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Chemie

„Unmögliche“ Plutonium-Verbindung entdeckt

Chemiker weisen erstmals feste, stabile Form des fünfwertigen Plutoniums nach

Plutoniumverbindung
Forscher haben eine neue, überraschend stabile Form von fünfwertigem Plutonium entdeckt – einem Bindungszustand, der bisher als instabil und löslich galt. © Kristina Kvashnina

Spannender Zufallsfund: Chemiker haben bei Experimenten mit Plutonium eine neue, überraschend stabile Form dieses Elements entdeckt – eine feste Verbindung mit der Oxidationszahl V. In diesem Zustand wird das zuvor lösliche und instabile Plutonium zu einem festen, stabilen Stoff, wie die Forscher berichten. Spannend ist dies vor allem deshalb, weil diese Plutoniumverbindung auch in Atommüll-Endlagern entstehen könnte.

Eines der großen Probleme beim Rückbau von Atomkraftwerken und der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle ist der Schutz von Grundwasser und Böden. Denn Uran und Plutonium sind zwar im atomaren Zustand wasserunlöslich, gehen aber sehr schnell Bindungen mit anderen Elementen ein. Dadurch können sie sich als Kolloide an Bodenteilchen anlagern oder wasserlöslich werden und das Grundwasser verseuchen. Entsprechend intensiv werden die verschiedenen Bindungsformen und Oxidationszustände des Plutoniums erforscht.

PLutoniumreaktion
Eine Verzögerung im Reaktionsablauf verriet die Existenz von stabilem Plutonium(V) als Zwischenprodukt. © Kristina Kvashnina

Rätselhaftes Zwischenprodukt

Jetzt hat ein internationales Forscherteam durch Zufall eine ganz neue Form des Plutoniums entdeckt. Ursprünglich wollten Kristina Kvashnina vom Helmholtz Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und ihre Kollegen untersuchen, wie sich aus verschiedenen löslichen Vorläuferverbindungen am besten Plutoniumdioxid (PuO2) herstellen lässt – eine in Atomreaktoren und Radionuklidbatterien oft eingesetzte unlösliche Plutoniumform.

Doch dabei entdeckten sie etwas Ungewöhnliches: „Jedes Mal, wenn wir die Partikel aus anderen Vorläufern wie Pu(III) oder Pu(IV) erzeugten, war die Reaktion sehr schnell“, berichtet Kvashnina. „Aber bei Pu(V) beobachteten wir auf halbem Wege ein merkwürdiges Phänomen.“ Offenbar trat bei der Umwandlung dieses Vorläufers eine Reaktion auf, durch die vorübergehend ein festes Zwischenprodukt entstand.

Fünfwertig und trotzdem stabil

Aber welches? Um das zu klären, analysierten die Forscher die ungewöhnliche Plutoniumreaktion mithilfe von Röntgenstrahlung der European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble. Durch ein spezielles Verfahren der Fluoreszenzanalyse konnten sie ermitteln, in welchem Oxidationszustand und in welchem Aggregatzustand das rätselhafte Zwischenprodukt vorlag.

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Das überraschende Ergebnis: Es handelte sich um eine feste, stabile Variante von pentavalentem Plutonium – einer Molekülvariante, in der das Plutoniumatom fünf Bindungen mit anderen Elementen eingehen kann. Elektrochemisch ähnelt sie der Verbindung NH4PuO2CO3, wie die Forscher berichten. Diese neuentdeckte Verbindung ist jedoch nicht instabil und löslich, sondern bleibt mindestens mehrere Monate lang stabil.

Relevant auch für Endlager

Doch genau dies galt bislang als unmöglich. „Die Chemiker konnten es einfach nicht glauben, aber die Analyseergebnisse waren eindeutig“, sagt Kvashnina. Um ganz sicherzugehen, wiederholten die Forscher ihre Synthese mehrfach und führten ergänzende chemische Modellierungen durch. Sie bestätigten: Entgegen früheren Annahmen gibt es beim fünfwertigen Plutonium offenbar doch einen festen, stabilen Zustand.

„Die Existenz dieser neuen festen und stabilen Phase von Plutonium (V) muss künftig in alle Betrachtungen mit einbezogen werden“, sagt Kvashnina. „Dies wird sicher auch die theoretischen Vorhersagen für das Verhalten von Plutonium in der Umwelt verändern.“ Denn gerade in Bezug auf mögliche Endlager, den Rückbau, aber auch die Dekontamination von radioaktiv verseuchten Gebieten könnte das Wissen um diesen Plutoniumzustand wichtig sein. (Angewandte Chemie International Edition, 2019; doi: 10.1002/anie.201911637)

Quelle: European Synchrotron Radiation Facility

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