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Materialforschung

Zellulose gegen Ölpest

Schwimmende Schwämme aus Nanozellulose saugen ausgelaufenes Öl auf

Der Nanozellulose-Schwamm stößt Wasser (blau) ab, saugt Öl (rot) aber auf. © Empa

Hilfe im Kampf gegen Ölunfälle: Ein neues, saugfähiges Material aus der Holzforschung könnte bei künftigen Ölkatastrophen helfen: chemisch modifizierte Nanozellulose. Der leichte Stoff aus Altpapier, Stroh oder landwirtschaftlichen Abfällen saugt die Öllache auf, schwimmt auf dem Wasser und kann dann einfach wieder eingesammelt werden.

Erdöl ist noch immer einer der wichtigsten Rohstoffe für unsere Zivilisation. Doch der Hunger nach dem fossilen Brennstoff hat seinen Preis: Kentert ein Tanker oder platzt eine Pipeline, dann droht eine Ölpest, die die gesamte Meeresumwelt schädigt. Die sich dann schnell ausbreitende Öllache auf dem Wasser einzudämmen und zu entfernen ist nach wie vor schwierig. Barrieren halten nicht bei Wellengang, Saugpumpen sind oft nicht effektiv genug.

Rohmaterial ist Altpapier oder Stroh

Tanja Zimmermann und Philippe Tingaut vom Schweizer Materialforschungszentrum Empa haben nun eine Alternative gefunden: Gemeinsam mit Kollgen entwickelten sie ein Saugmaterial, das gezielt den Ölfilm vom Wasser abtrennt und sich danach leicht einsammeln lässt: Schwämme aus chemisch veränderter Nanozellulose.

Nachdem der Schwamm die rot eingefärbte Ölschicht aufgesaugt hat, lässt er sich einfach aus dem Wasser ziehen und bleibt dabei in Form. © Empa

Nanofibrillierte Zellulose (NFC), das Basismaterial für die Schwämme, wird aus zellulosehaltigen Abfallstoffen wie Stroh, Holzschliff oder Altpapier gewonnen, in dem diese mit Wasser versetzt und der wässrige Brei unter hohem Druck durch mehrere enge Düsen gepresst wird. Es entsteht eine gel-artige Suspension aus langen, feinen, untereinander verbundenen Zellulosefasern und Wasser. Entzieht man nun dem Gel per Gefriertrocknung das Wasser, so entsteht ein Nanozellulose-Schwamm.

Chemischer Zusatz macht Schwamm wasserabweisend

Das unbehandelte Material saugt gleichermassen Wasser und Öl auf – es ist also für den vorgesehenen Zweck noch untauglich. Den Empa-Forschern gelang es, die chemischen Eigenschaften der Nanozellulose in nur einem Verfahrensschritt zu verändern, in dem sie dem Gel vor der Gefriertrocknung ein reaktives Alkoxysilan zusetzten. Dadurch verliert die Nanozellulose ihre hydrophilen Eigenschaften, wird nicht mehr von Wasser benetzt und verbindet sich nur noch mit öligen Substanzen.

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Im Labor saugten diese Schwämme innerhalb von Sekunden verschiedene Testsubstanzen wie Motoröl, Silikonöl, Ethanol, Aceton oder Chloroform auf. Bis zum 50.-fachen ihres Eigengewichts kann die Nanozellulose dabei aufnehmen, wie die Forscher berichten. Nun gilt es, die Schwämme weiterzuentwickeln, um sie nicht nur im Labormaßstab, sondern bei echten Unglücksfällen einsetzen zu können. Dazu wird nun ein Industriepartner gesucht. (Chemistry of Materials, 20ß14; doi: 10.1021/cm5004164)

(Empa, 06.05.2014 – NPO)

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