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Chemie

Transuran Curium ist doch ein natürliches Element

Bisher als rein künstlich geltendes Element kam in der Urwolke des Sonnensystems vor

In der Urwolke des Sonnensytems gab es noch natürliches Curium © NASA/Greg Robson

Kosmische Chemie: Das schwere Element Curium kann offenbar doch natürlich entstehen. Denn Forscher haben Indizien dafür entdeckt, dass dieses Transuran in der Urwolke des Sonnensystems vorkam. Das belegt ein Überschuss von Curium-Zerfallsprodukten in einem Meteoriten aus dieser Zeit. Das Element entstand demnach bei Supernova-Explosionen naher Sterne und wurde in junge Gesteinsbrocken unseres Sonnensystems eingeschlossen.

Dass das Element Curium existiert, entdeckte der US-Chemiker Glenn Seaborg erst 1944. Er erzeugte dieses Transuran, indem er Plutonium mit Heliumkernen beschoss. Mit der Ordnungszahl 96 gehört Curium zu den Actinoiden, der Gruppe im Periodensystem, zu der auch Uran, Plutonium und andere radioaktive Schwergesichte zählen. Das Curium besitzt keine stabilen Isotope und hat Halbwertszeiten zwischen 160 Tagen und 15 Millionen Jahren.

„Curium ist schwer fassbar“, erklärt Erstautor Francois Tissot vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). „Es ist eines der schwersten bekannten Elemente, aber es kommt nicht natürlich vor, weil alle bekannten Isotope radioaktiv sind und geologisch gesehen schnell zerfallen.“ Curium existiert daher heute nur als Beiprodukt in Kernreaktoren oder wenn es im Labor erzeugt wird.

Der Allend Meteorit. i den Einschlüssen dieses Chondriten fanden die Forscher den Überschuss an Uran-235. © François L.H. Tissot

Curium aus nahen Supernovae?

Seit gut 35 Jahren jedoch diskutieren Forscher darüber, ob es vielleicht in der Anfangszeit unseres Sonnensystems doch noch natürliches Curium gegeben haben könnte. Die Idee dahinter: Wie andere schwere Elemente kann Curium in der Explosion massereicher Sterne entstehen – und solche Supernovae gab es auch in der Entstehungszeit unseres Planetensystems.

Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass damals gebildete Gesteinsbrocken Spuren dieses Elements einschlossen. Das Problem dabei: Selbst wenn man unberührte Meteoriten aus dieser Zeit findet, wäre das Curium in ihnen bis heute längst zerfallen. Nachweisbar ist seine ehemalige Präsenz nur über einen Überschuss an Uran-235, denn dieses entsteht als Zerfallsprodukt des langlebigsten Curium-Isotops 247.

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Verräterischer Uran-Überschuss

Tatsächlich fanden einige Meteoriten-Analysen solche Uran-Überschüsse. „Diese waren aber so gering, dass auch andere Prozesse sie erzeugt haben könnten“, sagt Tissot. Er und seine Kollegen suchten daher weiter und analysierten 28 Einschlüsse aus verschiedenen Meteoriten auf ihren Uran-Gehalt hin. Bei einem Einschluss, der viel Aluminium und Calcium enthielt, wurden sie fündig:

Falschfarben-Nahaufnahme eines Einschlusses aus dem Meteoriten. © University of Chicago

„In dieser Probe haben wir einen beispiellosen Überschuss an Uran-235 nachgewiesen“, berichtet Tissot. „Das Uran darin enthält sechs Prozent mehr Uran-235 – das lässt sich nur durch die Existenz von Curium-247 im frühen Sonnensystem erklären.“ Wie die Forscher ausrechneten, muss das Verhältnis von Curium zu Uran-235 in der Urwolke bei rund eins zu 10.000 gelegen haben.

Einblick in die Elementsynthese

Der Nachweis des Curiums in diesem Meteoriteneinschluss liefert auch neue Informationen darüber, wie schwere Elemente bei Sternexplosionen entstehen. Denn rund die Hälfte aller Elemente schwerer als Eisen, darunter auch Uran und Plutonium, werden durch das sogenannte Rapid Neutron Capture gebildet. Dieser Prozess läuft nur bei hohen Temperaturen und bei hohen Neutronendichten ab, wie sie unter anderem im Kern eines kollabierenden Sterns herrschen.

„Über die astrophysikalischen Bedingungen, unter denen Nuklide bei diesem r-Prozess gebildet werden, ist jedoch bisher kaum etwas bekannt“, sagen die Forscher. Unklar ist beispielsweise, ob es vielleicht verschiedene Varianten dieser Nukleosynthese gibt. Der Fund von Curium spricht nun jedoch dafür, dass zumindest die schwersten Elemente gemeinsam produziert werden, wie Tissot erklärt. (Science Advances, 2016; doi: 10.1126/sciadv.1501400)

(University of Chicago, 07.03.2016 – NPO)

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