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Gesellschaft

Verschollene Briefe von Alan Turing entdeckt

Dokumente des Computer-Pioniers lagen Jahrzehnte vergessen in einem Lagerraum

In Manchester wurden 148 verschollene Diokumente des Mathematikers und Codeknackers Alan Turing entdeckt. © University of Manchester

Historischer Zufallsfund: In Manchester haben Forscher verschollene Briefe und Notizen von Alan Turing entdeckt – dem Mathematiker, der den Code der Enigma knackte und der als einer der Väter des Computers gilt. Die historischen Dokumente lagen mehr als 30 Jahre lang vergessen in einem Lagerraum der Universität. Sie geben spannende Einblicke in Turings Arbeitsalltag nach dem Krieg und auch in einige seiner Ansichten.

Der britische Mathematiker Alan Turing hat gleich in mehrerer Hinsicht Bahnbrechendes gelistet. Er erfand die Zweiteilung des Computers in eine Hardware und eine programmierbare Software. Schon in den 1950er Jahren entwickelte der Forscher zudem den ersten Intelligenztest für künstliche Intelligenzen – den Turing-Test. Und im Zweiten Weltkrieg halfen seine Codeknacker-Maschinen den Alliierten dabei, den mit der Enigma verschlüsselten Funkverkehr der deutschen Kriegsmarine zu dechiffrieren.

Von seinen Verdiensten ums Vaterland und die Computertechnik hatte der geniale Mathematiker allerdings nicht viel: Weil er homosexuell war, wurde er 1952 wegen Unzucht verurteilt und beging zwei Jahre später Selbstmord. Seine Leistungen gerieten Jahrzehntelang in Vergessenheit.

Fund in einem alten Aktenschrank

Einen spannenden Einblick in die letzten Lebens- und Arbeitsjahre von Alan Turing geben nun 148 Briefe und Notizen, die Jim Miles von der University of Manchester durch Zufall in einem Lagerraum der Uni entdeckte. In der untersten Schublade eines alten Aktenschranks stieß er auf eine Aktenmappe aus orangefarbener Pappe, auf der „Alan Turing“ stand.

Notizen Turings zu einem Radio-Auftritt bei der BBC © University of Manchester

„Als ich das sah, dachte ich zuerst: Ich kann nicht glauben, dass das wirklich das ist, als das es scheint“, erzählt Miles. Doch ein näherer Blick enthüllte: Es handelte sich tatsächlich um Originalnotizen und Briefe von Alan Turing aus der Zeit von 1949 bis 1954. „Ich war erstaunt, dass so etwas so lange verborgen geblieben sein konnte, denn keiner wusste überhaupt, dass diese Dokumente existieren!“

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Korrespondenz und Notizen

Unter den Dokumenten sind handschriftliche Notizen zu einer Radiosendung der BBBC über künstliche Intelligenz. Turing notierte sich darin, wann und wie lange er mit Erklärungen dran war. Ein Brief stammt vom Hauptquartier des britischen Nachrichtendienstes GCHQ, in dem indirekt auf Turings geheime Arbeit in Bletchley Park Bezug genommen wird.

Andere Briefe sind Zusagen Turings zu Vorträgen an renommieren Universitäten. In einem Brief erteilt der Mathematiker allerdings eine wenig höfliche Absage: Er schreibt einem Kollegen, dass er nicht zu einer Kybernetik-Konferenz in New York kommen wird. Seine Begründung: „Mir würde die Reise nicht gefallen und ich verabscheue Amerika.“

Anfrage eines Magazins an Turing zum Thema künstliche Intelligenz © University of Manchester

„Ein einzigartiger Fund“

„Das ist ein wirklich einzigartiger Fund, denn historisches Material von und über Turing ist extrem selten“, sagt James Peters, Archivist an der University of Manchester. „Zwar enthalten die Dokumente wenig persönliche Korrespondenz oder Briefe von Familienmitgliedern. Aber sie geben uns einen extrem interessanten Einblick in seine Arbeit und sein akademisches Leben in seinen letzten Jahren.“

Jim Miles ergänzt: „Es ist mir wirklich ein Rätsel, warum diese Dokumente damals einfach zu den Akten gelegt wurden.“ Nach Jahrzehnten des Vergessens konnten diese historischen Zeugnisse nun ausgewertet, katalogisiert und in der Sammlung der Universitätsbibliothek aufgenommen werden.

(University of Manchester, 04.09.2017 – NPO)

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