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Physik

Wiederkehr-Effekt gilt auch für Quanten

Physiker messen Poincaréschen Wiederkehrsatz in ultrakalter Atomwolke

In diesem Atomchip hietlen die Physiker eine ultrakalte Atomwolke und wiesen bei ihr eine Rückkehr zum Anfangszustand nach - die Poincarésche Wiederkehr. © TU Wien

Erstaunlicher Effekt: Ob bei Planeten oder in einer Gaswolke – der Anfangszustand vieler komplexer Systeme wiederholt sich irgendwann von selbst. Dass diese sogenannte Poincarésche Wiederkehr auch bei Quantensystemen aus vielen Teilchen gilt, haben nun Physiker erstmals nachgewiesen. Ihnen gelang es, bei einer ultrakalten Wolke aus tausend Atomen, die Merkmale einer solche Wiederkehr zu messen, wie sie im Fachmagazin „Science“ berichten.

Es ist eines der bemerkenswertesten Phänomene der klassischen Physik: Wenn man ein kompliziertes System sich selbst überlässt, dann kehrt es irgendwann mit fast perfekter Genauigkeit zum Anfangszustand zurück. Gasteilchen, die zufällig und chaotisch in einem Behälter herumschwirren, werden irgendwann Positionen annehmen, die fast genau ihren Anfangspositionen entsprechen. Denn nach dem „Poincaréschen Wiederkehrsatz“ wird jeder physikalisch mögliche Zustand irgendwann auch eingenommen – und das kann auch der Anfangszustand sein.

Wiederkehr auch im Quantenreich?

Doch gilt diese Poincarésche Wiederkehr auch in der Quantenphysik? „In der Quantenphysik muss man Poincarés Fragestellung völlig neu überdenken“, erklärt Seniorautor Jörg Schmiedmayer von der TU Wien. „Der Zustand eines großen Quantensystems, das aus vielen Teilchen besteht, lässt sich prinzipiell niemals perfekt messen. Außerdem kann man die Teilchen nicht unabhängig voneinander betrachten, man muss berücksichtigen, dass sie quantenphysikalisch miteinander verschränkt sind.“

Es gab bereits Versuche, die Wiederkehr zum Ausgangszustand mit Quantensystemen zu demonstrieren. Allerdings gelang dies bisher nur mit einigen wenigen Teilchen, weil mit jedem zusätzlichen Teilchen die Komplexität und Zeit bis zur Wiederkehr drastisch ansteigt. Das Team um Schmiedmayer und seine Kollegen Bernhard Rauer hat deshalb einen anderen Ansatz gewählt.

Atomwolke auf einem Chip

„Uns interessiert nicht der vollständige innere Zustand des Systems, denn der ist ohnehin nicht ermittelbar“, erklärt Rauer. „Stattdessen stellen wir die Frage: Welche beobachtbaren Größen gibt es, die uns etwas über das Gesamtsystem sagen? Und gibt es Zeiten, zu denen diese Größen wieder den Wert annehmen, den sie anfangs hatten?“ Für ihre Studie nutzten die Physiker eine Wolke aus tausend ultrakalten Atomen, die mittels elektromagnetischer Felder auf einem Chip eingefangen waren.

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Die Wiederkehr des Anfangszustands ließ sich an Interferenzmustern erkennen. © TU Wien

Die Atome verhielten sich unter diesen Bedingungen wie eine eindimensionale Superflüssigkeit, wie die Physiker erklären. Mithilfe einer speziellen Interferometrie konnten sie nun Phasenfluktuationen und andere charakteristische Merkmale der Atomwolke erfassen. „Diese Größen geben an, wie stark die einzelnen Teilchen quantenphysikalisch in Beziehung miteinander stehen“, erklärt Koautor Sebastian Erne von der TU Wien. Und das wiederum ermögliche es, wiederkehrende Zustände zu erkennen.

Wiederkehr ausgemessen

Der Versuch gelang: Im Experiment beobachteten die Forscher tatsächlich einen Wiederkehr-Effekt auch in diesem quantenphysikalischen System. Die alte Frage, ob auch Quantensysteme zum Ursprungszustand zurückkehren, lässt sich demnach mit Ja beantworten – auch wenn man den Poincaréschen Wiederkehreffekt nur indirekt an bestimmten Größen messen kann. Doch diesen Größen könne man dabei zusehen, wie sie von ihrem Anfangszustand wegdriften und wieder zurückkehren, so die Physiker.

„Wir können mit unserem Atomchip sogar beeinflussen, wie lange die Zeitdauer sein soll, bis ein bestimmter Messzustand wiederkehrt“, berichtet Schmiedmayer. „Durch das genaue Ausmessen der Wiederkehr lernen wir viel über die kollektive Dynamik der Atome. Etwa über die Schallgeschwindigkeit im Gas oder wie Dichtewellen aneinander streuen. (Science, 2018; doi: 10.1126/science.aan7938)

(Technische Universität Wien, 23.02.2018 – NPO)

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