Anzeige
Umwelt

Viel mehr Pestizide im Essen als gedacht?

Greenpeace: Staatliche Labors können mehr als die Hälfte der Spritzmittel nicht aufspüren

Selbst die besten staatlichen Lebensmittellabors können bei der Überwachung von Obst, Gemüse und Getreide mehr als die Hälfte der möglicherweise enthaltenen Pestizide nicht erkennen. Das ist das Ergebnis der Studie „Grenzen der Pestizidanalytik“, die Greenpeace gestern veröffentlicht hat. Von den etwa 1.350 bislang weltweit in der Landwirtschaft eingesetzten Pestizidwirkstoffen können bestenfalls etwa 600 Wirkstoffe nachgewiesen werden.

{1r}

Die Labors der meisten deutschen Bundesländer erkennen sogar weniger als 400 Wirkstoffe. Rückstände der oftmals hochgiftigen Spritzmittel verbleiben häufig in den behandelten Pflanzen und belasten so auch in Deutschland verkaufte Lebensmittel, so Greenpeace. Die Umweltorganisation forderte deshalb einen Einsatz- und Zulassungsstopp für solche für die Überwachung praktisch unsichtbaren Gifte.

Mängel bei der Überwachung

„Halb blind wäre noch geschmeichelt! Unsere staatliche Lebensmittelüberwachung kann die wahre Belastung von Obst, Gemüse und Getreide mit giftigen Pestiziden nicht einmal annähernd aufdecken“, sagt Manfred Krautter, Chemie-Experte von Greenpeace. „Wir müssen davon ausgehen, dass weitaus mehr gesundheitsschädliche Spritzmittel in unserem Essen stecken, als bisher angenommen. Schuld daran sind die zu industriefreundliche Pestizid-Zulassung in Deutschland und der EU sowie Mängel bei der Überwachung durch die Länder.“

Die Studie erstellte Günter Lach, einer der führenden deutschen Experten für Pestiziduntersuchungen, auf Basis von Auskünften deutscher Lebensmittelkontroll-Labors. Lach empfiehlt: „Neue und optimierte Analyseverfahren müssen entwickelt werden. Ansonsten sollten Pestizidbelastungen von vorn herein vermieden werden.“

Anzeige

38 neue Pestizide in den letzten drei Jahren

Allein in den letzten drei Jahren hat das zum Landwirtschaftsministerium gehörende Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Deutschland 38 Pestizidwirkstoffe zugelassen, von denen zwölf durch die Routineuntersuchungen der staatlichen Labors nicht erkannt werden, so Greenpeace. Beispiele dafür sind das Spritzmittel Amitrol des Chemiemultis Bayer CropScience, das in das Hormonsystem eingreifen kann und im Anbau von Äpfeln, Birnen und Wein erlaubt ist. Oder das vermutlich krebserregende Sulfosulfuron von Syngenta und Monsanto, das 2004 für den Weizenanbau erlaubt wurde.

„Es ist unverantwortlich, dass gefährliche Spritzmittel zugelassen werden, die nicht einmal ansatzweise überwacht werden können. Damit wird die Gesundheit der Verbraucher aufs Spiel gesetzt“, erklärt Krautter. „Minister Seehofer muss die Zulassung für solche im Essen kaum kontrollierbaren Pestizide sofort widerrufen. Die EU muss ihr Zulassungsrecht so ändern, dass derartige Pestizide nicht mehr auf den Markt kommen.“

Greenpeace fordert zudem Lebensmittelproduzenten und den Handel auf, dafür zu sorgen, dass diese im Essen praktisch unsichtbaren Spritzmittel nicht mehr eingesetzt werden. Verbrauchern rät Greenpeace zu Bioware, die in der Regel komplett frei ist von künstlichen Pestiziden.

(Greenpeace, 01.02.2008 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Schmerz - Alarmstufe Rot im Nervensystem

Umweltgifte - Neue Gefahr für die Gesundheit des Menschen?

News des Tages

Bücher zum Thema

Welt der Elemente - von Hans-Jürgen Quadbeck- Seeger

Thema Krebs - von Hilke Stamatiadis- Smidt, Harald zur Hausen und Otmar D. Wiestler

Genius - Task Force Biologie - Strategiespiel zu umweltwelt- verträglichem Handeln

Fair Future - Ein Report des Wuppertal Instituts

Was hab ich bloß? - Die besten Krankheiten der Welt von Werner Bartens

Wodurch sind wir in die ökologische Bedrohung geraten? - von Jaspar von Oertzen und Franz Alt

Die Suppe lügt - Die schöne neue Welt des Essens von Hans-Ulrich Grimm

Globale Umweltprobleme - Ursachen und Lösungsansätze von Eike Roth

Mensch, Körper, Krankheit - von Renate Huch und Christian Bauer

Top-Clicks der Woche