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Medizin

„Spürnase“ enthüllt HIV-Hemmstoffe

EASY-HIT identifiziert Substanzen einfach und zuverlässig

Nachweis von Wirkstoffen gegen HIV mit dem EASY-HIT-System © Stephan Kremb

Münchener Wissenschaftler haben ein Testsystem entwickelt, mit dem sich einfach und zuverlässig neue Substanzen identifizieren lassen, die die Vermehrung von HI-Viren hemmen. Mit dieser Methode können künftig nicht nur große Wirkstoff-Banken, sondern auch Naturstoffe oder pflanzliche Rohextrakte auf ihre antivirale Wirkung hin überprüft werden, berichtet die Fachzeitschrift „Antimicrobial Agents and Chemotherapy“ in ihrer aktuellen Ausgabe.

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Für „EASY-HIT“, das neue Zelltest-Verfahren haben die Wissenschaftler vom Institut für Virologie des Helmholtz Zentrums München um Professor Ruth Brack-Werner menschliche Kulturzellen modifiziert: sie tragen zum einen natürliche Rezeptoren für den Einlass der HI-Viren in die Zellen und besitzen zudem ein stabil integriertes Reportergen, das die Infektion der Zellen durch rote Fluoreszenz anzeigt – der Grad der HIV-Infektion ist über die Intensität des Fluoreszenz-Signals messbar.

Die infizierten Zellkulturen leuchten umso stärker, so die Forscher, je effizienter das Virus in die Zellen eindringt bzw. die Bildung von neuen infektiösen Viruspartikeln anregt.

Abnahme der Fluoreszenz legt Hemmstoffe offen

Untersucht man mit EASY-HIT Substanzen auf ihre antivirale Wirkung, zeigt eine Abnahme der Fluoreszenz-Intensität, dass die Testsubstanz die Vermehrung des Virus hemmt und somit einen potentiellen Anti-HIV-Wirkstoff darstellt.

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Durch eine zweistufige Anordnung des Tests lässt sich nach Angaben der Wissenschaftler sogar feststellen, ob die Substanz in die frühe oder späte Phase der Virus-Vermehrung eingreift. Das Testsystem wurde mit bekannten HIV-Inhibitoren wie Azidothymidin (AZT) und Efavirenz (EFV) mit Erfolg überprüft.

Fünf neue Hemmstoffe entdeckt?

Aus der Wirkstoff-Bank LOPAC1280 und einer Naturstoff-Bank konnten die Wissenschaftler mit Hilfe des neuen Systems zudem fünf Substanzen identifizieren, die als mögliche neue Hemmstoffe gegen das HI-Virus weiter untersucht werden.

„Das vielseitige und robuste EASY-HIT-Testsystem soll uns helfen, neue HIV-Angriffsziele zu entdecken und neuartige Hemmstoffquellen zu erschließen“, fasst Dr. Stephan Kremb, Erstautor der Studie, zusammen. Und Professorin Ruth Brack-Werner ergänzt: „Wir sehen nicht nur in der Grundlagenforschung, sondern auch für die Pharma-Industrie eine breite Verwendung und möchten so die dringend notwendige Identifizierung und Charakterisierung von neuen HIV-Inhibitoren forcieren.“

Bislang keine Heilung möglich

Das HI-Virus wurde in den frühen 1980er-Jahren entdeckt und als Auslöser der Immunschwäche-Krankheit AIDS beschrieben. Bislang ist keine Heilung der Infektion möglich. Die vorhandenen Anti-AIDS-Medikamente haben oft unerwünschte Nebenwirkungen, sind sehr teuer oder werden mit der Zeit unwirksam, weil die Viren Resistenzen gegen sie entwickeln.

Um neue Wirkstoff-Banken, aber auch Naturstoffe auf ihre Anti-HIV-Aktivität testen zu können, sind zuverlässige und einfach handhabbare Testsysteme vonnöten – „EASY-HIT kann hierzu entscheidend beitragen“, so Brack-Werner.

(Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, 30.11.2010 – DLO)

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