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Energie

Überlastetes Stromnetz durch E-Autos?

Netzbetreiber müssen mit lokalen Verbrauchsspitzen rechnen

Wie wirkt sich die wachsende Zahl von E-Autos auf das Stromnetz aus? © Tomwang112/ iStock.com

Steckdose statt Tankstelle: Der erwartete Elektroauto-Boom wird sich auf den Stromverbrauch insgesamt nur minimal auswirken. Trotzdem könnten die Stromer Netzbetreiber künftig vor große Herausforderungen stellen, wie eine Studie am Beispiel der USA zeigt. Demnach müssen Stromanbieter mit lokalen Lastspitzen und Engpässen bei der Energieversorgung rechnen, wenn viele Menschen an einem Ort gleichzeitig ihre Autos aufladen wollen. Eine mögliche Lösung könnten intelligente Stromnetze sein.

Sie sind leise, stinken nicht und stoßen keine schädlichen Abgase aus: Elektroautos gehört die Zukunft. Noch sind die strombetriebenen Fahrzeuge in vielen Ländern zwar noch kein so alltäglicher Anblick wie ihre Pendants mit Verbrennungsmotor. Doch die Zahl der zugelassenen E-Autos steigt weltweit immer schneller an. Allein in den USA waren es Ende 2016 bereits mehr als 600.000 Pkws. Experten rechnen künftig mit einem wahren Boom – auch für Deutschland.

Doch was bedeutet es für das Stromnetz, wenn sich die Stromer tatsächlich so durchsetzen wie prognostiziert? Wo viele Autos am Netz hängen, ändert sich der Stromverbrauch. Ist man darauf nicht vorbereitet, könnte es im Extremfall zu flächendeckenden Stromausfällen kommen, warnen manche Forscher.

Stromer an der Steckdose

Was an solchen Befürchtungen dran ist, hat Matteo Muratori vom National Renewable Energy Laboratory in Golden nun am Beispiel der USA untersucht. In seine Modellberechnungen ließ der Wissenschaftler Daten zum Energieverbrauch von Privathaushalten sowie zu Verhaltensmustern in Sachen Autonutzung einfließen. Auf diese Weise konnte er beispielsweise abschätzen, zu welchen Tageszeiten potenziell viele Fahrzeuge gleichzeitig aufgeladen werden.

Mithilfe dieser Informationen simulierte Muratori die Auswirkungen unterschiedlicher Elektroauto-Quoten auf den Straßen: von drei bis 100 Prozent. Was würde passieren, wenn Fahrzeughalter ihre Stromer unkontrolliert Zuhause aufladen, wie es ihnen beliebt? Tatsächlich laden derzeit die meisten Nutzer ihr Elektroauto bequem am Wohnort auf. Denn dort halten sie sich lange auf und das Auto hat, zum Beispiel über Nacht, genügend Zeit „zu tanken“.

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Lokale Lastspitzen

Die Auswertung ergab: Insgesamt hält sich der zusätzliche Energiebedarf durch die Stromer in Grenzen. So steigt der Stromverbrauch der Privathaushalte bei einer Elektroauto-Quote von zehn Prozent um gerade einmal fünf Prozent – und selbst höhere Quoten von 25 Prozent oder mehr würden die absolute Menge der verbrauchten Kilowattstunden nur vergleichsweise minimal in die Höhe treiben.

Deutlich größere Effekte würden sich dagegen bei der räumlichen Verteilung der Nachfrage ergeben, wie die Modelle zeigen. So ist es beispielsweise nicht unwahrscheinlich, dass sich die Zahl der E-Auto-Fahrer an bestimmten Orten besonders häuft. Dadurch würde sich auf lokaler Ebene eine hohe Konzentration von Stromern ergeben, selbst wenn ihr Anteil auf dem Fahrzeugmarkt insgesamt noch gering wäre.

Die Folge: Es kommt an diesen Orten zu einem signifikant höheren Spitzenbedarf – und darauf muss das Stromnetz vorbereitet sein. Konkret bedeutet das: Um Lastspitzen und Engpässe bei der Stromversorgung zu verhindern, müssen lokale Netzbetreiber unter Umständen ihre Kapazitäten aufrüsten.

Intelligente Steuerung

Eine weitere Lösung wären Smart Grids, wie Muratori betont. In solchen intelligenten Stromnetzen steuert eine Software die Energieversorgung – und könnte die Ladevorgänge flexibel verteilen. Anstatt alle nach Feierabend an die Steckdose angeschlossenen Autos gleichzeitig mit Strom zu versorgen, könnte der Ladevorgang bei manchen Fahrzeugen beispielsweise erst später in der Nacht beginnen.

Auf diese Weise würden Leistungsschwankungen vermieden werden, ohne dass ein Nutzer am nächsten Tag auf sein vollgeladenes Auto verzichten müsste. Bis solche Lösungen flächendeckend verfügbar sind, könnte es Muratori zufolge jedoch noch dauern. (Nature Energy, 2018; doi: 10.1038/s41560-017-0074-z)

(Nature, 23.01.2018 – DAL)

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