Warum das edelste aller Metalle so ungewöhnlich ist

Gold – das geheimnisvolle Element

Gold ist das edelste aller Metalle – und es hat einige sehr ungewöhnliche chemisch-physikalische Eigenschaften. © Bodnarchuk/ iStock.com

Schon unsere Vorfahren waren vom Glanz und der Beständigkeit des Goldes fasziniert. Es galt als Element der Götter, als Abbild der Sonne und des Lichts. Und bis heute verblüfft Gold durch einige ungewöhnliche chemische und physikalische Eigenschaften. Doch was macht dieses Element so besonders?

Auf den ersten Blick ist Gold ein Element wie alle anderen, es scheint sich kaum von seinen Nachbarn im Periodensystem zu unterscheiden. Trotzdem verhält es sich ganz anders als diese: Es verweigert fast alle chemischen Reaktionen, zeigt einen selbst unter Metallen einzigartigen Glanz und ist so formbar und dabei beständig wie kein anderes Element. Auch die Entstehung des Elements und seiner Vorkommen ist bis heute nur in Teilen geklärt.

Kein Wunder, dass dieses Edelmetall in vielen Kulturen geradezu verehrt wurde – und dass es bis heute als Garant für dauerhafte Werte gilt. Warum aber ist das Gold so ungewöhnlich? Und was macht es so anders als seine elementaren Verwandten? Eine chemisch-physikalische Spurensuche.

Nadja Podbregar
Stand: 27.04.2018

Auf den Spuren der Alchemisten

Blei zu Gold

Gold war schon immer etwas Besonderes. Unsere Vorfahren verzierten damit ihre Heiligtümer und Paläste, ehrten ihre Herrscher und gaben toten Fürsten goldene Beigaben mit ins Grab. Gold war Statussymbol, heiliges Element und Wertobjekt zugleich. Kein Wunder, dass Menschen von Anbeginn der Geschichte nach diesem goldenen Schatz der Erde suchten – und es sogar versuchten, selbst herzustellen.

Alchemisten versuchten jahrhundertelang, Gold aus unedlen Metallen herzustellen – vergeblich. © Historisch

In der Antike und im Mittelalter war sie das große Ziel vieler Alchemisten: die Chrysopoeia. Durch diesen Umwandlungsprozess hofften sie, aus unedlen Stoffen Gold herzustellen – das edelste und unvergänglichste aller Metalle. Statt mühsam danach zu schürfen, könnte man das Gold dann einfach im Labor erzeugen.

Transmutation und der Stein der Weisen

Als Königsweg zu dieser Transmutation galt damals der Stein der Weisen – ein geheimnisvolles Elixier oder Verfahren, das die „Veredelung“ normaler Metalle in Gold ermöglichen sollte. „Gold war sozusagen die perfekte reife Frucht, zu der die unterirdischen Vorkommen der unedlen Metalle heranreifen würden, wenn man sie nur lange genug in der Erde ließe“, erklärt William Newman von der Indiana University. Der Stein der Weisen sollte diese Reifung vorwegnehmen und beschleunigen.

Auf Basis des damaligen Wissens erschien die Transmutation zudem keineswegs unerreichbar. „Die meisten Alchemisten des Mittelalters hielten Metalle für Verbindungen aus Schwefel und Quecksilber und vielleicht noch einem Salz“, erklärt Newman. Der Weg von Blei zu Gold schien daher durchaus über chemische Reaktionen machbar. Doch trotz jahrhundertelanger Experimente blieben die Alchemisten erfolglos – sie fanden weder den Stein der Weisen noch gelang ihnen die ersehnte Chryopoeia.

Die Atomsorte hängt von der Zahl der Protonen im Kern ab, beim Gold sind es 79. Dies ist mit rein chemischen Methoden nicht veränderbar. © Antoine2K/ iStock.com

Die Protonen sind entscheidend

Heute ist klar, warum das nicht funktionieren konnte: Chemische Reaktionen können zwar den Bindungszustand eines Elements verändern, nicht aber seine atomare Natur. Anders ausgedrückt: Blei kann auf noch so fantasievolle Weise mit anderen Substanzen kombiniert werden – die Bleiatome werden immer Bleiatome bleiben. Denn welche Eigenschaften ein Atom hat, wird vor allem von der Zahl seiner Protonen im Kern geprägt.

Diese Ordnungszahl bestimmt seine Position im Periodensystem der Elemente und verrät auch, wie viele Elektronen in der Hülle des Atoms kreisen – ein für die Bindungseigenschaften entscheidendes Merkmal. Um aus Blei mit der Ordnungszahl 82 zu Gold zu machen, hätten die Alchemisten dem Blei drei Protonen wegnehmen müssen. Doch dies funktioniert mit rein chemischen Mitteln nicht, wie man heute weiß.

Gold aus der Teilchenkanone

Unmöglich aber ist eine solche Transmutation keineswegs. Denn auf physikalischen Wege ist das, was Alchemisten vergeblich versuchten, inzwischen möglich. Dafür allerdings benötigen die Alchemisten von heute mehr als nur einen Bunsenbrenner und geheimnisvolle Elixiere: Der moderne „Stein der Weisen“ sind Teilchenkanonen und riesige Beschleunigerringe – und enorme Mengen an Energie.

Blick in das Inneres eines Teilchenbeschleunigers am GSI – solche Ionenkanonen sind die Werkzeuge der modernen "Goldmacher". © A. Zschau/ GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH

Bereits in den 1980er Jahren gelang US-Forschern am Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) die Transmutation von Bismut, dem Nachbarelement von Blei, zu Gold. Dafür schossen sie fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigte Neon- und Kohlenstoffkerne auf eine dünne Bismutfolie. Bei dieser Kollision werden einige Bismutatome so getroffen, dass sechs bis 15 Protonen aus ihrem Kern gerissen werden. Dadurch entstehen verschiedene radioaktive Gold-Isotope und auch das stabile Gold-197 – das Isotop, aus dem der Goldschmuck besteht.

„Wir hätten damals auch Blei nehmen können, aber Bismut war günstiger, weil es nur ein Isotop besitzt“, erklärt David Morrissey vom LBNL. Das machte es leichter, in den Kollisionstrümmern das Ausgangselement von den „transmutierten“ Atomen zu trennen.

Zwei Millionen Goldatome pro Sekunde

Eine weitere moderne „Alchemisten-Werkstatt“ steht in Darmstadt. In den Teilchenbeschleunigern des dortigen GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung entsteht ebenfalls Gold aus „unedlen“, schwereren Elementen. Der energiereiche Teilchenstrahl kann sogar in jeder Sekunde zwei Millionen neue Goldkerne produzieren.

Das klingt zwar viel, aber reich wird damit niemand. Denn um auf diese Weise ein einziges Gramm Gold zu produzieren, müssten die Beschleuniger 50 Millionen Jahre lang arbeiten. Hinzu kommt: Die Teilchenbeschleuniger benötigen gigantische Mengen an Energie, um nur diese winzige Goldmenge herzustellen. Lukrativ ist die moderne Alchemie daher leider nicht.

Nadja Podbregar
Stand: 27.04.2018

Woher das Gold seinen besonderen Schimmer bekommt

Einsteins Glanz

Der Glanz reinen Goldes ist unverwechselbar: Kein anderes Metall schimmert in einem vergleichbar gelblichen Ton. Wegen seiner Farbe galt Gold in vielen frühen Kulturen als Abbild der Sonne und als göttliche Substanz. Der Goldglanz war so begehrt, dass es sogar schon in der Bronzezeit Bemühungen gab, aus Legierungen anderer Metalle Falsch-Gold herzustellen.

Wie bei anderen Metallen sind die Außenelektronen im Gold delokalisiert und frei beweglich. © gemeinfrei

Ein See aus Elektronen

Was aber verleiht dem Gold diesen einzigartigen Glanz? Das typisch metallische Schimmern verdankt das Element seinen Elektronen. Wie bei Eisen, Silber und anderen Metallen sind die Außenelektronen des Goldes nicht fest an ihr Atom gebunden, sondern delokalisiert – sie bilden eine Art „See aus Elektronen“. Trifft nun Licht auf die Oberfläche des Metalls, regt seine Energie diese Elektronen zum Schwingen an und sie reflektieren die auftreffenden Photonen, ohne dass diese weit in das Kristallgitter eindringen.

Weil die beweglichen Metallelektronen dabei nahezu alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts gleich gut reflektieren, erscheint die Metalloberfläche silbrig glänzend. Silber, Eisen, aber auch Platin und andere Metalle verdanken diesem Effekt ihren Glanz. Anders jedoch das Gold: Bei diesem Metall schimmert die Oberfläche nicht silbrig, sondern gelblich – eben typisch golden.

Effekte der Relativität

Dahinter steckt eine Besonderheit des Goldes – und die hängt eng mit Einsteins Relativitätstheorie zusammen. Das Element Gold besitzt 79 Protonen im Kern und gehört damit zu den schwersten stabilen Atomen im Periodensystem. Das hat auch Folgen für die Elektronen in der Hülle: Sie müssen besonders schnell kreisen, um nicht von der starken positiven Ladung in den Kern gezogen zu werden. Im Falle des Goldes erreichen die Elektronen dabei sogar mehr als die Hälfte der Lichtgeschwindigkeit.

Relativistische Effekte verändern das Verhalten der Goldelektronen © RonTech2000/ iStock.com

Das aber bedeutet, dass in der Atomhülle des Goldes relativistische Effekte auftreten, wie sie schon Albert Einstein postulierte. Die hohe Geschwindigkeit erhöht Masse und Energie der Elektronen. Kombiniert mit der hohen Kernladung verändert dies die Geometrie der Elektronenorbitale. Die inneren weiten sich, die äußeren werden enger an den Kern gezogen. Das Goldatom samt Hülle ist dadurch nur halb so groß wie ein Cäsiumatom, obwohl es doppelt so schwer ist.

Verschlucktes Blau

Und genau hier liegt der Grund für den besonderen gelblichen Glanz des Goldes: Durch die relativistischen Effekte verringert sich beim Goldatom der energetische Abstand des äußersten, fast leeren Elektronenorbitals (6s) zum nächstinneren, voll gefüllten 5d-Orbital. Um von der 5d in die 6s-Schale zu springen, benötigt ein Elektron dank dieses Effekts nur genau die Energie, die einem Photon aus dem blauen Wellenbereich des Lichts entspricht.

Trifft nun Licht auf die Goldoberfläche, absorbiert diese den blauen Anteil des Lichts, wirft aber die restlichen Wellenlängen zurück. Dieses Restlicht nehmen wir als orange-gelblich wahr – das Metall schimmert im typischen Goldglanz.

Nadja Podbregar
Stand: 27.04.2018

Warum Gold so beständig ist

Voller „Eigenliebe“

Es scheint geradezu magisch: Selbst wenn man Gold Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende lang im Boden begräbt oder in Wasser versenkt, bleibt es unverändert. Während Kupfer zu Grünspan oxidiert, Eisen rostet und selbst Silber schwarz anläuft, behält das Gold seinen Glanz. Korrosion und andere Umwelteinflüsse scheinen diesem Metall nichts anhaben zu können.

Die Himmelsscheibe von Nebra lag jahrtausendelang in der Erde vergraben – und doch glänzt ihr Gold fast wie neu. © Dbachmann/ Wikipedia, CC-by-sa 3.0

Kein Wunder, dass schon unsere Vorfahren in diesem Element das edelste aller Metalle sahen – einen Stoff, der alle Widrigkeiten unbeschadet zu überstehen scheint. „Die einzigartige Rolle, die das Gold in der Gesellschaft spielt, ist in hohem Maße der Tatsache zu verdanken, dass es das reaktionsträgste aller Metalle ist“, erklärt Jens Norskov von der Technischen Universität Dänemarks in Lyngby.

Kontrahierte Orbitale

Das Überraschende daran: Gold besitzt eigentlich alle Voraussetzungen, um besonders reaktionsfreudig zu sein. Denn sein äußerstes Orbital (6s) ist nur mit einem einzigen Elektron besetzt. Würde es dieses Elektron abgeben, bekäme das Goldatom ein leeres Orbital und damit einen energetisch besonders stabilen Zustand. Genau aus diesem Grund sind Alkalimetalle wie Natrium, Kalium oder Cäsium so reaktiv: Auch sie besitzen nur ein Elektron in ihrer Außenschale und streben danach, dieses loszuwerden.

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Seltsamerweise scheint dies aber beim Gold nicht der Fall zu sein – aber warum? Die Reaktionsträgheit des Goldes hat die gleiche Ursache wie sein Glanz. Die relativistischen Effekte des schweren Kerns lassen die Elektronen besonders schnell um den Kern rasen, gleichzeitig rückt das äußere Orbital näher an den Kern. Als Folge ist das Außenelektron besonders fest an den Kern gebunden. Um es aus der Atomhülle zu reißen, sind Energien nötig, die nur sehr Bindungspartner aufbringen können – dazu gehören Fluor, Chlor und andere hochreaktive Halogene.

Das Rätsel der Aurophilie

Und noch etwas kommt hinzu: In metallischem Gold, aber auch in Goldkomplexen sind die einzelnen Atome besonders eng miteinander verbunden. Ihr Abstand ist deutlich geringer als er eigentlich sein dürfte und in manchen Fällen kann die Bindungsenergie zwischen zwei Goldatomen sogar höher liegen als bei einer Wasserstoffbrückenbindung. Diese sogenannte Aurophilie gab Forschern lange Rätsel auf. Denn wenn die Außenelektronen der Goldatome wie bei Metallen typisch einen „See“ aus delokalisierten Elektronen bilden, bekommen die Atomrümpfe dadurch eine positive Ladung – sie müssten sich eher abstoßen. Stattdessen aber scheinen sie sich beim Gold anzuziehen.

Die Erklärung dafür liefern ebenfalls die relativistischen Effekte im Goldatom. Die Kontraktion der äußeren Orbitale und die hohe Geschwindigkeit der Elektronen führen dazu, dass die äußerste volle Elektronenschale, das 5d-Orbital quasi „aufgebrochen“ wird. Gleichzeitig schirmen die kontrahierten inneren Elektronenorbitale die Kernladung besser ab. Das erleichtert es den Goldatomen, sich untereinander und mit anderen Metallen zu verbinden. Auch die gute Legierbarkeit von Gold lässt sich damit erklären.

Wegen seiner guten Leitfähigkeit, der Biegsamkeit und der Beständigkeit gegenüber Korrosion wird © Maxiphoto/ iStock.com

Blattgold und Leiterbahnen

Diese Aurophilie erklärt eine weitere ungewöhnliche Eigenschaft des Goldes: Das Edelmetall besitzt von allen Elementen die beste Formbarkeit. Es ist weich, biegsam und gleichzeitig doch so stabil, dass es selbst in dünnsten Schichten nicht reißt. Eine Feinunze Gold – das entspricht rund 31,1 Gramm – kann zu einer Goldfolie von knapp 28 Quadratmetern ausgeschlagen werden. Im alten Japan nutzten Künstler Blattgold von nur 100 Nanometern Dicke, um ihre Gemälde zu verzieren – das dünnste Blattgold der Welt.

In der Nanotechnologie lassen sich inzwischen sogar Golddrähte herstellen, die nur ein Atom dick sind. Nicht ganz so dünne Golddrähte kommen heute als Leiterbahnen in vielen elektronischen Bauteilen vor. Weil das Gold nicht korrodiert, Elektronen gut leitet und weniger spröde ist als alle anderen Metalle, sind diese Leiterbahnen besonders beständig, haltbar und effektiv.

Auch in der Raumfahrt macht man sich diese Eigenschaften zunutze: Viele Satelliten und Raumsonden sind mit hauchdünner Goldfolie überzogen, weil diese die Wärmestrahlung der Sonne gut reflektiert und so die Elektronik vor der Überhitzung schützt.

Nadja Podbregar
Stand: 27.04.2018

Wie das Element Gold entstand

Kosmische Geburt

So ungewöhnlich viele Eigenschaften des Goldes sind, so exotisch ist auch der Ursprung dieses Edelmetalls. Denn Gold wird zwar schon seit Jahrtausenden in irdischen Goldlagerstätten gefunden und gefördert, seine Atome aber sind außerirdischer Herkunft. Sie stammen aus den Tiefen des Alls. Doch wo und wie das Gold dort gebildet wurde, darüber konnten Forscher bis vor Kurzem nur spekulieren.

Nur wenige Elemente entstanden schon beim Urknall, der Rest wurde erst bei der Kernfusion in Sternen, bei Sternexplosionen oder noch energiereicheren Ereignissen gebildet. © Cmglee/ CC-by-sa 3.0

Sterne als Elementfabriken

Klar ist: Fast alle Elemente unseres Periodensystems sind erst lange nach dem Urknall entstanden. Denn am Uranfang des Universums gab es nur Wasserstoff und in geringeren Teilen Helium und Lithium. Alle schwereren Atomsorten wurden erst gebildet, als das Fusionsfeuer der ersten Sterne zündete. Unter dem enormen Druck und den höllischen Temperaturen im Sterneninneren verschmelzen Wasserstoff und die anderen leichten Elemente zu immer schwereren Atomkernen. Nach gängiger Theorie verdanken wir diesem Sternenfeuer alle Elemente bis etwa zum Eisen.

Um jedoch Atomkerne zu erzeugen, die noch schwerer sind, wird mehr Energie benötigt, als sie im Sterneninneren zur Verfügung steht. Die Nukleosynthese dieser Elemente geschieht deshalb erst dann, wenn ein massereicher Stern am Ende seines Lebenszyklus explodiert. Die Supernova erzeugt energiereiche Neutronen, die die ausgeschleuderte Sternenmaterie bombardieren. Deren Atome nehmen dabei zusätzliche Neutronen auf und zerfallen dann zu neuen, schwereren Elementen. Erst die explosive Kraft der Supernovae ermöglicht so die Bildung schwererer Atomsorten wie Kupfer, Selen oder Rubidium.

Die Kollision von Neutronensternen erzeugt schwere Elemente – darunter auch das Gold. © National Science Foundation/ LIGO/ Sonoma State University/ A. Simonnet

Kosmische Katastrophe

Doch für das Element Gold reicht selbst die Explosionsenergie der schwersten Sterne nicht aus. Schon länger haben Forscher daher nach Prozessen im Kosmos gesucht, die noch mehr Energie freisetzen. Ein Kandidat: die Kollision und Verschmelzung von Neutronensternen. Diese extrem dichten Sternenreste konzentrieren die doppelte Sonnenmasse in nur zehn bis zwölf Kilometern Durchmesser – entsprechend kataklysmisch ist ihre Kollision.

Ob aber Gold tatsächlich bei solchen Kollisionen entsteht, darüber konnten Wissenschaftler lange nur spekulieren. Denn noch nie war es gelungen, zwei kollidierende Neutronensterne auf frischer Tat zu ertappen – bis zum 17. August 2017. An diesem Tag fingen die LIGO-Detektoren in den USA und der Virgo-Detektor in Italien erstmals Gravitationswellen auf, die bei einer solchen Verschmelzung entstanden sind.

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200 Erden aus Gold

Das Spannende daran: An der bei dieser Kollision ebenfalls freigesetzten elektromagnetischen Strahlung konnten die Forscher ablesen, welche Elemente bei diesem Ereignis produziert wurden – und Gold war dabei. Aus den Spektraldaten schließen sie, dass allein bei dieser Neutronenstern-Kollision bis zu 200 Erdmassen an Gold erzeugt worden sein könnten. Auch Platin und andere schwere Atomsorten hinterließen im Licht dieser kosmischen Katastrophe ihren spektralen Fingerabdruck.

Damit scheint klar: Das Element Gold ist nicht nur einfach „Sternenstaub“, wie so viele andere Atome – es hat seinen Ursprung in einem der eindrucksvollsten Ereignisse des Kosmos.

Nadja Podbregar
Stand: 27.04.2018

Wie hat sich das Gold im Untergrund angereichert?

Das Rätsel der Lagerstätten

Schon unsere frühen Vorfahren könnten bei ihren Wanderungen in einigen Flüssen auf goldglänzende, rundliche Gebilde gestoßen sein: Goldnuggets. Diese oft nur sandkorngroßen, manchmal aber auch mehrere Kilogramm schweren Klumpen aus reinem Gold wurden von der Erosion in die Gewässer gespült. Sogar im Rhein kann man bis heute Goldstaub und winzige Goldkörnchen finden. Ihr Ursprung sind meist Goldadern im Gestein.

Das ursprüngliche Gold der Erde steckt heute zum großen Teil im Erdkern. © Gerhardus Swanepoel/ iStock.com

Goldschatz im Erdkern

Doch genau diese Goldvorkommen geben Forschern bis heute Rätsel auf – eigentlich dürfte es sie gar nicht geben. Der Grund: Als die junge, noch glutflüssige Erde ihre Schichten bildete, sanken Eisen, Nickel und viele schwerere Metalle in den Kern hinab. Leichtere Elemente, darunter viele Silikatverbindungen, sammelten sich dagegen in den äußeren Schichten und erstarrten zu Erdkruste und Erdmantel.

Damals sank ein Großteil des ursprünglich in der Erde vorhandenen Goldes ins Innere. Schätzungen zufolge enthält der Erdkern noch heute so viel Gold, dass man damit die gesamte Erdoberfläche mit einer vier Meter dicken Schicht bedecken könnte. Dazu passt, dass der größte Teil der Erdkruste eher goldarm ist: Die Konzentration im Krustengestein liegt bei nur 0,3 Goldatomen pro einer Milliarde anderer Atome.

Rätselhafte Anreicherung“

Soweit so schlüssig – wenn da nicht die Goldlagerstätten wären. In ihnen ist Gold zehntausende Male häufiger als im Rest der Erdkruste. Allein aus dem Witwatersrand-Goldfeld in Südafrika, der größten Goldlagerstätte der Erde, wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts schon mehr als 40.000 Tonnen Gold gefördert. Und auch in anderen Goldvorkommen beispielsweise in Südamerika oder Zentralasien ist das Gold stark angereichert.

Mikroskopisch kleine Goldadern zwischen Quarzkristallen. © Geomartin/ CC-by-sa 4.0

Aber warum? Wie aus den vereinzelten Goldatomen im Gestein solche Lagerstätten werden konnten, darüber rätseln Forscher bis heute. Bei einigen Goldvorkommen scheint klar, dass tektonische Prozesse eine wichtige Rolle spielten. Unter anderem in Patagonien transportierte beispielsweise ein Mantelplume – ein Aufstrom besonders heißen Magmas – goldhaltiges Gestein aus dem Erdmantel in die Kruste. Später brachte dann die Gegeneinander-Bewegung der Erdplatten in diesem Gebiet das Gold näher an die Oberfläche und konzentrierte es.

Heißes Tiefenwasser und ein Störfaktor

Doch das ist nur die halbe Geschichte. Denn sie erklärt nicht, warum sich das Gold im Gestein zu Adern und Erzgängen konzentriert hat. Hier kommt ein zweiter Akteur ins Spiel: Wasser. Nach gängiger Theorie könnten die Goldatome im Laufe der Erdgeschichte durch hydrothermale Flüssigkeit aus dem Gestein gelöst worden sein. In einigen heißen Quellen auf Island fließt bis heute ungewöhnlich goldreiches Wasser und auch an vielen Schwarzen Rauchern der Tiefsee haben sich größere Mengen Gold abgelagert.

Bei der Bildung von Lagerstätten reicherte sich dieses gelöste Gold im Porenwasser des Gesteins an. Dann könnte es durch plötzliche Erschütterungen oder eine Druckentlastung ausgefällt worden sein – möglicherweise unter dem Einfluss von Erdbeben oder anderen tektonischen Prozessen. Im Falle des Witwatersrand-Goldfelds jedoch ereignete sich diese Ausfällung über eine ungewöhnliche chemische Wechselwirkung, wie Forscher erst vor Kurzem herausfanden. Dabei wirkten uranhaltige Erdöltröpfchen im heißen Tiefenwasser als Katalysatoren. An ihrer Oberfläche schied sich das Gold ab.

Eine Zelle von Cupriavidus metallidurans - deutlich sind im Außenbereich der Zelle die kompakten Goldnuggets zu erkennen. © American Society for Microbiology

Gold als Bio-Produkt?

Noch ungewöhnlicher ist ein weiterer Akteur im Goldgeschehen. Denn auch Mikroben könnten bei der Bildung von Goldlagerstätten eine entscheidende Rolle gespielt haben – zumindest nach Ansicht einiger Wissenschaftler. Indizien dafür sehen sie in organischen, kohleartigen Schichten, die in vielen Vorkommen zwischen dem goldreichen Gestein liegen. Ihrer Theorie nach könnten diese Ablagerungen von urzeitlichen Cyanobakterien stammen, die durch ihre Sauerstoffproduktion die Ausfällung des Goldes förderten.

Tatsächlich gibt es noch heute Bakterien, die gelöstes Gold sogar aktiv aufnehmen und in ihren Zellen anreichern. Spezielle Enzyme sorgen dafür, dass das Gold im Außenbereich der Mikrobenzellen winzige Goldklümpchen bildet – mikroskopisch kleine Goldnuggets. Solche „metallfressenden“ Bakterien könnten demnach auch dazu beitragen, gelöstes Gold in eine feste Form zu bringen.

Nadja Podbregar
Stand: 27.04.2018