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Klima

Ungewöhnliche Klimawippe am Ende der letzten Eiszeit

Erstmals Prozesse aufs Jahr genau untersucht

Erstmals ist es Wissenschaftlern gelungen, die Entstehung zweier abrupter Klimawandel am Ende der letzten Eiszeit detailliert zu rekonstruieren: Dabei änderte sich das Klima im Nordatlantik quasi von einem Jahr auf das andere – schneller als bisher vermutet. Die Daten aus einem über 15.000 Jahre alten Eisbohrkern könnten wegweisend sein für die Vorhersage plötzlicher Klimaschwankungen in der Zukunft, so das internationale Forscherteam im Wissenschaftsmagazin „Science“.

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Die neuen Ergebnisse beruhen auf einer zeitlich sehr hoch auflösenden Messung von Wasserisotopen und Staubkonzentrationen. Die Daten zeichnen die damaligen Temperaturen, den Niederschlag sowie die Staub- und Meersalzpartikel nach – erstmals in Zeitabständen von wenigen Monaten.

Zuverlässige Klimaarchive

Eisbohrkerne aus Grönland sind sehr zuverlässige Klimaarchive, wenn es darum geht, abrupte Klimaschwankungen in der Vergangenheit zu untersuchen. Sie lassen auch Rückschlüsse auf die Eis-Menge im Nordpolarmeer zu.

Dank dem Berner „CFA System“ („Continual Flow Analysis“) konnte die chemische Zusammensetzung des neuesten Bohrkerns erstmals in Zeitabständen von weniger als einem Jahr untersucht und der Eiskern mit hoher Präzision datiert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das grönländische Klima vor 14.700 Jahren sprunghaft erwärmte – innerhalb weniger Jahrzehnte um über 10° Celsius. Die Zirkulation der Atmosphäre änderte sich dabei noch schneller – im Verlauf von nur ein bis drei Jahren.

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Darauf folgte eine Abkühlung, die zwei Jahrhunderte dauerte, worauf sich das Klima innerhalb von 60 Jahren wieder um 10° Celsius erwärmte. „Das sind erstaunlich starke Temperaturschwankungen. Auf klimatischen Zeitskalen entsprechen diese Änderungen der Atmosphärenzirkulation nur einem Wimpernschlag“, meint Professor Hubertus Fischer von der Abteilung für Klima- und Umweltphysik der Universität Bern.

Bipolare Klimaschaukel

Auf Grund der detaillierten Messung der Wasserisotopen vermuten die Forscher, dass das grönländische Klima innerhalb von nur einem Jahr durch Änderungen der globalen Luftströmungen beeinflusst wurde. Demnach soll eine komplexe Abfolge von Ereignissen, ausgehend von der Südhalbkugel, die Ursache sein: Während es im Norden kalt war, erwärmten sich die Wassermassen im Süden. Dieses Phänomen wurde bereits von Berner Klimaforschern als die so genannte bipolare Klimaschaukel beschrieben.

Durch die Erwärmung im Süden verschob sich die Zone, in der die Passatwinde wehen, gegen Norden, wodurch dort der Niederschlag zunahm. Das feuchtere Klima in den asiatischen Steppen – woher der Staub in Grönland stammt – führte schließlich zu geringeren Staubemissionen. Dies zeigte sich in einer geringeren Menge an Staubpartikeln im Eisbohrkern – dem ersten Zeichen eines sich anbahnenden Klimawandels.

Dann änderte sich der Luftmassentransport im Nordatlantik und zuletzt bewirkten die höheren Temperaturen im Norden einen Rückzug des Eises im nördlichen Polarmeer.

Test für heutige Klimamodelle

Anhand solcher detaillierter Messungen von Klimaerwärmungen in der Vergangenheit lassen sich heutige Klimamodelle prüfen. Insbesondere die Schnelligkeit, mit der diese Änderungen auftreten, ist ein harter Test: „Wenn wir darauf vertrauen wollen, dass solche Modelle die Möglichkeit zukünftiger abrupter Klimawechsel zuverlässig voraussagen können, müssen sie mit dem, was wir über vergangene Klimawechsel herausgefunden haben, übereinstimmen“, so Fischer.

(idw – Universität Bern, 23.06.2008 – DLO)

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