Teilerfolge beim Klimaschutz, Stillstand oder sogar Rückschritte im Verkehrsbereich: Diese zwiespältige Umwelt- und Klimabilanz 2007 haben jetzt Greenpeace und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gezogen.
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Die Forderung nach mehr Klimaschutz habe im zurückliegenden Jahr enormen Auftrieb bekommen, so der BUND. Allein die Tatsache, dass das Wort Klimakatastrophe zum „Wort des Jahres“ gewählt wurde zeige, dass das Thema im öffentlichen Bewusstsein angekommen sei. Hoffen lasse auch, dass die Bundesregierung während ihrer EU-Ratspräsidentschaft Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Reduzierung der Treibhausgase durchsetzen konnte.
Dem Einsatz von Bundeskanzlerin Angela Merkel sei auch zu danken, dass die USA beim G8-Gipfel von Heiligendamm ins internationale Klimaschutz-Boot zurückgeholt wurde. Zu den erfreulichen Ergebnissen des Jahres 2007 gehöre außerdem, dass in Bali auf dem Weltklimagipfel entgegen der Ursprungsabsicht der USA und anderer Blockierer ein Fahrplan zu einem Kyoto-II-Abkommen beschlossen worden sei.
Konkrete Maßnahmen fehlen
Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: „Große Lücken klaffen jedoch zwischen den Teilerfolgen bei internationalen Verhandlungen und konkreten Maßnahmen zum Klimaschutz sowohl in der Europäischen Union als auch in Deutschland. So hat die Bundesregierung völlig versagt, als es um die Senkung des Kraftstoffverbrauchs von Pkw, die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel oder den Bodenschutz ging.“
Ein ähnliches Fazit zieht auch Greenpeace: „Angela Merkel hat im Klimajahr 2007 die Zeichen der Zeit zwar erkannt. Dennoch richtet sich ihre Politik nach dem Motto ‚Wasch mich – aber mach mich nicht nass’“, sagt Roland Hipp, der Klimaexperte der Umweltorganisation. „Bei dem Klima-Gipfeltreffen auf Bali hat sich die Bundesregierung mit ihrem 40 Prozent-Reduktionsziel beim Kohlendioxid hervorgetan. Keine fünf Tage später läuft dieselbe Regierung jedoch Sturm, wenn die EU schärfere Klimaschutzauflagen für deutsche Autokonzerne vorschlägt. Das ist in höchstem Maße unglaubwürdig. Die Regierung darf nicht die Gewinne einzelner Konzerne vor den Klimaschutz und damit das Gemeinwohl stellen.“
Widersprüchlich ist laut Greenpeace auch die Haltung der Bundesregierung zum Bau weiterer Kohlekraftwerke. Bis zum Jahr 2012 sind 24 dieser Kraftwerke geplant. Kein anderes Land in Europa setzt so stark auf Kohlekraft wie Deutschland. Die geplanten Anlagen werden für die kommenden Jahrzehnte die Atmosphäre jährlich mit zusätzlichen 130 Millionen Tonnen CO2 belasten. „Der Bau von Kohlekraftwerken ist das Gegenteil von Klimaschutz. Frau Merkel muss diesen Irrweg beenden. Sie sollte nicht auf Berater wie Vattenfall-Chef Josefsson setzen, der als Energieerzeuger einzig und allein Konzerninteressen verfolgt und Kohlekraftwerke bauen will“, erklärt Hipp.
Strategie für den Artenschutz
Positiv sei dagegen, so der BUND, dass Deutschland endlich eine Strategie für den Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten habe und Lebensmittel weiter gentechnikfrei erzeugt würden. Gut sei auch, dass Agrarsprit künftig einem Umweltcheck unterzogen werden solle. Dabei seien jedoch die ökologischen Kriterien noch strenger zu fassen und soziale Standards einzubeziehen. Deutlich an Unterstützung gewonnen hätten 2007 die Proteste gegen den Flughafenausbau in München und Frankfurt und die Freisetzung von Genpflanzen.
„Die Betroffenen wehren sich zunehmend gegen die Zerstörung ihrer Heimat und gegen die Gefährdungen der Natur. Das zeigt, dass Politikmüdigkeit vielleicht eine Erscheinung im Politikbetrieb ist. Die Bevölkerung aber wird hellwach, wenn es um die Verteidigung ihrer Lebensgrundlagen geht.“, so Weiger.
Gefährliche Atomkraft
Die Gefahren der Atomkraft und das Versagen der verantwortlichen Manager seien durch den Brand im AKW Krümmel im vergangenen Sommer deutlicher ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Nachdem der BUND das Störfallprotokoll zu Krümmel im Internet publizierte, habe Vattenfall für die Zukunft die umgehende Veröffentlichung aller Störfallberichte zugesagt. Mehr als 250.000 Vattenfall-Kunden hätten dem Atomstromkonzern inzwischen gekündigt und seien zu anderen Anbietern gewechselt.
Weiger: „Angela Merkel und Sigmar Gabriel haben für ihren Einsatz beim G8-Gipfel in Heiligendamm und beim Weltklimagipfel auf Bali Lob verdient. Aber in Deutschland geben beide noch immer dem massiven Druck der Energiekonzerne und der Automobil- und Luftfahrtindustrie nach. Die Bundesregierung muss endlich begreifen: Mehr Umwelt- und Klimaschutz gefährdet keine Arbeitsplätze, er sichert sie.“
Deutliche Minderungen der CO2-Emissionen nötig
Das vom Bundeskabinett verabschiedete Klimaschutzpaket könne ebenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass der CDU/CSU und der SPD oft der Mut fehle, über ihren Schatten zu springen. Selbst bei im Ansatz richtigen Maßnahmen wie dem Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, der Reform der Kfz-Steuer oder der Gebäudesanierung hätten sich im Kleingedruckten zumeist die Gegner von mehr Klimaschutz durchgesetzt. Scharf kritisierte der BUND das Fehlen konkreter Schritte zur Senkung der Treibhausgase im Verkehrsbereich wie das Tempolimit auf Autobahnen, die Kerosinsteuer im Flugverkehr und die Abschaffung von Subventionen für klimaschädliche Dienstwagen.
„Bundeskanzlerin Angela Merkel muss der Industrie endlich deutliche Minderungen der CO2-Emissionen abtrotzen. Versäumt sie dies, verkommt der Klimaschutz nicht nur im Abschlussdokument von Bali, sondern auch in Deutschland zur Fußnote. Wir werden deshalb den Umweltignoranten unter den Autolobbyisten weiter Paroli bieten müssen und vor Ort unseren Protest gegen klimaschädliche Kohlekraftwerke verstärken.“, so Weiger.
(BUND/Greenpeace, 02.01.2008 – DLO)