gleichwarmen Säugetiere bleibt diese Wasserquelle dagegen verschlossen.

Manche Tiere decken ihren Feuchtigkeitsbedarf auch direkt aus der Luft. Die Wasseraufnahme erfolgt entweder direkt über die Körperoberfläche oder aber über die Atmungsorgane. Einigen Tieren unter anderem Zecken und mehrere flügellose Insekten, gelingt dies selbst dann, wenn die Luftfeuchtigkeit auf weniger als 15 Prozent absinkt.


Stand: 24.02.2005

Wasser aus der Nährstoffverbrennung

Überleben ohne zu trinken

Die wahren Durstkünstler haben sich von der Notwendigkeit Wasser – in welcher Form auch immer – zu sich nehmen zu müssen, völlig frei gemacht. Sie decken ihren Bedarf fast ausschließlich über das bei der Verbrennung der Nährstoffe anfallende H2O – dem so genannten Oxidationswasser.

Die Larve des Mehlkäfers Tenebrio, der so genannte Mehlwurm, ist ein Beispiel für diese Art der Wassergewinnung. Wissenschaftler haben seine Fähigkeiten auf die Probe gestellt: Sie fütterten ihn nur mit wasserfreier Kleie, die zuvor bei mehr als 100 Grad getrocknet worden war. Eine Abnahme des Wassergehaltes des Tieres konnten sie nicht feststellen. Wie hatte es das geschafft?

Besonders effektiv im Rahmen der Wasserbereitstellung ist die Verbrennung von Fetten. Bei der Oxidation von 100 Gramm Fett entstehen erstaunliche 107 Gramm Wasser. Die Verarbeitung von Kohlenhydraten und Eiweißen fällt mit einer Wasserproduktion von 55 beziehungsweise 43 Gramm dagegen deutlich bescheidener aus.

Kängururatte © U.S. Fish and Wildlife Service / George Harrison

Nicht nur Insekten, auch einige Säugetiere bedienen sich dieses Mechanismus, um in der Wüste zu überleben. Taschenspringmäuse, wie die Kängururatte der Gruppe Dipodomys beispielsweise sind in den Trockengebieten der Neuen Welt zu Hause. Sie gehören vermutlich zu den am besten an die Wüstenbedingungen angepassten Tieren überhaupt.

Die kleinen Nagetiere ernähren sich in freier Wildbahn ausschließlich von trockenen Samen. Forscher haben nun festgestellt, dass sie niemals freies Trinkwasser zu sich nehmen. 90 Prozent ihres Bedarfes stammt aus Oxidationswasser, die verbleibenden zehn Prozent liefert die Restfeuchtigkeit der Nahrung.

Dies Prinzip funktioniert jedoch nur, weil die Kängururatte mit dem ihr zur Verfügung stehenden Wasser zudem sehr sparsam umgeht. So produziert sie mithilfe einer außerordentlich leistungsfähigen Niere beispielsweise einen sehr konzentrierten Harn. Um Wasserverluste durch Schwitzen zu vermeiden, verbringt sie darüber hinaus große Teile des Tages tief unter der Erde in ihrem kühlen Bau.


Stand: 24.02.2005

Die verschiedenen Möglichkeiten Wasser zu sparen

Harnkonzentration oder nasales Gegenstromprinzip?

Kamel © IMSI MasterClips

Da die Wassersuche in den Wüstenregionen häufig ein Glücksspiel ist, haben viele Tiere Wege gefunden, ihren Wasserverlust drastisch einzuschränken. Die wichtigsten „Einsparpotentiale“ gibt es bei der Ausscheidung von Harn und Kot und bei der Verdunstung.

Pulvertrockener Urin

Insekten wie der Mehlkäfer Tenebrio molitor können die Wasserabgabe bei der Harnproduktion fast auf null herunterfahren. Ausgeschieden wird lediglich ein trockenes, pulverartiges Sekret. Dieses Phänomen existiert aber nicht nur bei Insekten, auch viele Reptilien und Vögel sind in der Lage einen sehr konzentrierten Harn zu produzieren.

Sogar einige Säugetiere haben sich dieses Phänomen zu nutze gemacht. Die schon mehrfach erwähnte Kängururatte besitzt beispielsweise ebenfalls eine außerordentlich leistungsfähige Niere. Mithilfe einer außergewöhnlich langen Henlesche Schleife wird so viel Wasser bei der Harnbildung zurück gewonnen, dass letztlich praktisch nur trockenes Exkrement abgegeben wird. Kein Harn eines anderen Säugetiers ist so konzentriert wie der der Kängururatten. Die tägliche Wasserabgabe über den Urin wird dadurch auf ein absolutes Minimum reduziert. Vergleichbare Fähigkeiten besitzen Wüstenspringmäuse, Gabelböcke oder Kängurus.

Schwitzen schwer gemacht

Wenn die Körpertemperatur durch hohe Temperaturen oder starke körperliche Arbeit rapide ansteigt, wird es gefährlich – nicht nur für Wüstentiere. Um eine gefährliche Überhitzung zu vermeiden, wird dann schneller und häufiger geatmet oder stark geschwitzt. Bei der Verdunstung des Schweißes auf der Haut entsteht so viel „Verdunstungskälte“, dass sich unter normalen Umständen die Körpertemperatur wieder auf annehmbare Werte einpendelt.

Wüsteneidechse © U.S. Fish and Wildlife Service / William Radke

Je trockener jedoch die Umgebung, desto stärker normalerweise die Transpiration. Schon bei einer – im Vergleich zu den Wüstenbedingungen – sehr niedrigen Temperatur von 22 Grad Celsius gibt es dabei große Unterschiede zwischen den verschiedenen Tierklassen hinsichtlich der Wasserverluste. Während viele Reptilien und Insekten nur 0,1 bis vier Prozent des Körpergewichts pro Tag in trockener Luft verlieren, sind es bei den Amphibien bis zu 75 Prozent. Kein Wunder, dass in den heißen und trockenen Gebieten der Erde nur selten Amphibien, aber häufig Insekten und Reptilien zu finden sind.

Zahlreiche Wüstentiere haben sich im Laufe der Evolution besondere Schutzmechanismen gegen die „Schwitzwasserverluste“ einfallen lassen. Sehr beliebt und weit verbreitet sind beispielsweise verdunstungshemmende Schichten und Strukturen. Dazu gehören unter anderem Schuppen, aber auch Wachsschichten an der Körperoberfläche, wie sie besonders bei Insekten häufig vorkommen.

Nasales Gegenstromprinzip schützt vor Wasserverlust bei der Atmung

Auch die Wasserabgaben durch das Atmen können mithilfe spezieller Anpassungen an das Wüstenleben erheblich verringert werden. Tiere wie die Kängururatte gewinnen beispielsweise Teile des Wassers, das sie normalerweise bei der Atmung verlieren würden, durch Kondensation zurück. Sie haben dazu ein so genanntes „nasales Gegenstromprinzip“ entwickelt.

Beim Einatmen wird dem Nasengang durch die vorbei fließende, kühlere Luft zunächst Wärme entzogen. Die bis zur Lunge auf 38 Grad aufgeheizte und stark feuchtigkeitsbeladene Luft strömt beim Ausatmen dann wieder am jetzt deutlich kühleren Nasengang vorbei, wobei sie erhebliche Mengen an Wärme verliert. Ein Teil der Luftfeuchtigkeit kondensiert und wird nicht mit der Atemluft nach draußen abgegeben.

Dieser Trick funktioniert natürlich nur, wenn die Umgebungstemperatur deutlich unter der Körpertemperatur des Tieres liegt, im Falle der Kängururatte nur im kühlen unterirdischen Bau. Verlässt das Tier seine Behausung, steigt der atmungsbedingte Wasserverlust stark an.


Stand: 24.02.2005

Wie Kamele und Wüstenschildkröten die Natur überlisten

Körpereigene Vorratstanks

Wüstenschildkröte © U.S. Fish and Wildlife Service / Beth Jackson

Langsam und gemächlich zieht die Karawane schwer beladen über den Dünengrad hinweg. Eine ganze Woche sind Menschen und Kamele jetzt schon unterwegs in der Sahara ohne auf eine Oase zu treffen. Business as usual – zumindest bis vor wenigen Jahrzehnten. Ernstlich in Gefahr gerieten die Karawanen nur selten. So lange die Wasserschläuche gut gefüllt waren, konnten weder Sandstürme noch die glühende Hitze den versierten arabischen oder europäischen Handlungsreisenden etwas anhaben.

Kamele © IMSI MasterClips

Doch nicht nur die Menschen legen sich einen Vorrat an Wasser zu, bevor sie in die Wüste ziehen, manche Tiere tun das auch. Praktischerweise kommen sie dabei ohne äußere Hilfsmittel wie Flaschen oder Fässer aus: Sie speichern große Mengen an Wasser in körpereigenen Vorratstanks.

Wüstenschildkröten zum Beispiel besitzen besondere Speicher, die sie an Wasserlöchern, nach den seltenen starken Regengüssen oder mithilfe von wasserreicher Pflanzenkost wieder auffüllen. Diese Reserve wird rationiert und in den Trockenzeiten dann nach und nach verbraucht. Mehrere Monate soll die Wüstenschildkröte nach Angaben von Wissenschaftlern nach einer solchen „Volltankung“ ohne weitere Flüssigkeitsaufnahme auskommen.

Wüstenschiffe mit Wasserlagern

Auch Kamele oder Dromedare, die Lasttiere der Wüste, kommen, wenn sie gut getränkt sind, weit mehr als eine Woche ohne weitere Wasserzufuhr aus. Auch sie verfügen über eine Art Zwischenlager für Flüssigkeit in ihrem Körper. Dieses befindet sich allerdings nicht wie man früher vermutete in den Höckern – diese dienen in erster Linie als Energiespeicher vor allem in Form von Fetten – sondern in großen, speziell dafür ausgerichteten Zellen der Magenwand. Das gespeicherte Wasser wird wie bei der Wüstenschildkröte in den Trockenzeiten nach und nach dem Stoffwechsel wieder zugeführt. Zusätzliches Wasser für die Lebensvorgänge im Inneren des Körpers kann zudem über den Abbau des in den Höckern gespeicherten Fetts frei werden.

Trotz dieser Vorratswirtschaft ist es natürlich auch für die Kamele wichtig, mit dem zur Verfügung stehenden kostbaren Nass sorgsam umzugehen und nur wenig Wasser durch Exkretion und Verdunstung zu verlieren. Die Wüstenschiffe haben auch hierfür eine elegante Lösung gefunden. So sind sie in der Lage, einen außerordentlich konzentrierten Urin und Kot zu produzieren. Während der langen Wüstenwanderungen können sie zudem die Nasenlöcher fest verschließen, um so möglichst wenig Wasser über die Atmung zu verlieren.

Toleranz gegen Wasserverluste

Karawane © IMSI MasterClips

Noch ein weiteres Phänomen erhöht die Wüstentauglichkeit der Kamele erheblich. Ihr Körper zeigt eine stark erhöhte Toleranz gegenüber Wasserverlusten. Beim Menschen führt eine Abnahme des Wassergehalts um zehn bis zwölf Prozent bereits zu erheblichen Störungen des Stoffwechsels oder zum Tod. Wie Forscher ermittelt haben, können Kamele doppelt so hohe Verluste problemlos überleben. Das liegt daran, dass beim Menschen das Blutvolumen bei großen Wasserverlusten schneller abnimmt als das Körperwasser. Das Blut wird so immer zähflüssiger und kann die überschüssige Körperwärme nicht mehr schnell genug zur Abgabe an die Haut transportieren.

Die Wüstenschiffe dagegen halten den Wassergehalt im Blutplasma durch besondere Regelmechanismen auch dann noch relativ konstant, wenn sie bereits große Mengen Wasser verloren haben. Die „Schmerzgrenze“ für den Wasserverlust kann bei ausgedehnten Karawanenexpeditionen weit über 120 Liter liegen. An einem Wasserloch oder in einer Oase angekommen, gleichen die Kamele ihre Wasserdefizite durch einmaliges Trinken in kürzester Zeit – maximal zehn Minuten – wieder aus.

Die Kamele sind mit ihrer Toleranz gegenüber Wasserverlusten im Tierreich aber keineswegs einsame Spitzenreiter. Einige Eidechsenarten können – allerdings nur kurzzeitig – bis zu 50 Prozent und einige Schnecken bis zu 80 Prozent ihres Wassergehaltes verlieren ohne daran zu sterben.


Stand: 24.02.2005

Die Körpertemperatur ist nur in engen Grenzen variabel

Ab 40 Grad droht der Hitzetod

Zwar ist ein gewisses Maß an Körperwärme lebensnotwendig für alle Organismen, wenn die Temperatur jedoch zu hoch steigt, drohen schwerwiegende „Aussetzer“ bei den Stoffwechselprozessen in den Zellen.

Den meisten Tieren sind hinsichtlich der Aufheizung ihrer Körper erstaunlich enge Grenzen gesetzt. Dies gilt besonders für die gleichwarmen Lebewesen, zu denen Vögel und Säugetiere gehören. Auch für die Erhöhung der Körpertemperatur gilt allerdings: Keine Regel ohne Ausnahme…

Wüstenschiffe mit „innerer Hitze“

Wüstenschiffe © IMSI MasterClips

38 Grad Celsius ist der Sollwert für die Körpertemperatur, bei Kamelen genauso wie bei allen anderen Säugetieren. Jeder weitere Anstieg wird normalerweise mit zum Teil energischen Maßnahmen beantwortet, um eine Überhitzung zu bekämpfen. Menschen beispielsweise beginnen in solchen Fällen heftig zu schwitzen.

Kamele, die auf den beinahe endlosen Karawanenwegen nicht nur der extremen Tageshitze ausgesetzt sind, sondern dabei auch noch schwere Lasten tragen müssen, nehmen es mit der Temperaturkonstanz dagegen nicht so genau. Sie zeigen eine erstaunliche Toleranz gegen die Aufheizung ihres Organismus.

Eine längerfristige Erhöhung der Körpertemperatur auf 41 Grad, so haben Forscher herausgefunden, können Kamele problemlos vertragen, ohne das beispielsweise lebenswichtige Eiweiße zerstört werden. Andere Tierarten wie Erdhörnchen halten sogar 41,5 Grad aus und Gazellen zeigen sich selbst bei Maximalwerten von 44 Grad weitgehend unbeeindruckt. Erst danach setzen die Schutzmaßnahmen gegen Überhitzung – erhöhte Transpiration an der Körperoberfläche oder eine gesteigerte Atmung – in vollem Umfang ein.

Abkühlung wird zur Unterkühlung

Wie jedoch werden diese Tiere die „innere Hitze“ wieder los? Auch darauf haben Wissenschaftler mittlerweile eine Antwort parat. Kamele geben die im Laufe des Tages aufgenommene überschüssige Wärme während der kalten Nächte, Gazellen in Ruhephasen und Erdhörnchen beim Aufsuchen der kühlen Erdbauten wieder an die Umgebung ab.

Diese Abkühlung kann sogar so weit gehen, dass eine deutliche Unterkühlung der Tiere messbar wird. So sinkt die Körpertemperatur des durstenden Kamels in der Nacht beispielsweise auf 34 Grad. Der Vorteil dieser Anpassung: Die Wüstenschiffe erreichen am nächsten Tag erst nach einiger Zeit wieder ihre Betriebstemperatur. Bis dann gefährliche Werte auftreten, kann das Kamel viel länger in der glühenden Umgebung bleiben als ohne diese radikale Senkung der Körpertemperatur.

50° C sind das Limit

Wechselwarme Tiere – Amphibien, Reptilien, aber auch Insekten und andere einfache Organismen -, gehen mit der Erhöhung der „Fieberkurve“ in ihrem Körper oft gelassener um. Aber auch sie vertragen steigende Temperaturen nur bis zu einem gewissen Grad.

So fühlt sich die Sandboa bei immerhin 40,2 Grad Celsius noch ausgesprochen wohl und der als besonders wärmeliebende Wüstenleguan Diplosaurus dorsalis toleriert eine Erwärmung auf mehr als 47 Grad ohne größere Einschränkungen seiner Lebensprozesse.

Die maximale Temperatur, die von den meisten Organismen über einen längeren Zeitraum toleriert wird, liegt zwischen 40° und 50° Celsius. Steigen die Körpertemperaturen darüberhinaus weiter an, kommt es irgendwann zum Hitzetod. Schuld an diesem „worst case“-Szenario ist unter anderem eine Zerstörung der Eiweiße, die je nach Tierart irgendwo in diesem Temperaturbereich einsetzt.

Einige Protozoen allerdings haben sich zu regelrechten Hitzekünstlern entwickelt und können auch über längere Zeit Werte von mehr als 50 Grad ertragen.


Stand: 24.02.2005

Strategien gegen die Hitze

Mittagspause, große Ohren und Sonnenschirme

Wüstenfuchs © IMSI MasterClips

Viele Wüstentiere haben sich im Laufe der Evolution mit speziellen Anpassungen gewappnet, um die Körpertemperaturen in erträglichen Grenzen zu halten. So verfügen der Eselhase, der im nordamerikanischen Nationalpark Big Bend lebt oder der Wüstenfuchs oder Fennek in den Wüsten Nordafrikas und Arabiens über auffällig große Ohren und lange Gliedmaßen, um überschüssige Hitze schnell wieder an die Umgebung abzugeben. Dabei gilt das Prinzip: Je größer die Körperoberfläche, desto mehr Abkühlung ist möglich.

Phänomen „Mittagspause“

Die simpelste und effektivste Variante eine Aufheizung des eigenen Körpers zu verhindern, ist der Hitze der Wüste so weit wie möglich zu entgehen. Leichter gesagt als getan, sollte man meinen, schließlich können die Wüstentiere nicht einfach aus ihrem Lebensraum fliehen.

Gluthitze in der Wüste © IMSI MasterClips

Trotzdem gibt es einige Strategien, die dabei helfen, zumindest die extremsten Temperaturen zu vermeiden. So hat sich in der Wüste zum Beispiel eine besonders ausgeprägte tageszeitlich bedingte Rhythmik entwickelt. In der Mittagszeit, in der die Hitze am größten ist, wirkt die Wüste wie tot. Selbst die wenigen tagaktiven Tiere schalten auf „Spargang“ – alle guten Schattenplätze sind belegt.

In den Morgen- und Abendstunden dagegen wird die Wüste lebendig. Insekten, Reptilien und Säugetiere gehen in der kühleren Zeit auf Nahrungs- oder Partnersuche. Auch der Fennek meidet beispielsweise die Hitze des Tages, um möglichst wenig zu schwitzen und macht sich erst in der kühleren Nacht auf die Jagd nach Kleintieren, Eidechsen und Vögeln.

Dieses Phänomen der „Mittagspause“ ist aber kein ausschließliches Wüstenphänomen. Schon bei vielen Tieren im Mittelmeerraum kann man häufig ein derartiges Verhalten beobachten.

Der eigene Schwanz als Sonnenschirm

Einen ganz raffinierten Trick, die stechende Tagessonne erträglich zu machen, haben sich die Erdhörnchen im Süden Afrikas einfallen lassen. Sie tragen einen eingebauten Sonnenschirm mit sich herum. In den heißen Mittagsstunden stellen sie ihren bis zu 25 Zentimeter langen, buschigen Schwanz hoch und spenden sich selbst Schatten. Um bis zu zehn Grad können die kleinen Nagetiere so die Temperaturen gegenüber der prallen Sonne vermindern.


Stand: 24.02.2005

Erdbauten und Sommerschlaf

Überleben im Untergrund

Kojote © U.S. Fish and Wildlife Service / R.H. Barrett

Schon einen Meter tief im Boden ist die Temperatur auch in der Wüste um bis zu 25 Grad niedriger als an der Erdoberfläche. Kein Wunder, dass viele Tiere wie das Ziesel oder der Kojote, große Teile des Tages in unterirdischen Bauten verbringen.

Werden dann noch, wie von der Kängururatte oder den Walzenspinnen, alle Eingänge zu den Erdhöhlen hermetisch abgeriegelt, bleiben sie selbst in der Mittagshitze angenehm kühl und bieten einen sicheren Schutz vor den extremen, lebensfeindlichen Temperaturen an der Erdoberfläche. Erst in der Kälte der Nacht – Unterschiede von 35 Grad zwischen Tag und Nacht sind in Wüstengebieten keine Seltenheit – werden diese Tiere dann aktiv.

Neun Monate Sommerschlaf

Manche der wenigen Amphibien unter den Wüstenbewohnern nutzen die extremen Trockenperioden sogar zu einer Art „Sommerschlaf“. Ein Paradebeispiel sind die Schaufelfußkröten, die in Nordamerika beispielsweise im Nationalpark Big Bend leben. Diese Amphibien nehmen in der heißesten Zeit des Jahres eine bis zu neun Monate andauernde unterirdische Auszeit. Aufenthaltsort ist dann eine feuchte, schleimausgekleidete und dadurch kühle Erdhöhle.

Fällt aber der erste Regen, kommen die Kröten blitzschnell an die Erdoberfläche empor und treffen sich in größeren Mengen an der nächsten Wasserstelle. In rasender Eile kommen sie zur Fortpflanzung und auch die Jungtiere entwickeln sich im gleichen Tempo. Schon nach 30 Tagen können sie selbständig leben und Höhlen graben.

Dieser Trockenzeitschlaf ist auch von anderen Tierarten bekannt. Einige Säugetiere, vor allem Nagetiere, verbringen die kritische Zeit des Jahres auf ähnliche Weise und warten so auf bessere Lebensbedingungen.

30 Zentimeter sind genug…

Eine ganz andere raffinierte Methode gegen die sengende Sonne hat sich dagegen das Wüsten-Chamäleon in der afrikanischen Namib einfallen lassen: Die Tiere sitzen in der schattenlosen Einöde bewegungslos auf einem Felsbrocken und warten auf Beute. Hier, in dreißig oder mehr Zentimeter Höhe ist die Temperatur schon mindestens zehn Grad kühler als direkt am Boden.

Um die Wärmeaufnahme weiter zu reduzieren, kann das Wüstenchamäleon auch noch seine Hautfarbe verändern. Da helle Oberflächen mehr von der Wärmestrahlung der Sonne reflektieren als dunkle, nimmt es während seiner ausgiebigen „Sonnenbäder“ eine beinahe weiße Färbung an…


Stand: 24.02.2005