Wenn unterirdische Flöze Feuer fangen

Auf glühenden Kohlen

Offene brennende Mine in Ningxia, China © A. Prakash, ITC

Rauchende Felsspalten und glühendes Gestein – im Norden Chinas wähnt man sich mancherorts inmitten einer Vulkanlandschaft. Doch was hier im Untergrund vor sich hin lodert, sind brennende Kohleflöze. Wie sie entstehen und vor allem wie sie wieder zu löschen sind, wird erst seit kurzem genauer erforscht.

Erst vor knapp 30 Jahren sind Wissenschaftler auf eine Naturkatastrophe aufmerksam geworden, die sich schleichend mit der Industrialisierung ausgebreitet hat. Weil im vorletzten und letzten Jahrhundert immer mehr Kohle gebraucht wurde, entstanden weltweit Kohlebergwerke, unterirdisch und über Tage.

Doch Kohle kann sich selbst entzünden, ganze Flöze fangen so an zu schwelen und gehen später ganz in Flammen auf. Das kann sich, je nach Größe des Vorkommens, mehrere Jahre lang hinziehen.

Bisher weiß man wenig über die schwelenden Feuer im Untergrund. Schädlich sind sie, so viel ist klar. Nicht nur, dass Millionen Tonnen nutzbaren Rohstoffs in Rauch aufgehen. Die Verbrennungsgase sind auch giftig und wirken – einmal in der Atmosphäre angekommen – als potente Treibhausgase. Damit tragen sie zusätzlich zum Klimawandel bei.

Unter anderem deshalb haben Forscher in den letzten Jahren die Kohleflöze weltweit genauer in Augenschein genommen. Sogar mit Satellitentechnik ist man den Bränden inzwischen auf der Spur, um Erkenntnisse über ihr Entstehen und ihre Ausbreitung zu gewinnen. Das Ziel: Der Kampf gegen das hartnäckige Feuer. Bisher allerdings hat es sich vielfach als deutlich ausdauernder erwiesen als der Mensch.

Edda Schlager
Stand: 13.06.2008

Millionen Tonnen Kohle verbrennen in China unkontrolliert

Die schwelende Umweltkatastrophe

Als John van Genderen im Jahre 1987 mit der Bahn durch die zentralchinesische Provinz Shaanxi fährt, weiß der Geowissenschaftler noch nicht, dass er dabei ist, eine schleichende Umweltkatastrophe aufzudecken. Zu dieser Zeit allerdings nimmt die Welt von Chinas Wirtschaftsentwicklung noch keine Notiz und das Land ist für die tägliche Berichterstattung nahezu uninteressant.

Dennoch wird die Reise wertvolle neue Erkenntnisse bringen – und van Genderens Heimatinstitut, dem niederländischen Institut für Geoinformation und Erdbeobachtung (ITC), ein neues Forschungsthema, und zwar für mehrere Jahre.

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Bergbaurisiko Kohlebrand

Der Geowissenschaftler entdeckt während seiner Fahrt ein ausgedehntes Feuer an einem Berghang, mehrere Kilometer breit und scheinbar unbeachtet von den Chinesen selbst. Ein mitreisender chinesischer Kollege klärt van Genderen auf: Es handele sich um einen Kohlebrand, nichts Besonderes, so der chinesische Professor, „dagegen sind wir machtlos“.

Van Genderen erfährt, dass in China Kohlebrände zum Bergbau dazugehören. An vielen Stellen in den Bergbaugebieten des Nordens liegen die Flöze nur wenige Meter unter der Erde. Hier steigen Dampf und Verbrennungsgase aus Erdspalten, an manchen Stellen ist die glühende Kohle direkt an der Oberfläche zu sehen. Sogar Straßen sind unsicher, weil sie von unten schmelzen oder der Untergrund ausgebrannt wird und sich Hohlräume bilden. Straßenbau-Eingreiftrupps, die einsturzgefährdete Pisten abklopfen und unter Umständen gezielt selbst zum Einsturz bringen, gehören in Chinas Kohlebergbauregionen zum Alltag.

Wenig Wissen – großer Schaden

Bis zum Besuch des niederländischen Forschers in China war das Phänomen unterirdischer Kohleflöz-Brände von der westlichen Wissenschaft nahezu unbeachtet, obwohl es sie weltweit gab. Van Genderen, magisch angezogen vom glühenden Untergrund, zählt gemeinsam mit seinen chinesischen Kollegen allein an der Nordgrenze Chinas über einhundert Brände von jeweils mehreren Hektar Größe. Die Flözbrände reichen bis zu mehrere hundert Meter in die Erde hinein, nicht selten erstrecken sie sich über bis zu 20 Kilometer Länge.

Und er gibt den Anstoß, die Brände genauer zu untersuchen. Denn über die Art und Weise der Ausbreitung weiß man so gut wie nichts. Das ITC im niederländischen Enschede gehört mittlerweile zu den renommiertesten Forschungsinstituten, die sich mit dem Phänomen beschäftigen.

Heute gehen die Forscher vom ITC davon aus, dass allein in China, das knapp eine Milliarde Tonnen Kohle jährlich produziert, pro Jahr etwa 20 bis 30 Millionen Tonnen Kohle durch solch unkontrollierte Feuer verbrennen und etwa 90 bis 300 Millionen Tonnen für den Bergbau unbrauchbar werden. Zum Vergleich – in ganz Deutschland werden heute jährlich noch etwa 25 Millionen Tonnen Kohle gefördert.

Forschungsprojekt für den Klimaschutz

Mittlerweile ist auch Deutschland an der Erforschung der Flözbrände in China beteiligt. Bereits seit 2003 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine deutsch-chinesische Forschungsinitiative zur Erkundung der Kohlebrände in Nord-China – als Beitrag zum Klimaschutz. Denn bei der Verbrennung der Kohle entstehen Treibhausgase wie Kohlendioxid, Methan, Kohlenmonoxid und Stickstoffoxide in riesigen Mengen.


Stand: 13.06.2008

Kohlebrände – ein weltweites Problem

Wie ein gefräßiges Krebsgeschwür

China ist das Land, in dem die Flözbrände jährlich zu den größten wirtschaftlichen Verlusten führen – zumal das Land mittlerweile mehr denn je auf seine eigenen Rohstoffe angewiesen ist. Doch das Problem der Flözbrände besteht in den meisten Ländern, die Kohlebergbau betreiben, in Russland, Südafrika, Sumatra, den USA oder in Indien. Selbst in Deutschland brennt die Erde an einigen Stellen.

Indien – Abbau um den Brand herum

In der indischen Region Jharia, nordwestlich von Kalkutta, einem der wichtigsten Kohle-Abbaugebiete des Landes ist es üblich, die Kohle um die Brände herum abzubauen. Über die Hälfte aller Betriebe kämpft mit dem Problem.

Mittlerweile ist die Stadt Jharia, die von rauchenden Erdspalten umgeben ist, akut durch Einsturz gefährdet. Weil sich das Feuer unterirdisch weiterfrisst, entstehen immer wieder Erdfälle wie sie sonst eigentlich aus Karstgebieten bekannt sind. Fast 7.000 Hektar Land in der dichtbesiedelten Region sind betroffen. Über eine Million Menschen leben hier, inmitten von Rauch und Abgasen.

Indonesien – hochgiftige „Vulkane“ im Regenwald

Auch in Indonesien sind sich die Behörden mittlerweile über die Bedrohung durch Kohlebrände im Klaren. Beim indonesischen Ministerium für Energie und Bodenschätze schätzt man, dass allein in der Provinz Ost-Kalimantan auf Borneo über 76.000 Brände unter dem Wurzeln des Regenwalds schwelen. Immer wieder erzeugen sie Erdspalten, aus denen dann wie aus kleinen Vulkanen Kohlenmonoxid und Kohlendioxid, Methan und Schwefeldioxid aufsteigen. Messungen des Ministeriums haben ergeben, dass allein die Konzentration des Kohlenmonoxids an den Austrittstellen mit 2.000 ppm (parts per million) bei einem Vielfachen der für einen Menschen tödlichen Dosis von 150 ppm liegt.

Rauchende Erdspalte in Centralia, Pennsylvania © Pennsylvania State University

USA – Verlassene Städte

Berühmt sind die verlassenen Bergbaustädte in Pennsylvania in den USA, wo Anthrazit abgebaut wird. Centralia oder Uniontown wurden von ihren Bewohnern nahezu aufgegeben, denn immer näher fressen sich die Schwelbrände an die Siedlungen der Bergarbeiter heran, wölben den Boden auf und bringen die Bausubstanz durch Hitze und veränderten Untergrund in Gefahr.

Australien – 6.000 Jahre Burning Mountain

In New South Wales in Australien dachte man früher, dass es sich beim „Burning Mountain“ um einen Vulkan handele, der noch heute vor sich hin raucht. Doch später stellte man fest, dass hier ein Flöz brennt – und das bereits seit knapp 6.000 Jahren. Damit ist der „Burning Mountain“ der älteste bekannte Flözbrand überhaupt.

Deutschland – Goethe zu Besuch

Und auch Deutschland hat seinen „Brennenden Berg“ – im Saarland zwischen den Orten Dudweiler und Sulzbach-Neuweiler. Hier brennt ein Kohleflöz seit dem Jahr 1668. Bereits Goethe stattete dem Brennenden Berg einen Besuch ab und erinnerte sich später: „Ein starker Schwefelgeruch umzog uns; die eine Seite der Höhle war nahezu glühend, mit rötlichem, weißgebranntem Stein bedeckt; ein dicker Dampf stieg aus den Klunsen hervor und man fühlte die Hitze des Bodens auch durch die starken Sohlen.“


Stand: 13.06.2008

Warum die Kohle Feuer fängt

Selbstentzündung oder Brandstiftung?

Weltweit brennen Kohleflöze, zum Teil schon Hunderte oder gar Tausende von Jahren. Aber wie? Was ist die Ursache dieser Brände? Die Antwort liefert eine besondere Eigenschaft der Kohle: Egal ob Kokshaufen auf einem Lagerplatz oder Kohleflöze – sie neigen zur spontanen Selbstentzündung.

Blick in eine aktive Kohlegrube. Mit Wasser wird gekühlt, um Selbstentzündung zu vermeiden, daher der Dampf © A. Prakash, ITC

Spontane Selbstentzündung durch Oxidation

Im Kontakt mit Sauerstoff oxidiert Kohle. Bei dieser chemischen Reaktion entsteht Wärme. Die zwei oder drei Tonnen im Kohlenkeller zu Hause sind meist so gelagert, dass diese überschüssige Wärme durch die umgebende Luft und die Luftzirkulation abgeführt wird. Doch bei großen Kohlelagern oder auch in unterirdischen Kohleflözen kann diese Eigenschaft dazu führen, dass die Kohle von allein zu glimmen anfängt. Und zwar dann, wenn genug Sauerstoff vorhanden ist, um die Oxidation in Gang zu setzen, und die dabei entstehende Wärme nicht schnell genug abgeführt wird.

Schon bei etwa 80 Grad sondert die Kohle leicht flüchtige Anteile ab, die sich entzünden können. Es entsteht zunächst ein rotglühender Schwelbrand. Wenn die Temperatur im Inneren der Kohle weiter steigt, schlagen erste Flammen hoch, die Kohle beginnt jetzt, richtig zu brennen. Dann steigt die Temperatur noch weiter und kann etwa 1.500 Grad erreichen. In diesem Temperaturbereich schmilzt bereits Gestein.

Klima, Wasser und Körnung sind Einflussfaktoren

Ob und wann Kohle sich selbst entzündet, hängt dabei von zahlreichen Faktoren ab. Die chemische Zusammensetzung der Kohle spielt ebenso eine Rolle wie die Korngröße oder die Größe und Dichte des Kohleflözes. Locker gelagerte Kohle oder mit vielen Rillen und Rissen durchsetzte Kohleflöze bieten eine größere Oberfläche, an der die Oxidation voran schreiten kann. Dichte Vorkommen dagegen speichern die Wärme besser und können deshalb schneller zur Selbstentzündung führen.

Auch die Umgebungstemperatur in der Gesteinsschicht, die umgebenden geologischen, geomorphologischen und hydrologischen Bedingungen, das Klima, Wüstenklima oder Regenwald, haben einen großen Einfluss darauf, ob und wie sich Kohle selbst entzündet. Auch der Bergbau selbst spielt keine geringe Rolle. Da, wo Flöze unterirdisch abgebaut werden, sind ausreichende Belüftung und das Abführen der Oxidationswärme ein Muss.

Brennendes Kohlefeuer direkt unter der Oberfläche © ITC

Unfreiwillige Brandstiftung

Seitdem Kohle vom Menschen aktiv abgebaut wird, hat jedoch auch die meist zufällige Brandstiftung zugenommen. In den Kohlegruben von Indien hat schon manches Mal der Betrieb einer illegalen Alkoholdestille zum Entzünden der Kohle geführt. In Pennsylvania ist man sich bis heute nicht sicher, ob die Brände nicht erst dadurch verursacht wurden, dass man aufgegebene Kohleschächte als Mülldeponie genutzt und den Müll verbrannt hat, so dass das Feuer schließlich auf die Flöze übergesprungen ist.

So wie ein Kurzschluss an einem Kohlebagger, eine glimmende Zigarette im Kohleschacht oder eine Methanexplosion zum Entzünden eines Flözes führen kann, so wahrscheinlich ist auch eine natürliche „Initialzündung“. Blitze oder Wirbelstürme können bei oberflächigen Kohlelagerstätten für den entscheidenden Funken sorgen. Und auch Wald-, Steppen-, Prärie- oder Savannenbrände sind als Auslöser keine Seltenheit. In den indonesischen Regenwäldern bilden Waldbrände und dicht unter der Oberfläche lagernde Kohle eine riskante Mischung, die bisher nicht wirklich unter Kontrolle gebracht werden konnte.


Stand: 13.06.2008

Deutsche Satellitentechnik erspürt Flözbrände

Temperaturfühlung vom Weltall aus

Mit der zunehmenden Aufmerksamkeit, die Wissenschaftler den weltweiten Flözbränden in den letzten Jahren gewidmet haben, wurde mehr und mehr klar, dass man bisher weder alle Brände lokalisiert hat, noch ausreichend über die Ausbreitung der Feuer weiß. Denn brennt die Kohle erst einmal, springt sie leicht von Flöz zu Flöz über, selbst wenn man meint, das Feuer sei erloschen.

Infrarotbild einer hügeligen Landschaft in Wuda, China. Die roten Flecken sind verursacht durch unterirdische Brände © DFD/DLR

Deutsch-chinesische Partnerschaft

Weil die Flözbrände mittlerweile nicht nur enorme wirtschaftliche Schäden verursachen, sondern zunehmend auch als nicht zu vernachlässigende Quelle für die Emission von Treibhausgasen angesehen werden, engagiert sich auch Deutschland bei der Erforschung der Ursachen und Erkennungsmethoden. Seit 2003 besteht eine deutsch-chinesische Forschungsinitiative mit zahlreichen Projektpartnern auf beiden Seiten, unter anderem dem deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, dem chinesischen Zentrum für Fernerkundung oder dem chinesischen Kohleforschungsinstitut. Allein das Bundesministerium für Forschung und Entwicklung finanziert das Projekt über sieben Jahre bis zum Jahr 2010 mit sechs Millionen Euro.

In drei Projektgebieten im besonders stark von dem Problem betroffenen Norden Chinas, in Wuda, Gulaben und Ruijigou, erforschen deutsche und chinesische Wissenschaftler gemeinsam Ursachen und Ausbreitung der Feuer. Um diese Fragen zu beantworten und adäquate Löschmethoden zu entwickeln, muss man jedoch zunächst erst einmal lokalisieren, wo sich Brände durch den Untergrund fressen.

Temperaturmessung in einer Brandzone © DFD/DLR

Satelliten als Feuermelder

Bei der Ortung der Feuer hat sich die Fernerkundung aus dem Weltall als besonders nützlich erwiesen. Denn längst sind nicht alle brennenden Flöze überhaupt bekannt. Im Jahr 2007 ist es Wissenschaftlern vom DLR erstmals gelungen, bisher unbekannte Kohlebrände in der Grenzregion zwischen den chinesischen Provinzen Innere Mongolei und Ningxia mit Hilfe von Satelliten aufzuspüren. Grundlage dieses Erfolgs ist die Annahme, dass man Eigenschaften der Erdoberfläche mit Hilfe von Satellitentechnik, durch Fernerkundungsmethoden, ausfindig machen kann.

Infrarotmessungen ….

Zum einen besteht die Möglichkeit, mit Satelliten die Oberflächentemperatur der Erde zu messen. Kohlebrände im Untergrund erwärmen das umliegende Gestein – wenn auch nur um wenige Grad. Die unterschiedlichen Temperaturen können von Satelliten aus aufgenommen werden. Dabei decken die durch Infrarotsensoren gewonnenen Daten Temperaturdifferenzen zwischen kühlen und wärmeren Flächen mit ähnlichen geologischen Voraussetzungen auf.

Blick aus dem Helikopter auf eine Kohlemine in Wuda © DFD/DLR

…. und Multispektralaufnahmen

Mithilfe von Multispektralkameras kann man Rückschlüsse auf weitere Eigenschaften der Erdoberfläche gewinnen. Während Infrarotsensoren lediglich infrarote Wellenlängen wahrnehmen, decken multispektrale Aufnahmen ein größeres Wellenspektrum ab. Sie liefern so nicht nur Daten über die Oberflächentemperatur sondern auch über die Reflektivität, also die Art der Reflektion und Streuung von Strahlung, oder den Emissionsgrad, die Fähigkeit, radiomagnetische Strahlung abzugeben. So können verschiedene Vegetationsformen, zum Beispiel Wald oder Grasbewuchs, aber auch Gesteinstypen, zum Beispiel vulkanisches oder Sedimentgestein, ausfindig gemacht werden.

Oberflächen-Typ „Kohle“

Ziel der Wissenschaftler vom DLR war es nun, auf Satellitenbildern einen bestimmten Oberflächen-Typ zu identifizieren, den sie als „Kohle“ klassifizierten. Zuvor hatten die Forscher in Feldkampagnen Messungen an bekannten Flözbränden und dem überlagernden Gestein vorgenommen und so festgestellt, dass unterirdische Flözbrände aufgrund der Hitze zu einem Verlust der Vegetationsdecke und zu Umformungen der Gesteinsstruktur führen.

Die Wissenschaftler entwickelten nun Computermodelle, mit deren Hilfe jedes einzelne Computer-Pixel der digitalen Satellitenbilder der Testregion auf diese ganz speziellen Eigenschaften hin überprüft wurde. Flächen, die nicht in Frage kamen, zum Beispiel Wasser oder auf den Satellitenbildern im Schatten liegende Areale, wurden dabei in mehreren Durchgängen herausgerechnet, so dass am Ende nur noch die in Frage kommenden Kohleflächen übrig blieben.

Nach den ersten Versuchen konnten die Wissenschaftler ihre Daten mit bekannten Feuern abgleichen, bis zu 80 Prozent der bekannten Flächen stimmten mit den Berechnungen überein.

Verifikation im Gelände

Die Bewährungsprobe erlebten die Wissenschaftler vom DLR, als sie ein bisher unbekanntes Feuer aufspürten. Obwohl die lokale Bevölkerung 25 Kilometer südöstlich der Stadt Wuda von einem brennenden Flöz wusste, hatte die örtliche Bergbaubehörde davon bisher keine Notiz genommen. So wussten auch die kooperierenden deutschen Wissenschaftler nichts von dem Feuer. Als sie die Region aufgrund ihrer Messdaten aufsuchten, stellte sich schnell heraus, dass ihr Berechnungsmodell funktioniert. Genau an der vorhergesagten Stelle fanden sie den Kohlebrand. Somit wurde die Methode verifiziert und kann nun dazu genutzt werden, weitere bisher unbekannte Feuer aufzuspüren.


Stand: 13.06.2008

Der Einfluss der Flözbrände auf den Treibhauseffekt

Klimakiller Kohlebrand?

Kohleflöz-Brände leisten einen erheblichen Beitrag bei der Emission von Treibhausgasen, darüber besteht unter Wissenschaftlern mittlerweile kein Zweifel mehr. Neben toxischen Dämpfen und Verbrennungsgasen, die Schwefel und Stickstoff enthalten, werden durch die Brände vor allem die Treibhausgase Kohlendioxid und Methan freigesetzt. Gerade Methan hat in der Atmosphäre jedoch eine 21-mal stärkere Treibhauswirkung als CO2.

Smog durch Kohlebrand in China © BGR

Signifikanter Einfluss auf Erderwärmung

Beim Verbrennen von einer Tonne Steinkohle entstehen gut eine Tonne Kohlendioxid sowie etwa 350 Kilogramm Methangas. Deshalb erklärte die Internationale Energieagentur (IAEA) schon im Jahre 1999, dass der Einfluss der Flözbrände auf die Erderwärmung „signifikant“ sei.

Experten vom niederländischen Institut für Geo-Information und Erdbeobachtung (ITC) gehen davon aus, das allein Chinas unkontrollierte Kohlebrände und das dabei emittierte Kohlendioxid mittlerweile einen Anteil von zwei bis drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen einnehmen.

China: Problem erkannt

China selbst ist sich der Brisanz der Emissionen durch die Kohlebrände inzwischen durchaus bewusst und will sie deshalb in die eigene Treibhausgas-Bilanz aufnehmen. Vermutlich handelt es sich um einen niedrigen zweistelligen Anteil an den chinesischen Gesamtemissionen. Auch bei den Verhandlungen um das Kyoto-Nachfolgeprotokoll wollen die Chinesen diese Emissionen berücksichtigen.

Die Flözbrand-Expertin Anupma Prakash und ihre Kollegen vom ITC gehen davon aus, dass ein erheblicher Teil der Treibhausgase dadurch reduziert werden könnte, dass effektive Methoden zum Löschen der Kohlefeuer entwickelt und angewendet werden.

Lösch-Geschäft durch Zertifikate-Handel?

Damit böte sich nicht nur für China die Möglichkeit, den Kampf gegen Treibhausgase und Kohlefeuer gleichzeitig zu einem lukrativen Geschäft zu machen – wenn für die Flözbrände auch internationale Emissionszertifikate ausgegeben würden, ähnlich wie für Kraftwerke oder andere Betriebe.

Unter diesen Umständen könnten sich Löschtrupps für Flözfeuer zu einem Geschäftsmodell entwickeln, bei dem Firmen Flözbrände und die dazu gehörigen Emissionsscheine kaufen und nach erfolgreichem Löschen des Feuers weiterverkaufen könnten. Experten schätzen, dass die Kosten pro gerettete Tonne Kohle bei ein bis zwei Euro liegen dürften. Bisher wurden in Europa Zertifikate für eine Tonne Kohlendioxid bereits für über zehn Euro gehandelt. Damit könnte die Lösch-Firma einen Gewinn von etwa 400 Prozent verbuchen.

Weil bisher jedoch noch nicht klar ist, wie weit das Kyoto-Nachfolgeprotokoll in dieser Hinsicht gehen wird und wie der internationaler Zertifikatehandel in Zukunft funktionieren soll, baut China bereits eine eigene Börse für Emissionszertifikate auf.


Stand: 13.06.2008

Wie man die Brände eindämmen will

Löschen – aber wie?

Kohlebrände gibt es zwar fast weltweit, aber längst nicht überall sind sie ein großräumiges oder langwieriges Problem. Am längsten zu kämpfen haben meist die Entwicklungsländer, während Brände in den USA, Kanada oder Australien meist schnell gelöscht oder zumindest eingedämmt werden können.

Brennende Kohle wird abgebaggert, um den Brand des Flözes einzudämmen © Z. Vekerdy, ITC

Mangelnde Ressourcen

Nach Meinung der Experten vom IST liegt dies auch daran, dass in vielen Entwicklungs- und Transformationsländern die Überwachungsmethoden wenig ausgereift sind und die konsequente Einhaltung von Schutzmaßnahmen vernachlässigt wird. Oftmals stehen die finanziellen und technischen Mittel nicht zur Verfügung. Wo das Wasser kaum für Menschen reicht, ist es zum Löschen von Bränden erst recht nicht verfügbar. Deshalb können sich die Brände hier über große Regionen ausweiten.

Bohren, Wässern, Schließen

Nur in China gehört das planmäßige Löschen von Flözbränden mittlerweile zum Bergbau dazu. Und hier wurde auch die bisher effektivste Methode der Brandbekämpfung entwickelt. Zunächst muss der bis zu 1.500 Grad heiße Brandherd heruntergekühlt werden. Dazu werden in der Brandzone mehrere Bohrungen im Abstand von jeweils etwa 20 Metern rasterförmig bis in Tiefe der brennenden Kohle gesetzt. In den folgenden ein bis zwei Jahren wird hier Wasser oder Schlamm hineingepumpt – so kühlt der Brand ab und wird gelöscht.

Damit das Feuer nicht erneut aufflackert, wird dem Brandherd zudem der Sauerstoff entzogen. Dafür decken die Löscharbeiter die Brandzone mit einem möglichst undurchlässigen Material ab, zum Beispiel Lehm oder Löss. Bis ein Kohlebrand jedoch wirklich erloschen ist, dauert es in der Regel mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte. In dieser gesamten Zeit muss das Feuer überwacht werden. Wird das Flöz zu früh wieder angegraben, kommt neuer Sauerstoff an den Brand und er lodert wieder auf oder setzt sich an anderer Stelle fort, ohne dass man weiß wo.

Mit Schaufel, Karre und Erdmaterial versucht man in Jharia, Indien, die Kohlebrände zu ersticken © A. Prakash, ITC

Gefahr des erneuten Aufflammens

Mit diesem Problem kämpfen allerdings auch die westlichen Industrieländer. In den USA wandern die Feuer ebenfalls unkontrolliert durch Minen und tauchen dann unerwartet wieder auf. In Pennsylvania ist ein Brand aus den 60er Jahren nahe Pittsburgh nach rund 40 Jahren neu aufgeflammt, er gilt als „Sohn“ seines Vorgängers.

Und nicht alle Löschmaßnahmen erweisen sich als zuverlässig. Um einem Brand den Weg abzuschneiden und die Bergarbeitersiedlungen Youngstown und Percy zu schützen, wurden in Pennsylvania 2,5 Millionen Dollar für einen Schutzgraben aufgewendet. Der Graben zwischen Feuer und Siedlungen wurde mit Ton gefüllt. Doch nach zehn Jahren hatte sich das Feuer um das Hindernis herumgefressen.

Jetzt bohrte man Löcher in den Boden und füllte sie mit einem selbsthärtenden, feuerfesten Schaum, eine neue Barriere für das Feuer und Hoffnung für die Anwohner. Allzu zuversichtlich ist man in den beiden Siedlungen jedoch nicht. Bereits nach wenigen Monaten quoll der Schaum nach oben und die Wiese über der Schutzzone hob sich. Ob der erneute Versuch etwas gebracht hat, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.


Stand: 13.06.2008