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Biologie

Trabende Schaben

Schnell laufende Insekten wechseln wie Pferde ihre Gangart

Eine Schabe der Art Nauphoeta cinerea: Der Laufstil dieser Insekten könnte künftig die Konzeption von Robotern beeinflussen. © Ed Baker/ CC-by-sa 3.0

Schritt, Trab, Galopp: Diese Gangarten sind typisch für Pferde – doch auch Schaben beherrschen sie, wie eine Studie nun zeigt. Demnach ändern die Insekten ähnlich wie viele Säugetiere ihr Laufmuster, wenn sie schneller werden: Sie verfallen zunächst in Trab und dann in eine Art Galopp. Um Koordinationsschwierigkeiten bei hohen Geschwindigkeiten zu vermeiden, reduzieren die Schaben dabei auch die Synchronisation ihrer Beine. Diese Strategie könnte künftig als Vorbild für Laufroboter dienen.

Von Pferden ist das Prinzip gemeinhin bekannt: Sie beherrschen mehrere Gangarten, die sich durch unterschiedliche Geschwindigkeiten auszeichnen. Beim Wechsel vom Schritt zum Trab oder vom Trab zum Galopp ändert sich allerdings nicht nur das Tempo der Tiere. Auch ihr Laufmuster wechselt: Die Beine werden in einer anderen Schrittfolge angehoben und es kommt mitunter eine Schwebephase dazu.

Doch nicht nur Pferde und andere schnelle Säugetiere laufen in Gangarten, wie Tom Weihmann von der Universität Köln und seine Kollegen nun festgestellt haben. Die Wissenschaftler hatten das Laufverhalten von Schaben (Nauphoeta cinerea) auf rutschigem und griffigem Untergrund analysiert – und dabei Erstaunliches beobachtet: Diese Insekten können offenbar ebenfalls traben.

Von Trab zu Galopp

Bei den Versuchen zeigte sich: Die Schaben ändern bei mittleren Geschwindigkeiten ihr Laufmuster. Sie verfallen in eine Art Trab, bevor sie beim Schnellerwerden dann erneut die Gangart wechseln – zu einer Art Galopp. Der Gangartwechsel ähnele damit dem von Pferden und anderen Wirbeltieren bekannten Muster, berichtet das Team.

„Mich hat besonders überrascht, dass mit dem Wechsel in der Beinkoordination auch ein Wechsel in den Stabilisierungsmechanismen der Bewegung einhergeht“, sagt Weihmann. Langsames Laufen ist bei Insekten aufgrund des niedrigen Körperschwerpunkts und dreier stets synchron arbeitender Beine statisch sehr stabil. Laufen sie schneller, steigt vor allem auf rutschigem Untergrund theoretisch das Risiko für Koordinationsschwierigkeiten und Stürze.

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Reduzierte Synchronisation

Die Forscher stellten jedoch fest, dass die Tiere mit dem Gangartwechsel bei hohen Laufgeschwindigkeiten gleichzeitig die Synchronisation ihrer Beine reduzieren – und das Problem damit umgehen. Weihmann und seine Kollegen sprechen von einem Wechsel von statischer zu dynamischer Stabilisierung. Dadurch werde der Kontrollaufwand durch das Nervensystem minimiert und dennoch eine hohe energetische Effizienz gewährleistet.

„Diese Entdeckung hat nicht nur weitreichende Bedeutung mit Blick auf Verhalten und Ökologie von Insekten und anderer Arthropoden“, sagt der Zoologe. „Unsere Erkenntnisse können auch auf bestehende Probleme robotischer Lösungen übertragen werden.“ Bei Robotern bietet der Antrieb durch Beine grundsätzlich eine größere Geländegängigkeit als radgetriebene Antriebe. Vor allem bei hohen Laufgeschwindigkeiten verbrauchen Roboter jedoch vergleichsweise viel Energie – im Gegensatz zu vielen Tieren.

Vorbild für Laufroboter?

Das Team hofft nun, dass die bei der Schabe entdeckten Bewegungsmuster dazu beitragen können, für beinangetriebene Roboter hohe Laufgeschwindigkeiten bei akzeptablem Energieverbrauch zu ermöglichen. „Die Anpassung des Koordinationsmusters von Roboterbeinen an das von schnell laufenden Schaben bietet eine Möglichkeit, schnelle Bewegungen ökonomischer zu gestalten und damit das Durchhaltevermögen des Roboters unter unwirtlichen Bedingungen zu verbessern“, schließt Weihmann. (Frontiers in Zoology, 2017; doi: 10.1186/s12983-017-0232-y)

(Universität zu Köln, 28.12.2017 – DAL)

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