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Zellbiologie

Terahertz-Strahlung verändert Proteine

Bestrahlung führt zur Zerstörung von Aktinfilamenten in Zellkulturen

Aktin in Zellen
Terahertzstrahlung kann offenbar die Aktinfilamente in Zellen zerstören – hier grün angefärbt. © vshivkova/ iStock.com

Überraschender Effekt: Die als harmlos geltende Terahertzstrahlung könnte doch auf Zellen und Gewebe wirken, wie nun ein Experiment nahelegt. Demnach dringt diese Strahlung zwar nicht in die Haut oder andere Gewebe ein, ihre Energie aber schon. Und diese kann offenbar zelluläre Proteine wie die Aktinfilamente schädigen. Auch wenn die Zellen trotz dieser Schäden weiterlebten, sollte dieser biologische Effekt näher untersucht werden, so die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“.

Die zwischen Infrarot und Mikrowellen liegende Terahertzstrahlung kann viele gängige Materialien wie Papier, Textilien oder Plastik zerstörungsfrei durchdringen. Sie wird deshalb für Materialtests, aber auch für Sicherheitskontrollen am Flughafen eingesetzt. Bisher galt dabei als großer Vorteil, dass diese Strahlung im Gegensatz zur kurzwelligeren Röntgenstrahlung weder die Zellen noch die DNA schädigt.

Schäden durch Schockwellen?

Doch das könnte nur zum Teil stimmen, wie nun Forscher um Shota Yamazaki vom RIKEN-Forschungszentrum in Sendai festgestellt haben. Zwar wird die Terahertzstrahlung schon an der Hautoberfläche komplett absorbiert und dringt daher maximal in die oberste Zellschicht ein. „Aber wenn die Terahertz-Strahlung in eine Energieform umgewandelt wird, die weiter eindringen kann, könnte sie dennoch Schäden im Inneren der Gewebe verursachen“, erklären die Forscher.

In Vorversuchen hatten sie bereits beobachtet, dass Terahertzstrahlung bei Wasser Schockwellen erzeugen kann, die mehrere Millimeter tief vordringen. Um herauszufinden, ob durch diese Schockwellen auch Zellkomponenten geschädigt werden können, haben die Forscher nun biologische Zellkomponenten Pulsen von Terahertzstrahlung ausgesetzt. Als erstes Testobjekt wählten sie dafür eine Lösung von Aktinfilamenten. Diese Proteinfäden bilden das Zellgerüst und sind ein wichtiger Teil der Muskelfasern.

Zerstörte Aktinfilamente

Als die Forscher das in Wasser gelöste Aktin mit Terahertzpulsen von 80 Mikrojoule pro Quadratzentimeter bestrahlten, zeigte sich ein Effekt: Während die Aktinfilamente in der Kontrolllösung intakt blieben, sank ihre Menge in der bestrahlten Probe um 50 Prozent, wie Yamazaki und seine Kollegen berichten. Diese Reduktion spreche dafür, dass die Bestrahlung die Bildung dieser Filamente gestört hat.

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Allerdings: Die Terahertzstrahlung selbst könne dafür nicht verantwortlich sein. „Der hohe Absorptionseffekt des Wassers limitiert die Eindringtiefe auf rund zehn Mikrometer – das entspricht nur rund ein Prozent des Probenvolumens“, so die Forscher. Weil sich die Probe kaum aufheizte, vermuten sie, dass die Strahlung in mechanische Energie umgewandelt wurde, die dann den Zerfall der Aktinfilamente verursachte.

„Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass die Energie der Terahertzstrahlung mehr als einen Millimeter weit in eine wässrige Lösung vordringen kann“, konstatieren die Wissenschaftler. „Die Strahlungsenergie wird offenbar in eine Druckwelle umgewandelt, die dann zelluläre Aktinfilamente zerstören kann.“

Schäden auch in lebenden Zellen

Doch wie ist der Effekt bei lebenden Zellen? Um das zu testen, setzten die Wissenschaftler nun eine Zellkultur den Terahertzpulsen aus. Die Zellen wurden dabei so im Nährmedium platziert, dass zwischen ihnen und der Oberfläche 800 bis 1.800 Mikrometer Abstand waren. Eine direkte Strahlenwirkung war damit ausgeschlossen.

Auch in diesem Experiment zeigten sich nach der Bestrahlung Schäden: „Die Aktinfilamente waren verringert und am Zellrand waren verklumpte Aktinkomplexe zu beobachten“, berichten Yamazaki und seine Kollegen. Ein Vergleich mit einer Kontrollkultur ergab, dass sich die Temperatur der Ansätze nur um 0,5 Grad unterschied – eine zu starke Erhitzung durch die Bestrahlung war demnach nicht der Grund für diese Schäden.

Immerhin: Weiterreichende Schäden an den Zellen konnten die Forscher nicht beobachten. Die Terahertz-Bestrahlung schien zudem keinerlei negativen Effekt auf das Überleben der Zellen zu haben. „Es ist interessant, dass Terahertzstrahlung auf die zellulären Proteine wirken kann, ohne die Zellen zu töten“, sagt Yamazaki.

Weitere Studien ratsam

Nach Ansicht der Wissenschaftler sollten diese neuen Erkenntnisse auch bei künftigen Anwendungen der Terahertz-Technologie berücksichtigt werden. „Es ist wichtig, den Effekt dieser Strahlung auf biologische Gewebe vollständig zu verstehen – sowohl um die Risiken einzuschätzen als auch, um diesen Effekt für mögliche Anwendungen zu nutzen“, erklärt Chiko Otani vom RIKEN-Forschungszentrum.

Weitere Studien zu diesen Effekten seien daher sinnvoll und nötig, betonen die Wissenschaftler. Dennoch: Wer am Flughafen durch den Terahertz-Scanner geht, muss sich wahrscheinlich keine Sorgen machen. Denn dieser Effekt trifft maximal den obersten Millimeter der Haut – und ob er bei dieser Form der Anwendung überhaupt auftritt, ist völlig offen. (Scientific Reports, 2020; doi: 10.1038/s41598-020-65955-5)

Quelle: RIKEN

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