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Biologie

Spinnen passen ihre Netze an die Beute an

Unterschiedliche Befestigungssysteme lassen sowohl fliegende als auch laufende Insekten in die Falle gehen

Gewächshausspinne (Parasteatoda tepidariorum; Synonym Achaearanea tepidariorum) © Patrick Edwin Moran / CC BY-SA 3.0

Haubennetzspinnen passen ihre Netze mit einfachen Mitteln an die verfügbare Beute an: Sie variieren das Design des Befestigungssystems, mit dem sie die Fäden an eine Oberfläche heften. Das haben US-Forscher jetzt entdeckt. Auf diese Weise entstehen einerseits extrem stabile Netze, mit denen sich fliegende Insekten fangen lassen und bei denen eher der Faden reißt als dass sich die Befestigung löst. Andererseits ermöglicht das System den Bau locker gebundene Fangleinen, die wie eine Feder hochschnellen, sobald ein auf dem Boden laufendes Beutetier darauf tritt. Das berichtet das Team um Vasav Sahni von der University of Akron im Fachmagazin „Nature Communications“.

Architektur des Befestigungssystem ist entscheidend

Testobjekte der Forscher waren Gewächshausspinnen, eine in Europa weit verbreitete Untergruppe der Haubennetzspinnen. Diese Spinnenart baut typischerweise locker gewebte Netze in Bodennähe, von denen einzelne Fangfäden nach unten reichen. Im Versuch bekamen die Spinnen saubere Glasoberflächen vorgelegt, an denen sie ihre Netze befestigen sollten. Auf diese Weise wollten die Wissenschaftler klären, was genau der Unterschied zwischen den extrem fest haftenden Fäden des eigentlichen Netzes und den leicht ablösbaren Fangleinen ausmacht. Sie konzentrierten sich daher vor allem die Befestigungspunkte der beiden Leinenvarianten.

Beide Fäden werden mit der gleichen Spinnenseide an die Oberfläche angeheftet, zeigte die Auswertung. Es handelt sich dabei um den sogenannten Anheftezement, auch pyriforme Seide genannt, die aus birnenförmigen Drüsen am Hinterleib der Spinne ausgeschieden wird. Chemisch gebe es also keinen Unterschied zwischen den beiden Befestigungssystemen, schlussfolgert das Team. Im Elektronenmikroskop zeigte sich jedoch: Die feinen Fäden der pyriformen Seide sind bei den beiden Haftsystemen unterschiedlich angeordnet. Am Ende der Tragfäden sind sie wie Heftklammern parallel zueinander angeordnet, während sie am Ende der Fangleinen eher sternförmig von einem Mittelpunkt auseinanderdriften. Auch ist jeder Tragfaden mit über 1.500 einzelnen Haftfäden befestigt, die Fangleinen nur mit knapp 200.

Nachbau mit Tesafilm

Welchen Einfluss diese Unterschiede auf die Verankerung der Fäden an der Oberfläche haben, merkten die Wissenschaftler beim Versuch, die Fäden abzulösen: Der Tragfaden riss jedesmal, bevor sich die Heftklammer-Architektur vom Boden löste – und das, obwohl er aus der festesten Spinnenseidenform ist, die man kennt. Die Fangleine dagegen leistete kaum Widerstand und ließ sich leicht ablösen. Die Forscher schätzen, dass zum Ablösen der Tragfäden mindestens sechsmal, möglicherweise sogar zehnmal so viel Kraft nötig ist wie bei den Fangleinen.

Sie konnten den Effekt sogar mit einfachen Mitteln nachbauen: Um die Tragfaden-Befestigung zu simulieren, klebten sie einen Nylonfaden mit mehreren parallel angeordneten, langen Tesafilmstreifen auf dem Tisch fest. Als Fangleinenmodell diente sternförmig übereinander gelegtes Klebeband, in dessen Mitte der Nylonfaden befestigt war. Versuche man nun, beides vom Tisch zu abzuziehen, lösten sich die parallelen Streifen langsam und widerwillig einer nach dem anderen, erläutert das Team. Exakt dieses Verhalten habe man auch bei der Spinnenseide beobachtet. Bei der sternförmigen Anordnung dagegen lösen sich bei sehr viel weniger Kraftaufwand alle Klebebänder gleichzeitig ab. Die beiden Systeme könnten in Zukunft als Vorbild für die Entwicklung maßgeschneiderter Befestigungssysteme dienen, glauben die Forscher. (doi: 10.1038/ncomms2099)

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(Nature Communications, 04.10.2012 – ILB)

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