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Physik

Ungleiche Photonen verschränkt

"Flüstergalerie" im Nanomaßstab erzeugt Paare aus Photonen verschiedener Wellenlänge

Ringresonator
Ein ringförmiger Resonator produziert verschränkte Photonenpaare aus jeweils einem Photon im sichtbaren und einem im nahinfraroten Wellenlängenbereich © S. Kelley/NIST

Raffiniert kombiniert: Ein neues Chipbauteil kann ungleiche Paare aus verschränkten Photonen erzeugen – und könnte damit die Quantenkommunikation erleichtern. Denn ein Photon des Paares liegt im sichtbaren Bereich und eignet sich gut für die optische Datenverarbeitung. Das andere Photon dagegen bewegt sich im Nahinfrarot und kann daher besonders gut durch Glasfaserleitungen übertragen werden, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Physics“ berichten.

Mithilfe der Quantenkommunikation lassen sich Informationen über große Entfernungen hinweg und verschlüsselt übermitteln. Möglich wird dies durch das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung. Dabei sind Photonen so miteinander verkoppelt, dass jede Zustandsänderung des einen auch eine beim Partner bewirkt – instantan und unabhängig von der Entfernung. Eine solche Quantenkommunikation wurde schon in einem städtischen Glasfasernetz, mittels Laserstrahl durch die Luft und sogar aus dem Orbit umgesetzt.

Das Problem der Wellenlängen

Doch es gibt einen Haken: Für die Interaktion mit Quantenspeichern und optischen Computerbauteilen werden meist Photonen in sichtbaren Wellenlängen benötigt. Diese jedoch haben in Glasfaserleitungen nur eine geringe Reichweite. Bisher müssen die Photonen daher erst mittels spezieller Laser in zehnfach langwelligere Nahinfrarotphotonen umgewandelt werden.

Es gibt jedoch eine zweite Möglichkeit: Man könnte verschränkte Paare erzeugen, die aus einem Photon im sichtbaren Bereich und einem im übertragungsgeeigneten Nahinfrarot bestehen. Das Problem jedoch: Bisherige Systeme erzeugen meist eine ganze Bandbreite von Photonenpaaren, aus denen dann die passenden erst herausgefiltert werden müssen. „Allen diesen Plattformen fehlt zudem das Potenzial, in Massen produziert und in gängige Systeme integriert zu werden“, erklären Xiyuan Lu vom US National Institute of Standards and Technology (NIST) und seine Kollegen.

Ungleiche Paare aus dem Chip-Bauteil

Genau dieses Problem könnten Lu und sein Team nun gelöst haben. Denn sie haben eine Methode entwickelt, die solche ungleichen verschränkten Photonenpaare mit gängigen chipbasierten Bauteilen produziert. „Unsere Photonenpaarquelle kann durch die sichtbaren Photonenpartner direkt mit Quantenspeichern interagieren, während gleichzeitig die Verschränkung durch Telekommunikations-Photonen übertragen wird“, sagen die Forscher. Damit vereine diese Technik das Beste beider Welten.

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Kernstück des neuen Systems ist ein winziger ringförmiger „Kreisverkehr“ für die Photonen. Dieser aus Siliziumnitrid (Si3N4) bestehende Resonator lenkt die Photonen auf einen Ringkurs von 1.200 Nanometern Durchmesser. Durch die Interaktion in diesem Ring bilden sich Paare aus jeweils einem Photon mit 668 Nanometern und einem mit 1.548 Nanometern Wellenlänge, wie die Forscher berichten.

„Flüstergalerie“ für Photonen

Die Funktionsweise des ringförmigen Resonators lässt sich als quantenphysikalisches Äquivalent einer „Flüstergalerie“ beschreiben: Eine spezielle Geometrie sorgt bei solchen Räumen dafür, dass sich Schallwellen gut ausbreiten und an bestimmten Stellen konzentrieren. Dadurch ist ein leises Flüstern selbst am entgegengesetzten Ende des Raumes zu hören. Auf ähnlich Weise führen Frequenzüberlagerungen im Resonator dazu, dass verschränkte Photonenpaare mit bestimmen Wellenlängen entstehen.

Mit diesem System konnten die Forscher bis zu 18.400 Photonenpaare pro Sekunde erzeugen – eine bisher unerreicht hohe Ausbeute, wie Lu und sein Team betonen. Zudem seien diese Photonen sehr scharf abgegrenzt und hell. „Uns ist es gelungen, die Verschränkung dieser Photonen über einen mehr als 20 Kilometer langen Glasfaserleiter zu übertragen – das ist weit mehr als es für Photonenpaare aus nur sichtbarem Licht möglich wäre“, so die Forscher.

Den größten Vorteil aber sehen die Wissenschaftler darin, dass alle Bauteile für diese Photonenquelle bereits in Massenproduktion gefertigt werden. Das könnte es künftig erleichtern, solche ungleichen Photonen in optische Computer und die Quantenkommunikation zu integrieren. (Nature Physics, 2019; doi: 10.1038/s41567-018-0394-3)

Quelle: National Institute of Standards and Technology (NIST)

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